Markus Söder will einen eigenen "Bayernplan" zum Bürokratieabbau umsetzen
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Markus Söder will einen eigenen "Bayernplan" zum Bürokratieabbau umsetzen

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"Wir ersticken an Bürokratie": Söder stellt neuen Bayernplan vor

Die letzte Kabinettssitzung vor der Landtagswahl nutzt Ministerpräsident Söder für einen Vorstoß zum Bürokratieabbau. Er stellt einen "Bayernplan" vor, um Verfahren zu entschlacken. Die Opposition findet, dafür hätte die Regierung genug Zeit gehabt.

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In der Pressekonferenz nach der letzten Sitzung vor der Landtagswahl macht Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wieder einmal deutlich: Für ihn ist klar, dass er mit seiner CSU und den Freien Wählern weiterregieren wird. Der nun vorgestellte "Bayernplan" zum Bürokratieabbau solle "Teil unserer neuen Koalitionsphilosophie und -fortsetzung" sein, erklärt der Ministerpräsident. Denn: "Wir ersticken an Bürokratie", so der bayerische Regierungschef.

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Tausende Normen, die "lähmen"

Als Beispiele nennt Söder den Wohnungsbau, bei dem 3.500 Normen zu erfüllen seien. Um ein Windrad zu errichten, brauche es 150 Genehmigungen. Und "selbst in Italien oder Griechenland" gehe es schneller, eine Firma zu gründen. Die Bürokratie "lähmt unser ganzes Land", konstatiert Söder. Eine Erkenntnis, die nicht neu ist.

Schon vor zehn Jahren hatte Söders Vorgänger Horst Seehofer den Bürokratieabbau gefordert und eine Paragrafenbremse eingeführt. Die, bilanziert Söder, habe auch gegriffen: Um 13 Prozent sei die Zahl der so genannten Stamm-Normen in der zu Ende gehenden Legislaturperiode zurückgegangen: von 899 auf 761. Doch das reiche nicht.

Für ein neues Gesetz sollen zwei andere wegfallen

Sein neues Ziel: Weitere zehn Prozent der Verwaltungsvorschriften sollen kommendes Jahr wegfallen. Erreichen will Söder das mit einer Verschärfung der Paragrafenbremse. Für ein neues Gesetz "müssen zwei alte weg". Bisher galt eine Art Eins-zu-Eins-Regel, sprich: Für ein neues musste ein altes Gesetz weichen.

Außerdem sollen Gesetze künftig erst einmal nur fünf Jahre gelten, sozusagen "auf Bewährung". "Sollten sie überflüssig sein, werden sie dann auslaufen", so Söder. Bayern müsse schlanker und digitaler werden. Für die kommenden zwei Jahre werde es zudem in Bayern ein Gebühren-Moratorium geben, der Staat solle nichts mehr mit Verwaltungsauflagen verdienen.

Weniger Auflagen für Vereine

Auch das Ehrenamt soll von der Bürokratie entlastet werden, denn "die Wahrheit ist", dass sich das Ehrenamt sonst verabschiede: "Wir wollen Vorfahrt für Ehrenamt und Vereine", sagt Söder. Das bedeutet zum Beispiel: Wer schon zweimal eine Veranstaltung ordnungsgemäß durchgeführt hat, wird beim dritten Mal weitgehend von behördlichen Pflichten befreit. Feuerwehr- oder Burschenvereinsfeste brauchen dann nicht wieder ein Sicherheitskonzept. Feste mit weniger als 100 Teilnehmern müssen künftig nicht mehr "angezeigt" werden. Und: auch beim Lärmschutz wolle Bayern großzügiger werden. "Vertrauen statt Misstrauen", lautet Söders Devise.

Mit einem Modernisierungsgesetz sollen künftig auch inhaltliche Beschränkungen abgebaut werden, die Initiativen verhindern. Welche das dann im Einzelfall sind, will Söder in einem "Dialogprozess" ausloten. Grundsätzlich sei das im Baurecht, in der Landesplanung und beim Denkmalschutz notwendig. "Entrümpeln. Raus mit Vorschriften, die die Initiative behindern", fordert Söder.

Bürokratieabbau: ein bayerischer Dauerbrenner

Initiativen zum Bürokratieabbau gibt es in Bayern seit Jahrzehnten. Vor zehn Jahren hatte der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) in einer Regierungserklärung angekündigt: "Neue Gesetze und Verwaltungsvorschriften soll es in dieser Legislaturperiode grundsätzlich nicht geben. Sollten sie zum Beispiel aus Sicherheitsgründen erforderlich sein, müssen dafür alte Vorschriften aufgehoben werden".

Seit 2017 leistet sich Bayern mit dem CSU-Abgeordneten Walter Nussel und seinem Mitarbeiterstab einen eigenen Beauftragten für den Bürokratieabbau. Kosten: 700.000 Euro pro Jahr. Mancher Oppositionspolitiker lästerte da schon, dass dafür bislang zu wenig herausgekommen sei.

Und im seit Herbst 2018 bestehenden Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern ist zu lesen, dass staatliche Regelungen und Vollzugshilfen "vor ihrem Inkrafttreten gemeinsam mit ausgewählten Unternehmen oder anderen Adressaten einem besonderen Praxis-Check" unterzogen und erprobt werden sollen.

Söder will ans Klagerecht für Verbände

Mehr Einsatz für den Bürokratieabbau fordert Söder nach der Kabinettssitzung auch vom Bund. Ein Kernanliegen des CSU-Chefs: Die Abschaffung des Verbandsklagerechts. Das heißt, dass Nichtregierungsorganisationen, wie beispielsweise die zuletzt klagefreudige Deutsche Umwelthilfe (DUH), nicht mehr im Namen der Allgemeinheit oder von Verbrauchern vor Gericht gehen könnten.

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte seinerseits für den Bund erst vor wenigen Tagen die Länder dazu aufgefordert, zu den Berliner Vorschlägen zum Bürokratieabbau Stellung zu nehmen.

Opposition: "Brillantfeuerwerk" für Stimmenfang

Als "populistische Scheinforderung" wertet Ludwig Hartmann, Grünen-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, den Vorstoß Söders, das Verbandsklagerecht abzuschaffen. Und auf den "Bayernplan" bezogen, unterstellt er dem Ministerpräsidenten ein "Brillantfeuerwerk auf der Jagd nach Stimmen". Und Hartmann weiter: "Wenn er Bayern wirklich von Bürokratie hätte befreien wollen, dann hätte er das in den vergangenen fünf Jahren angepackt - nicht erst drei Wochen vor einer Wahl". Ganz ähnlich äußern sich auch andere Vertreter der Landtagsopposition.

Wolfgang Heubisch von der FDP etwa spricht von "Wahlkampfgetöse". Und verteidigt die Berliner Ampel. Die habe schließlich bereits mit dem "Bürokratieentlastungsgesetz" für einen "Befreiungsschlag für die Wirtschaft" gesorgt: "Damit entlasten wir Unternehmen von rund 2,3 Milliarden Euro Bürokratieaufwand", sagt der FDP-Landtagsabgeordnete und frühere bayerische Wissenschaftsminister.

Im Ziel sind sich die Parteien also einig: Paragrafen-Entrümpeln ist angesagt.

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