Im Wald bei Alzenau im Landkreis Aschaffenburg ist einiges los: Dort im Nordwesten Bayerns ist der Waldmaikäfer aus dem Boden gekrabbelt, er fliegt umher und knabbert an den Blättern der Bäume.
Gute Bedingungen für Waldmaikäfer am Untermain
Seit 20 Jahren tritt der Waldmaikäfer am Bayerischen Untermain und in angrenzenden Gebieten in Hessen wieder in Erscheinung. "Unsere Nachbarn im Forstamt Hanau haben den ersten deutlichen Flug der Maikäfer 2004 festgestellt. Wir haben dann 2007 im Boden auch die vielen Engerlinge gehabt", erzählt Bernd Handlbichler. Der Diplomforstwirt ist zuständig für den Alzenauer Stadtwald mit einer Fläche von insgesamt etwa 2.700 Hektar. Auch hier ist Waldumbau ein großes Thema: Weg von der Kiefer und hin zu Laub-Bäumen wie Eiche und Buche.
Schäden an Bäumen durch Käfer und Engerling
Erschwert wird dieser Umbau hauptsächlich durch zwei Faktoren: Den Klimawandel und den Waldmaikäfer. "Der Maikäfer ist ein Ausdruck dafür, dass sich das Klima gewandelt hat und wieder gute Bedingungen für ein Insekt entstanden sind, das Jahrzehnte in Vergessenheit geraten war", sagt Handlbichler.
Wenn der Waldmaikäfer geschlüpft ist, frisst er hauptsächlich Laub. Mit Fraßschäden können gesunde Bäume aber in der Regel umgehen. Der weitaus größere Schaden entsteht durch die Larve des Käfers. Der Engerling frisst nämlich die Baumwurzeln an. Wenn Bernd Handlbichler auf Aufforstungs-Flächen um Alzenau scheinbar vertrocknete Bäumchen aus der Erde zieht, sieht er regelmäßig: Die Feinwurzeln sind abgefressen. Ein enormes Problem. "Feinwurzeln sind das Medium, mit dem der Baum den Kontakt zur Außenwelt hat, Wasser und Nährstoffe aufnimmt und wenn der weg ist, dann stirbt auch das Bäumchen ab", sagt Handlbichler.
"Weltuntergangs-Stimmung" nach Sturm bei Alzenau
Aufforstung ist im Alzenauer Stadtwald aber dringend nötig: 2019 hat ein Sturm hier eine Waldfläche von über 200 Hektar zerstört – innerhalb von einer Viertelstunde. "Es war ein bisschen Weltuntergangs-Stimmung", beschreibt Bernd Handlbichler. Nach umfangreichen Aufräumarbeiten wurden wenige Monate später erste Flächen neu bepflanzt, mit Eichen. Doch zahlreiche Pflänzchen fielen entweder der Trockenheit oder dem Maikäfer-Engerling zum Opfer.
Baumart und Pflanzzeitpunkt entscheidend
Aktiv bekämpft wird der Waldmaikäfer nicht, sagt Lukas Nitzl. Er ist forstlicher Abteilungsleiter beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt. Stattdessen heißt es: Anpassung bei der Baumwahl und beim Pflanzzeitpunkt. Robinie oder Walnuss schmecken dem Waldmaikäfer beispielsweise nicht. Auch mit der Flatterulme haben Lukas Nitzl und Bernd Handlbichler bislang gute Erfahrungen gemacht. "Uns hat vor allem überrascht, dass sie mit der Trockenheit so gut zurechtkommt", sagt Nitzl. Außerdem pflanzen die Forstleute neue Bäume verstärkt dann, wenn der Käfer verpuppt ist und im Boden überwintert – also am wenigsten Fraßschäden verursacht.
Maikäfer-Monitoring soll helfen
Die Daten dazu liefert ein Maikäfer-Monitoring, an dem das AELF und die Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft beteiligt sind. Alle vier Jahre, wenn die Larven am größten sind, graben Fachleute nach einem festen Raster Teile des Waldbodens um und zählen dort die Engerlinge. Das Monitoring aus dem vergangenen Jahr hat gezeigt: Der Käfer breitet sich aus, flächenmäßig und zahlenmäßig.
Sandiger Boden begünstigt Waldmaikäfer-Entwicklung
Dass der Maikäfer am Untermain vermehrt vorkommt, liegt auch an der Beschaffenheit der Böden. Von Alzenau bis Großostheim auf bayerischer Seite – aber auch über die Landesgrenze nach Hessen – ist der Boden sandig und locker. Gute Bedingungen für den Engerling, der sich so leichter durch den Boden wühlen kann, sagt Lukas Nitzl. In Richtung Spessart tut sich der Maikäfer wieder schwerer. Hier ist der Tonanteil höher und die Böden dadurch fester.
Waldbild wird sich ändern
Bernd Handlbichler und Lukas Nitzl blicken dennoch zuversichtlich in die Zukunft. "Es ist nicht so, dass Hopfen und Malz verloren ist", sagt Lukas Nitzl. Das Waldbild werde sich ändern, auch aufgrund des Klimawandels. Mit Blick auf den Maikäfer zeigt das Monitoring aber auch: Die Befalls-Schwerpunkte wechseln. Das gibt Kulturen die Chance, sich zwischenzeitlich zu erholen.
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