Sind Stoffwindeln wirklich nachhaltiger als Einwegwindeln? BR24-User diskutieren.
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Weniger Müll, mehr Energie: Wie nachhaltig sind Stoffwindeln?

Weniger Müll, mehr Energie: Wie nachhaltig sind Stoffwindeln?

Ein Baby braucht mehr als 5.000 Windeln, bis es trocken ist – mit Einwegwindeln entsteht so knapp eine Tonne Müll. Stoffwindeln sind wiederverwendbar, brauchen aber Energie und Wasser zur Reinigung. BR24-User fragen sich nun, was nachhaltiger ist.

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Finanzielle Unterstützung beim Windelwechseln: Mehrere Städte und Kommunen in Bayern zahlen einen Zuschuss, wenn sich Eltern beim Wickeln für wiederverwendbare Stoffwindeln entscheiden. Diese verursachen weniger Restmüll – und das ist nicht nur im Interesse der Kommunen, die ihn entsorgen müssen, was am Beispiel der Stadt München 21.000 Tonnen pro Jahr ausmacht. 200 Tonnen davon ließen sich einsparen, so die Berechnungen der Stadt, wenn rund 500 Babys mit Stoffwindeln gewickelt werden.

Diese Windeln müssen wiederum gewaschen und getrocknet werden. BR24-User diskutieren nun, ob das wirklich besser für die Umwelt ist: "Wir entwickeln uns 50 Jahre zurück. Stoffwindeln, mehr Wasser, Waschmittel, Abwasser. Sehr ökologisch", kommentierte beispielsweise ein User auf Facebook.

Tausende Windelwechsel und ihr Umwelteinfluss

Rund 5.000 Mal wird ein Baby gewickelt, bis es trocken ist – und braucht jedes Mal eine frische Windel. Die lassen sich grob in zwei Systeme unterteilen: Einwegwindeln, die im Restmüll landen, oder wiederverwendbare Stoffwindeln, die gewaschen und getrocknet werden müssen. Dafür gibt es vielerorts Service-Angebote, wie ein BR24-User aus Neuburg auf Facebook berichtet: "Da bekam man jede Woche sein Stoffwindelpaket und die gebrauchten Windeln wurden mitgenommen und gewaschen. Eine tolle Sache und gut fürs Gewissen und die Umwelt."

Tatsächlich benötigen Stoffwindeln in ihrer Nutzung mehr Wasser. Für einen sinnvollen Vergleich muss allerdings das gesamte "Leben" einer Windel betrachtet werden – und das reicht weit über den Babypopo hinaus, nämlich von der Herstellung bis zur Entsorgung. Einwegwindeln enthalten hoch entwickelte Kunststoffe, Kleber und Vliesstoffe. Stoffwindeln bestehen zumeist aus Baumwolle.

Stoffwindeln: Worauf es bei der Energiebilanz ankommt

Untersucht und verglichen haben das mehrere Studien aus Großbritannien, Australien und Brasilien, die eine Meta-Studie der Vereinten Nationen von 2021 (externer Link) zusammenfasst. Das Ergebnis: Stoffwindeln verbrauchten weniger Ressourcen und richteten weniger Schaden in der Umwelt an, vorausgesetzt, sie werden richtig gewaschen. Während an dieser Studie kritisiert wird, dass die Daten zu alt sind und nur für bestimmte Länder erfasst wurden, kommt eine niederländische Untersuchung von 2023 (externer Link) zu einem ähnlichen Ergebnis: Ob Stoffwindeln wirklich nachhaltiger sind als Einwegwindeln, hänge im Wesentlichen davon ab, wie sie gewaschen werden.

  • Wird die Waschmaschine voll beladen, werden die Windeln mit anderer Wäsche gewaschen?
  • Wird ein Trockner verwendet?
  • Welche Energieeffizienz-Klasse haben die Geräte?
  • Werden sie mit erneuerbaren Energien betrieben?
  • Für wie viele Kinder werden die Stoffwindeln verwendet?

Also: Während bei Stoffwindeln das Waschen die Energiebilanz negativ beeinflusst, sind es bei Einwegwindeln vor allem Herstellung und Entsorgung, die die Umwelt belasten.

"Jede Familie ist individuell"

Die Wahl der Windel muss jede Familie für sich selbst treffen, weiß Anna Peppel vom Stoffwindelverein Deutschland: "Jede Familie ist so individuell, dass da ganz unterschiedliche Entscheidungen dahinterstecken."

Eine Studie oder ein Berechnungsmodell, mit dem sich genau sagen ließe, wann Stoffwindeln die nachhaltigere Alternative sind, das gibt es nicht – doch dafür setzt sich Peppel mit ihrem Verein seit Jahren ein. Und für mehr Aufklärung, denn: "Die Stoffwindel hat immer den Beigeschmack, dass es so kompliziert ist, weil es so viele verschiedene gibt." Wickeln könne damit aber genauso einfach sein, wie mit Einwegprodukten, ist sie überzeugt.

Ausgewechselt: Was nach dem Wickeln bleibt

Trotz ähnlicher Energiebilanz gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen Einweg- und Stoffwindel: Wenn sie nach tausenden Windelwechseln und mehreren Kindern ausgedient haben, sind Stoffwindeln – richtig entsorgt – nahezu vollständig abbaubar. Landet eine Einwegwindel auf einer Mülldeponie, braucht sie im Gegensatz dazu rund 500 Jahre, um sich in Mikroplastik zu zersetzen. Selbst fachgerecht verbrannt bleiben laut Studien Anteile der Einwegwindel als Schlacke zurück – die als Sondermüll eingelagert werden müssen.

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