Bei einer mutmaßlichen Geiselnahme in Oberbayern ist ein Angreifer nach Angaben der Polizei von den Beamten erschossen worden. Der 35-Jährige habe die Polizisten bei dem Einsatz in Grassau im Landkreis Traunstein am Montagabend unvermittelt mit einem Messer angegriffen, erklärte das Polizeipräsidium Oberbayern Süd. Daraufhin habe die Polizei geschossen und den Mann getroffen, der an seinen Verletzungen gestorben sei.
Mann wählte Notruf – Mutter als Geisel
Zu dem Einsatz war es den Angaben nach gekommen, nachdem ein Mann den Notruf gewählt und mitgeteilt hatte, seine Mutter als Geisel genommen zu haben. Nachdem die Polizei den Telefonanschluss des Anrufers ermittelt habe, seien mehrere Streifenwagen dorthin geschickt worden und die Beamten hätten das Haus umstellt.
Der Zugriff erfolgte ohne Spezialeinsatzkommando (SEK), wie Jürgen Köhnlein, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft Bayern, dem BR bestätigte. Als die Streifenbeamten an der Tür klingelten, öffnete der mutmaßliche Geiselnehmer demnach sofort und griff die Einsatzkräfte mit einem Messer an. Deshalb sei es zum Schusswaffengebrauch gekommen.
Köhnlein bewertet den Schusswaffeneinsatz in Grassau als unausweichlich: "Ein Taser hätte hier nichts geholfen, denn hier gab es keine Alternativen." Der Angreifer sei von Polizeischüssen im Oberkörper getroffen worden und trotz erster Hilfe noch vor Ort gestorben, hieß es weiter.
Motiv unklar, Mann war der Polizei bekannt
Die Hintergründe der Tat und die Motivation des Mannes gelte es nun zu untersuchen, sagte ein Polizeisprecher am Morgen nach den Geschehnissen. Der 35-Jährige sei bereits wegen Gewaltdelikte bei der Polizei bekannt gewesen.
Die Mutter des Opfers und die eingesetzten Polizeibeamten blieben unverletzt. Alle Beteiligten wurden von einem Kriseninterventionsteam und Polizeipsychologen betreut. Die Rechtmäßigkeit des Schusswaffengebrauchs wird im Nachgang – wie in solchen Fällen üblich – von Staatsanwaltschaft und Landeskriminalamt untersucht.
Tödliche Polizeischüsse selten in Deutschland
Tödliche Polizeischüsse sind in Deutschland vergleichsweise selten. Im Durchschnitt kommt es etwa ein- bis zweimal im Monat zu solchen Einsätzen mit Todesfolge. In Bayern waren in diesem Jahr bis Anfang November laut dem Innenministerium vier Menschen nach Schüssen der Polizei und Bundespolizei gestorben. In vier weiteren Fällen waren Menschen durch Polizeikugeln verletzt worden.
Nicht mitgezählt ist dabei ein Einsatz der Bundespolizei im Juni 2024, bei dem in Lauf an der Pegnitz ein 34-jähriger, mutmaßlicher Messerangreifer erschossen wurde. 2023 gab es nur ein Todesopfer durch polizeilichen Schusswaffengebrauch.
Auch wenn es nur selten zu derart gefährlichen Einsätzen komme, sei die Polizei darauf vorbereitet, sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Bayern, Köhnlein, dem BR. "Der Polizeiberuf lebt vom Einsatztraining." Mindestens drei solcher Übungen müssten die Polizisten pro Jahr absolvieren. Kommen die Beamten dann in lebensbedrohliche Situationen, so wie in Grassau, müssten sie auf Erlerntes zurückgreifen können: "Da müssen Mechanismen starten, die in Fleisch und Blut übergegangen sind."
Mit Informationen von AFP und dpa
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