Eine Frau im Rollstuhl und ein Mann im Rentenalter auf dem Fahrradsitz lächeln in die Kamera. Der Rollstuhl ist auf einer Plattform zwischen den beiden Vorderrädern der Rolli-Rikscha befestigt.
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Michaela und Manfred bei ihrer Fahrt mit der Rollstuhl-Rikscha durch Pfaffenhofen an der Ilm.

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Wind im Haar: Diese Rollstuhl-Rikscha sorgt für Fahrrad-Gefühle

Wind im Haar: Diese Rollstuhl-Rikscha sorgt für Fahrrad-Gefühle

Fahrrad-Feeling für Menschen im Rollstuhl: Wind in den Haaren und Geschwindigkeiten jenseits vom Spazierengehen – das wollte ein Hilfsdienst in Pfaffenhofen ermöglichen und hat deshalb eine Rollstuhl-Rikscha angeschafft.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Seit kurzem ist sie da: Die Rollstuhl-Rikscha der Offenen Hilfen von Regens Wagner in Pfaffenhofen an der Ilm. Bisher hätten Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, keine Möglichkeit gehabt, das Fahrrad-Fahrgefühl zu erleben, meint die Leiterin der Offenen Hilfen, Anna Helmke: "Natürlich können sie nicht mittreten bei der Rollstuhl-Rikscha, aber sie erleben das Gefühl von Wind in den Haaren und von Fahrgeschwindigkeit außerhalb von Spaziergängen.“

Rollstuhl auf Plattform gesichert

Test-Fahrerin Michaela genießt den Fahrtwind und die Geschwindigkeit sichtlich: "Lustig fahren, lustig fahren", ruft sie aus ihrem Rollstuhl. Der ist mit Sicherheitsgurten auf einer Plattform zwischen den Vorderreifen der Rikscha befestigt. Die Plattform ist gesichert und die Bremsen des Rollstuhls sind angezogen. Außerdem trägt Michaela einen Beckengurt, der an den früheren Auto-Mittelsitz-Gurt erinnert.

Manfred Helmer strampelt hinter ihr - wie bei einem herkömmlichen Fahrrad, mit elektrischer Unterstützung. Im Wechsel zwischen gemeinsamem Jauchzern und gemütlichem Ratsch fahren sie zusammen durchs hügelige Pfaffenhofen.

  • Zum Artikel: Barrierefreiheit in Bayern - Ein Versuch im Allgäu
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Michaela und Manfred bei ihrer Fahrt mit der Rollstuhl-Rikscha durch Pfaffenhofen an der Ilm.

Ehrenamtliche fahren: "Ein Riesengeschenk"

Alle Rikscha-Fahrerinnen und -fahrer sind Ehrenamtliche. Aktuell besteht das Team aus fünf Leuten, ist aber im Aufbau - Freiwillige sind willkommen. Rentner Manfred Helmer hat einen Aufruf in der Zeitung gelesen: "Ich habe 40 Jahre lang als Ingenieur gearbeitet und komme jetzt in eine ganz neue Welt. Es ist ein Riesengeschenk für mich, das zu erleben. Da passiert was in meinem Herzen und ich bin so dankbar dafür." Auch Stefan Keller, der das Projekt als Ehrenamtlicher mit aufgezogen hat, kommt nicht aus dem Schwärmen raus:

"Die Begeisterung im Straßenverkehr: Man wird vorgelassen, Autofahrer und Fußgänger winken einem zu. Man fährt hier und zaubert auch den Zuschauern ein Lächeln ins Gesicht." Stefan Keller, ehrenamtlicher Rikscha-Fahrer

Rikscha-Projekt komplett durch Spenden finanziert

Rund 11.000 Euro hat die Rollstuhl-Rikscha gekostet - individuell angepasst an die Wünsche der Offenen Hilfen. Das Geld haben sie durch Spendenaktionen gesammelt. "Wir hatten sehr viel Glück, weil wir großen Zuspruch von der Wirtschaft in Pfaffenhofen hatten, die sehr großzügig waren. Aber auch Privatleute haben uns einfach großzügigste Spenden gegeben, womit wir gar nicht so gerechnet hatten", erzählt der Ehrenamtliche Stefan Keller.

Geschwindigkeit wird an Mitfahrende angepasst

Die Rollstuhl-Rikscha zählt als Radl und darf auf Fahrradwegen fahren. Maximal 25 km/h Geschwindigkeit sind zugelassen, die wird aber immer an die Mitfahrenden angepasst: Rikscha-Fahrer Stefan Keller unterscheidet zwischen älteren Leuten, die mit maximal 8 km/h fahren wollen und Mitfahrenden wie Michaela, die es gerne auch mal etwas schneller lieben.

Wenn jemand zum ersten Mal mitfährt, wird vorher alles ausprobiert. Bisher hätten sie schon viele verschiedene Rollstühle befestigen können, meint Offene-Hilfen-Leiterin Anna Helmke. Einiges müssen sie aber auch noch testen, immerhin ist die Rikscha erst seit zwei Wochen vor Ort: ob beispielsweise auch elektrische Rollstühle auf die Rikscha können, oder ob diese zu schwer sind.

Normale Rikscha seit Mai für alle Pfaffenhofener im Einsatz

Die Rollstuhl-Rikscha ist schon die zweite Rikscha der Offenen Hilfen. Seit Mai haben sie bereits eine "normale" Fahrradrikscha - die alle nur liebevoll "Erika" nennen. Mit der fahren die Ehrenamtlichen nicht nur Menschen mit Behinderung aus den Regens Wagner-Eichrichtungen durch Pfaffenhofen, sondern sind auch für Altenheime, den Seniorenbeirat und die Alzheimergesellschaft im Einsatz. Leiterin Anna Helmke meint, ihr sei es wichtig gewesen, dass die Rikschas nicht nur Träger-intern zur Verfügung stehen, sondern für alle Menschen mit Mobilitätseinschränkungen in Pfaffenhofen.

Flotten-Erweiterung geplant: Parallel-Tandem als nächstes

Um allen Arten der Mobilitätseinschränkung gerecht zu werden, wollen die Offenen Hilfen ihre Rikscha-Flotte weiter ausbauen. Dazu hatten sie zum Testen für einige Tage ein Parallel-Tandem in der Förderstätte: Ein Fahrrad mit drei Rädern und zwei Sitzen nebeneinander. Eine Person kann lenken, die andere mittreten - zusätzlich zur elektrischen Unterstützung. So können auch Menschen radeln, die sonst nicht am Verkehrsgeschehen teilnehmen können - beispielsweise weil sie blind sind.

Bis spätestens nächstes Frühjahr würde Anna Helmke das Parallel-Tandem gerne kaufen. Vorher müssen sie aber erst noch mehr Spenden sammeln - und möglichst noch eine zentralere Unterstellmöglichkeit in Pfaffenhofen finden.

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