Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser - Altenmünster krempelt die Ärmel hoch und versucht, vor Ort zu tun, was finanziell möglich und rechtlich umsetzbar ist, um die Gemeinde zu schützen. Die Kommune wurde vom Junihochwasser schwer getroffen. Damals kam so viel Wasser die Zusam herunter, wie seit Jahrzehnten nicht. Ganze Straßenzüge standen unter Wasser, ein Seniorenheim musste evakuiert werden. Niemand habe sich vorstellen können, "wie dramatisch und schnell sich das zuspitzen kann", meint Bürgermeister Florian Mair (parteilos) im Rückblick.
Schnellen Hochwasserschutz umsetzen – geht das?
Mair will so etwas nie mehr erleben - aber auch nicht länger auf große Rückhaltebecken im Oberlauf warten, die vielleicht erst in vielen Jahren gebaut werden. Die 10.000-Einwohner zählende Gemeinde hat daher geprüft, was sie diese mit ihren rechtlichen und finanziellen Mitteln schnell umsetzen könnte. Und hat dann direkt vor dem Rathaus mit einer Maßnahme angefangen.
Zisternen im Boden, entsiegelte Parkplätze
So wurde der Platz vor dem Rathaus, wo der Wochenmarkt stattfindet, entsiegelt. Statt Asphalt liegt dort jetzt ein Pflaster mit breiten Fugen, durch die das Wasser gut versickern kann. Damit läuft bei Regen weniger Wasser auf einen Schlag in die Kanalisation.
Die Gemeinde hat am Ortsrand zudem mehrere grasbewachsene Flutmulden angelegt. Und sie will jedes Jahr einen Bachlauf aufweiten und renaturieren, um Retentionsraum für den Hochwasserfall zu schaffen. Im Neubaugebiet muss außerdem jeder Bauherr eine Zisterne im Garten einbauen, als Wasserpuffer, damit der Regen nicht so schnell Bäche und Flüsse anschwellen lässt.
Viele kleine Hochwasser-Maßnahmen statt Staudamm
Was dort an Wasser aufgehalten wird, nutzt auch den Gemeinden flussabwärts bis nach Wertingen. Wenn alle Flussanlieger entlang der Zusam mit anpacken würden, wäre viel zu erreichen, meint Bürgermeister Mair: "Viele sagen, was soll das bewirken." Aber wenn man 50 bis 100 kleine Maßnahmen habe, schaffe man es, die gleiche Wirkung zu erzielen, wie ein riesiges Dammbauwerk, das irgendwohin gebaut werde, so Mair. Auch Kleinvieh mache Mist.
Man könne auch in Gewerbegebieten begrünte Dächer oder entsiegelte Parkplätze einfordern, macht Mair klar, jeder Ort habe diesen Gestaltungsspielraum. "Denn auch ein Gewerbegebiet hat im Regelfall einen Bebauungsplan. Hier kann die Gemeinde ganz klare Vorgaben machen, wie sie sich zur Entsorgung des Niederschlagswassers verhalten möchte".
Lob vom Klimaexperten: Maßnahmen vor Ort nutzen allen
Auch will sich die Gemeinde mit Orten entlang der Zusam vernetzen, um gemeinsam mit ihnen zur Schwammregion zu werden. Der Augsburger Klimaforscher Harald Kunstmann begrüßt solche Initiativen ausdrücklich. Im Gespräch mit dem BR sagte Kunstmann, "die Kommunen haben den Klimaschutz verstanden", hier gebe es "hochspannende Initiativen".
Klimaschutz sei "keine Ideologie, sondern Vernunft. Es ist zu unserem eigenen Schutz". Das habe man auf kommunaler Ebene weit mehr verinnerlicht als auf Landes- oder Bundesebene, so der Augsburger Forscher.
Wird Klimaschutz Pflicht, wird es für Kommunen günstiger
Noch ist Klimaschutz auf kommunaler Ebene freiwillig und keine Pflichtaufgabe. Das heißt, es gibt auch keine Förderung vom Staat dafür. Immerhin habe sich der Städtetag dafür ausgesprochen, dass Klimaschutz verpflichtend werden solle, so Kunstmann, weil die Kommunen dann für Klimaschutzmaßnahmen ganz andere Finanzierungsmöglichkeiten bekommen würden.
In Altenmünster hat Bürgermeister Mair nun die ersten Umlandgemeinden für das Projekt Schwammregion mit ins Boot geholt. Für wasserrückhaltende Maßnahmen würden es dann auch endlich Fördermittel geben.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!