Im Wirtshaus Maximilian im Münchner Glockenbachviertel läuft das Geschäft. Wirt Fabian Stingl eilt zwischen der Küche und den Gästen hin und her. Die Gaststube ist voll. Nur: Es fehlt an Personal. Mindestens zwei Köche, zwei Küchenhilfen und einen Spüler bräuchte Stingl zusätzlich, damit er so viele Speisen verkaufen kann, wie er es sich wünscht.
An zwei Tagen in der Woche bleibt das Wirtshaus deshalb geschlossen. "Wir versuchen alles, dass wir es hinkriegen, wieder mehr aufzumachen", sagt Fabian Stingl. Schon seit Monaten ist der Wirt auf Personalsuche. Dabei bietet er sogar eine Mitarbeiterwohnung und bis zu 1.000 Euro Prämie für jeden, der ihm neue Mitarbeitende vermittelt.
Dehoga fordert Anreize zur Mehrarbeit
Doch der Job ist hart. "In der Küche muss man buckeln, es ist immer heiß. Meistens ist das Wochenende auch nicht frei", erklärt Stingl. Keine andere Branche hat im Pandemiejahr 2020 mehr Mitarbeitende durch Berufswechsel verloren als die Gastronomie. Und noch immer fehlen rund 40.000 Beschäftigte in Bayern, schätzt Thomas Geppert. Er ist Landesgeschäftsführer des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga und auch in der CSU aktiv. Schuld sei auch der demografische Wandel.
"Eine Mensch-zu-Mensch-Dienstleistungsbranche braucht eben viel Personal", sagt Geppert. Man müsse wieder mehr Arbeitskräfte aktivieren und Anreize zur Mehrarbeit setzen. "Warum nicht Rentner länger arbeiten lassen, warum nicht Überstunden attraktiv gestalten, mit weniger Besteuerung?" Auch die Ausbildungszahlen könnten sich sehen lassen. "Wir haben mehr als 10.000 Auszubildende in Bayern. Das ist mehr als vor der Pandemie. Die Jobs sind also nach wie vor attraktiv", ist der Dehoga-Chef überzeugt.
Gewerkschaft NGG: Schlechte Bezahlung in der Branche
Das sieht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) grundlegend anders. Schlechte Bezahlung und unattraktive Arbeitszeiten seien üblich in der Branche. Der letzte Tarifstreit mit dem Dehoga sei äußerst zäh verlaufen, sagt der bayerische Landesvorsitzende der NGG, Mustafa Öz.
Mit dem neuen Tarifvertrag, nach dem die Tariflöhne im August 2024 um 4,9 Prozent gestiegen sind, ist er nicht zufrieden. "Die Kolleginnen und Kollegen in Gaststätten und Hotels arbeiten, wenn wir freihaben. Wir haben versucht, Feiertags- und Wochenend-Zuschläge durchzusetzen. Der Dehoga hat das verhindert", sagt Mustafa Öz.
Nur jeder vierte Gastronomiebetrieb tariflich gebunden
Rund 2.500 Euro brutto verdienen Gastro-Mitarbeiter laut Gewerkschaft im Schnitt. Dabei ist, wie Mustafa Öz erklärt, nur jeder vierte Betrieb überhaupt tarifgebunden. Dass es da an Nachwuchs mangele, wundert den Gewerkschaftler nicht. Die Azubi-Zahlen des Dehoga sieht er kritisch. "Das sind Luftschlösser. Die Abbrecherquote steigt. Zwischen 42 und fast 50 Prozent der Auszubildenden sind enttäuscht im ersten Ausbildungsjahr und verlassen die Branche wieder", erklärt Öz.
Auch von der Forderung der Dehoga nach mehr Arbeit für die Beschäftigten und einer Lockerung der Arbeitszeiten, hält er nichts. "Das ist totaler Nonsense. Im Tarifvertrag haben wir das bereits. Dort steht drin: Ein Zehn-Stunden-Arbeitstag ist möglich."
Fabian Stingl vom Wirtshaus Maximilian in München zahlt seinen Mitarbeitenden nach eigenen Angaben mehr als der Tarifvertrag vorsieht. Trotz aller Schwierigkeiten hofft er, dass die Anreize wirken und bald jemand für seine Küche kommt. "Wenn man als Wirt nicht optimistisch ist, sollte man es bleiben lassen", ist er überzeugt.
Im Video: Der Kampf um Köche und Kellner
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