Agrarlogistiker Thomas Dettendorfer schätzt die Mehrkosten durch die erhöhte LkW-Maut auf bis zu 22.000 Euro im Monat für seinen Betrieb.
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Agrarlogistiker Thomas Dettendorfer schätzt die Mehrkosten durch die erhöhte Lkw-Maut auf bis zu 22.000 Euro im Monat für seinen Betrieb.

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Wirtschaftliche Lage im Mittelstand bleibt angespannt

Wirtschaftliche Lage im Mittelstand bleibt angespannt

Nicht nur große Unternehmen wie VW wollen Arbeitsplätze abbauen, auch kleine Betriebe sind in Bedrängnis. Im Februar hatte die Münchner Runde Mittelständler zu Gast, die über ihre wirtschaftlichen Nöte berichtet haben. Wie geht es ihnen heute?

Über dieses Thema berichtet: Münchner Runde am .

Seit 30 Jahren betreibt Elisabeth Würz ihren Friseursalon in Neumarkt in der Oberpfalz. Als sie im Februar in der Münchner Runde zu Gast war, berichtete sie davon, dass ihr Konto nach Rückzahlung der Corona-Prämien leer ist. Wenn Elisabeth Würz krank ist, arbeitet sie trotzdem, um ihren Laden am Laufen zu halten. Nun, fast zehn Monate später, sei die finanzielle Unsicherheit immer noch spürbar, erzählt sie.

"Das macht sich natürlich nicht nur bei uns bemerkbar, sondern auch bei den Verbrauchern. Wie oft geht man zum Friseur? Zieht man es noch ein bisschen raus?" Das sei eine große Belastung für ihren Salon. Ihre wirtschaftliche Lage beschreibt Elisabeth Würz als "mittelprächtig".

Über die wirtschaftliche Lage und die Angst um Arbeitsplätze diskutiert die Münchner Runde auch heute Abend ab 20.15 Uhr im BR-Fernsehen oder digital auf BR24. Zu Gast sind unter anderem der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und die Wirtschaftswissenschaftlerin Veronika Grimm.

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Friseurmeisterin Elisabeth Würz aus Neumarkt in der Oberpfalz wünscht sich eine Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent.

Friseurmeisterin fordert Senkung der Mehrwertsteuer

Ihre Preise hat Elisabeth Würz zu Jahresbeginn um rund drei Prozent erhöht. Ob sie das zum nächsten Jahreswechsel noch mal macht, weiß sie noch nicht. Die Kosten steigen weiter: Durch die Einführung der E-Rechnung zum 1. Januar muss sie ihr Kassensystem umstellen und eine Datenschutz-Software einführen.

Von der Politik wünscht sich Elisabeth Würz steuerliche Entlastung, zum Beispiel eine Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent. In der Gastronomie sei das ja zeitweise auch möglich gewesen, meint sie: "Man könnte ja mal auf uns eingehen, weil das auch für die Kunden von Vorteil wäre und wir könnten dadurch die Wirtschaft ankurbeln. Es kommen dann wieder mehr Kunden."

Steigende Lohnkosten und sinkende Umsätze belasten Mittelstand

So wie Elisabeth Würz geht es vielen kleinen und mittelständischen Unternehmern in Bayern. 71 Prozent aller Arbeitnehmer arbeiten im Freistaat in mittelständischen Betrieben. Das heißt: In Unternehmen mit bis 250 Beschäftigten und bis 50 Millionen Euro Jahresumsatz.

Der Umsatz von kleinen und mittelständischen Unternehmen ging zwischen September 2024 und September 2023 um fünf Prozent zurück. Das zeigt eine Datenauswertung des Softwaredienstleisters Datev. Gleichzeitig sind Löhne und Gehälter gestiegen. Zusammen mit zunehmenden Abgaben bringt das den Mittelstand in Bedrängnis, klagen viele Unternehmer.

Agrarlogistiker fährt Investitionen zurück – wegen gestiegener Lkw-Maut

So zum Beispiel auch den Agrarlogistiker Thomas Dettendorfer aus Nußdorf am Inn. Sein Unternehmen mit 40 Angestellten vertreibt Mischfutter, Silagen und Wildfutter – und das per Lkw. Anfang dieses Jahres wurde die Lkw-Maut für die Gruppe Euro 6 um bis zu 86 Prozent erhöht. Das belastet Thomas Dettendorfer sehr. "Das wird halt immer schwieriger, das Ganze zu betreiben, weil der Kostenfaktor so hoch ist", klagt der Unternehmer.

Zwischen 20.000 und 22.000 Euro würde ihn die Maut-Erhöhung pro Monat zusätzlich kosten, sagt Thomas Dettendorfer. Das kompensiert er, indem er notwendige Investitionen in seinem Unternehmen hintenanstellt: "Wir haben heuer keine Lkw mehr gekauft. Sonst hätten wir sicher sechs oder sieben Stück erneuert. Da fährt man halt einfach mal mit zwei weniger", sagt Thomas Dettendorfer.

Zum Video: Münchner Runde - Wirtschaftliche Lage im Mittelstand

v.l.n.r. Moderator Christian Nitsche, Ulrike Scharf (CSU) Landwirtin Julia Giehrl.
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In der Münchner Runde am 7.2.24 diskutierten Politiker mit Mittelständlern - zum Beispiel mit Landwirtin Julia Giehrl (rechts).

Landwirtin gibt Familienbetrieb auf – wegen fehlender Planungssicherheit

Auch Landwirtin Julia Giehrl war im Februar in der Münchner Runde zu Gast. In der Zwischenzeit hat sie entschieden, den Rindermastbetrieb in der Gemeinde Hirschau im Landkreis Amberg-Sulzbach aufzugeben. Seit mehr als 100 Jahren ist der Hof im Besitz der Familie von Julia Giehrl. Ihr fehlt die Planungssicherheit seitens der Politik. Notwendige Investitionen wie eine neue Gülleanlage oder ein neues Schlachthaus für den Hofladen waren der jungen Landwirtin zu riskant.

Julia Giehrl hat Sorge, dass heutige Investitionen in ein paar Jahren schon wieder veraltet sind. "Ich kenne viele Schweinelandwirte, die massive Probleme haben. Die haben nicht einmal die alten Umbauten abbezahlt und müssen jetzt schon wieder investieren, weil’s von den Gesetzen her nicht mehr passt. Das war mir einfach zu heikel."

Vor wenigen Tagen ist ihr Rindermastbetrieb vollständig abgebrannt. Dutzende Rinder sind dabei gestorben, der Schaden wird auf eine halbe Million Euro geschätzt. Die Brandursache ist noch unklar. Julia Giehrl will weiterhin in der Landwirtschaft arbeiten, allerdings als Angestellte.

Was alle drei Mittelständler verbindet, die im Februar in der Münchner Runde zu Gast waren: Besser ist ihre wirtschaftliche Lage seitdem nicht geworden.

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