Lebkuchen gehören für uns zur Weihnachtszeit. Aber in ihrer Jahrtausende alten Geschichte waren sie auch schon Opfergabe, Dämonenvertreiber oder Klosterspeise. Das erfährt man in einer Sonderausstellung in Cham.
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Opfergabe im alten Ägypten
Die ersten Hinweise auf Honigkuchen, die Urform der heutigen Lebkuchen, fand man in ägyptischen Grabkammern aus der Zeit um 1500 vor Christus. Das erfährt man in der Sonderausstellung "Die süße Geschichte des Lebkuchens", die noch bis 6. Januar im Cordonhaus Cham zu sehen ist. Die flachen Kuchen waren damals Grabbeigaben, außerdem Opfergabe an die Götter. Auch alte Modelle aus dieser Zeit wurden entdeckt. Es gab die Honigkuchen in Dreiecks-, Spiral- und Tierformen, etwa als Kälber, Gänse oder Nilpferde. Verbreitet war der Honigkuchen auch im antiken Griechenland. Aber so intensiv wie heute schmeckten sie nicht.
Der Dichter Aristophanes berichtet von einem Gebäck aus Mehl, Sesam und Honig. Die Römer verschenkten sie dann auch ganz weltlich als Liebesgabe oder verspeisten sie bei öffentlichen Spielen. Die Germanen glaubten an eine dämonenvertreibende Wirkung und aßen "schützende" Honigkuchen deshalb zu Beginn der dämonenträchtigen Rauhnächte, also in der Zeit um die heutigen Weihnachtstage. Honig galt seit der Antike als lebensspendend.
Mönche verfeinerten Lebkuchen mit Gewürzen
Erst die mittelalterlichen Mönche machten aus dem einfachen süßen Fladen ein intensiveres Geschmackserlebnis. Sie verfeinerten den Honigkuchen mit Pfeffer. Wobei Pfeffer hier der Oberbegriff für Gewürze ist. Gewürzt wurde er durchaus pikant, denn die Mönche aßen ihn auch zum Bier. Zimt, Anis, Ingwer, Kardamom, Koriander, Muskatblüte, Nelken, Fenchel und Piment gelten heute als typische Lebkuchengewürze, ebenso Orangeat und Zitronat.
Lebzelter und Lebküchner
Ab dem 14. Jahrhundert können in vielen Orten Lebzelter nachgewiesen werden, also die speziellen Bäcker, die die Lebkuchen herstellen durften. Auch das Backen in Modeln mit Bildmotiven wurde wieder üblich. Zum Beruf des Lebzelters oder Lebküchners gehörte es, die oft aufwendig gestalteten hölzernen Formen zu schnitzen. Für die gemodelten Lebzelten brauchte es allerdings einen relativ zähen Teig, weil sich sonst das in den Teig gedrückte Modelmotiv nach dem Backen nicht gehalten hätte. Deshalb schmeckten diese Lebkuchen nicht so gut, wurden schnell hart und lieber als Dekoration aufbewahrt als gegessen.
Leb-Zelten – woher kommt das Wort?
Der Wortteil "Leb" ist wahrscheinlich auf das altdeutsche "lebbe" zurückzuführen, das "süß" bedeutete. Im Mittelhochdeutschen wird das Gebäck als "lebekuoche" oder "lebezelte" bezeichnet. Zelte oder Zelten waren flache Kuchen oder Fladen.
Besonderer Lebkuchen in Cham: der "Chamer Kampl"
In Cham stellten die Lebzelter den "Kampl" her. Das wird schon in einer Stadtgeschichte aus dem Jahr 1862 erwähnt. Der Kampl ist ein halbrunder Lebkuchen aus einfachem Honigteig, der unten fünf Zacken hat. Das Motiv war mindestens seit dem 13. Jahrhundert Teil des Chamer Stadtwappens. Wappen zu backen, war früher in vielen Städten üblich. Die Chamer Lebzelter hatten sich offenbar früh auf den Kampl als markantes Wappenteil beschränkt. Es gab sie in allen möglichen Größen, wie die historischen Kampl-Backformen in der Ausstellung im Cordonhaus zeigen.
Traditionell wurde der Kampl aus Honigteig zum Neujahrstag und in der Fastenzeit gebacken. Einige Bäckereien in Cham stellen ihn heute wieder her, verziert mit weißem Zuckerguss und mit Schriften wie zum Beispiel "Viel Glück". So wird er zu Neujahr verschenkt.
Im Video: Geschmacksache - Bunte Lebkuchen
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