- "Wir stehen ohne Schutz da – quasi nackt im Regen", sagt der Wertinger Bürgermeister Willy Lehmeier. Dass sich das so bald wie möglich ändern soll, darin sind sich er und die Wertinger einig. Doch die Umsetzung dauert lange. Das wurde bei einer Infoveranstaltung gestern Abend deutlich. Für die Bürger keine guten Nachrichten. "Es wird noch schlaflose Nächte geben", ist sich eine Bürgerin sicher und betont: Wie viele hätte sie Angst, sobald es regne.
"Einfach loslegen" darf auch das Wasserwirtschaftsamt nicht
- Vor kurzem hatten Wertinger die Bürgerinitiative "Hochwasserschutz jetzt" gegründet und bei der Veranstaltung gestern über 1.000 Unterschriften an Bürgermeister und Mitarbeiter vom Wasserwirtschaftsamt übergeben. So schnell wie möglich sollten die bereits seit 2017 in einer Machbarkeitsstudie zusammengefassten Maßnahmen umgesetzt werden, fordern sie. Doch ganz so schnell wie die Bürger es sich erhoffen, geht es nicht. Mitarbeiter vom Donauwörther Wasserwirtschaftsamt stellten am Abend den Zeitplan vor.
- Ab Ende des Jahres gebe es wieder Personal, das sich um die Wertinger Belange kümmern könne, heißt es vom Wasserwirtschaftsamt. Der Vorteil ist, dass man bereits weiß, welche Maßnahmen sinnvoll wären. Etwa, eine Sohleintiefung des Zusamkanals, und zwar über 800 Meter. Dann hätte mehr Wasser Platz im Kanal. Ein Vorteil ist, dass der Grund und Boden hier bereits dem Staat gehören. Denn, oft sorgten auch Verhandlungen mit Grundstücksbesitzern für Zeitverzug.
- Doch einfach die Bagger anrollen lassen darf auch das Wasserwirtschaftsamt nicht: "Wir können natürlich nicht ohne Baugenehmigung anfangen", betont Johannes Meyer vom Wasserwirtschaftsamt, der für die Planung und den Bau der Maßnahmen zuständig ist. Vor dem Bau, wie bei größeren Bauvorhaben üblich, müssten alle Belange abgefragt werden, wie etwa vom Naturschutz. Anschließend muss ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden, an dessen Ende der Bau dann genehmigt werden soll. Im Frühjahr 2026, hofft Meyer, könnte diese erste Maßnahme umgesetzt sein.
Hochwasserschutz dauert - zu lange, meinen Betroffene
- Viel zu viel Bürokratie sagen die Bürger und stöhnen. Viel zu lang dauere das alles. Denn sie haben Angst - bei jedem Regen - dass das Wasser wiederkommt. Das Hochwasser im Juni war vom Ausmaß her ein Hochwasserextrem, also um ein Vielfaches schlimmer, als ein so genanntes "HQ100" (ein Hochwasser, das statistisch alle 100 Jahre kommen soll). Dennoch fürchten sie, es könnte wieder eine Katastrophe geben, bevor die Schutzmaßnahmen umgesetzt sind. Schutzmaßnahmen, die heuer zwar nicht alle Schäden verhindern, wohl aber hätten abschwächen können. Bürgermeister Willy Lehmeier verspricht, Hochwasserschutz habe für ihn allererste Priorität. Regelmäßig sollen die Betroffenen über den Stand der Planungen informiert werden.
Kosten für Schutz wären geringer als für die entstandenen Schäden
- Dann kommt die Frage nach den Kosten. Von "um die fünf bis sechs Millionen" gehen die Mitarbeiter vom Wasserwirtschaftsamt aus. Als Johannes Meyer diese Zahl nennt, geht ein Raunen durch den Saal. Die Schäden, die beim Hochwasser im Juni in der Kleinstadt entstanden sind, liegen bei 30-40 Millionen Euro. Und so sagt auch Bürgermeister Willy Lehmeier auf die Frage, wer die fünf Millionen zahlen soll: "Ich möchte nicht überheblich klingen, aber es ist eigentlich wurst". Die Finanzierung sollte nicht die Herausforderung sein. Wohl aber die schnelle Umsetzung. Er werde dafür sorgen, dass das Thema nicht wieder von der Agenda verschwinde. Statt mit Bürokratie wolle er sich lieber mit der Lösung der Probleme beschäftigen, sagt er. Was auf jeden Fall wichtig sein wird, ist die Zusammenarbeit mit den umliegenden Gemeinden an der Zusam, etwa, um Retentionsflächen zu finden, die für alle wirksamen Schutz bieten können.
Infotag: Heizung, Elektrik, Gebäudeschutz im Hochwassergebiet
- Am Samstag findet in Wertingen außerdem ein Infotag für die Bürger statt. Von 10 bis 13 Uhr können sie sich in der Stadthalle darüber informieren, wie sie ihr Haus vor Wasser schützen können, welche Heizung im Überschwemmungsgebiet sinnvoll ist oder wo man am besten Verteilerkästen anbringt. Ein weiteres Thema, das die Menschen beschäftigt, sind die Versicherungen. Erste hätten Betroffenen bereits gekündigt, berichten Bürger. Bürgermeister Willy Lehmeier fordert, der Abschluss einer Elementarversicherung müsse, ähnlich wie bei einer Haftpflichtversicherung fürs Auto, für alle Bürger möglich sein. Dafür hatte sich auch schon Landrat Markus Müller stark gemacht.
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