Angetrieben von Co-Parteichefin Alice Weidel will die AfD ihre Strukturen umbauen: Die Jugendorganisation der Partei, "Junge Alternative" (JA), soll weichen. 2023 wurde die JA vom Bundesverfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft.
Auch dem AfD-Bundesvorstand ist die JA zu radikal, extreme Äußerungen aus den Reihen der Nachwuchsorganisation können dem Partei-Image schaden – mitten im Wahlkampf. Bisher kann die AfD-Führung um Alice Weidel dagegen wenig tun. Formal gesehen ist die "Junge Alternative" ein Verein und weitgehend unabhängig organisiert. Ihre Mitglieder gehören nicht automatisch der AfD an und sind dem Zugriff durch die Parteiführung damit weitgehend entzogen.
Der Plan: Nachwuchsorganisation künftig Teil der Partei
Aktuell sind viele der rund 2.400 JA-Mitglieder nicht in der AfD. Das soll sich ändern: Mit der Auflösung der JA soll der Weg für eine neue Jugendorganisation der AfD geebnet werden. Die muss erst noch gegründet werden. So hat es der Bundesvorstand beschlossen. So will es Parteichefin Weidel, die im Wahlkampf auch Wählergruppen ansprechen möchte, die durch das Image der "Jungen Alternative" verschreckt werden können.
Allerdings brauchen Weidel und der Rest des Bundesvorstandes für ihr Vorgehen auf dem AfD-Parteitag im Januar im sächsischen Riesa eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Um die Rückendeckung für den Antrag möglichst breit zu machen, sollen ihn die AfD-Landesvorsitzenden und die Spitze der "Jungen Alternative" unterstützen. Der Kern der Änderung: Anders als bisher sollen die Mitglieder der neu zu gründenden Jugendorganisation auch verpflichtend der AfD angehören.
Bayerns AfD: Skepsis, aber keine Ablehnung
Der bayerische Landesvorsitzende und AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka kennt die Pläne des Bundesvorstandes noch nicht im Detail, will sie sich nun genau anschauen und auch mit Vertretern der "Jungen Alternative" in Bayern darüber sprechen. Grundsätzlich sei er immer "Fan" einer eigenständigen Jugendorganisation gewesen, sagte Protschka BR24.
Generell kann er sich aber eine Zustimmung aus Bayern zu der angestrebten Strukturänderung vorstellen. Wenn der AfD-Bundesvorstand und der Vorstand der "Jungen Alternative" eine Änderung wollten, werde man sich das anhören und es auch so machen, betonte Protschka. Er sieht in der vom Bundesvorstand angestrebten neuen Struktur für den politischen Nachwuchs den "Versuch, die Partei zu professionalisieren".
Weidel will mehr Durchgriff
Alice Weidel zeigt sich im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio optimistisch und meint: "Der Vorteil dieses Konstruktes ist eben, dass die Mutterpartei – die AfD – über die Schiedsgerichtsordnung Durchgriff auf die Mitglieder der Jugendorganisation hätte. Das ist heute nicht der Fall. Wir haben eine Population von JA-Mitgliedern, die eben nicht AfD-Mitglieder sind und dementsprechend haben wir uns überlegt, dass wir das ändern wollen."
Das bedeutet: Unliebsame Mitglieder der Jugendorganisation könnte der AfD-Vorstand rund um Weidel künftig aus der Partei ausschließen.
JA auflösen: Experten sehen Angst vor Vereinsverbot bei AfD
Ganz anders sieht das Dominik Schumacher: Er ist vom Bundesverband Mobile Beratung, berät zum Umgang mit Rechtsextremismus. Beim jetzt vorgestellten Jahresrückblick unter dem Titel: "Wie die AfD und ihre rechtsextremen Netzwerke die Demokratie angreifen", nennt er einen anderen Grund für das Vorhaben: "Aus unserer Sicht hat die AfD eine berechtigte und unmittelbare Angst vor einem Verbot ihrer Parteijugend – dem möchte sie zuvorkommen. Für uns ist das relativ durchschaubar und uns überrascht das auch nicht." Bereits im Februar habe der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke gesagt, der Rechtsstatus der JA müsse geändert werden, um einem Verbot zuvorzukommen.
Zur Einordnung: Da die Jugendorganisation der AfD bisher als Verein organisiert ist, könnte die Bundesinnenministerin vergleichsweise einfach mit einem Vereinsverbot die JA auflösen. Die rechtlichen Hürden sind hier deutlich niedriger als bei einem Parteiverbot. Das muss von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden. Mitte November hat eine Gruppe von mehr als 100 Bundestagsabgeordneten aus unterschiedlichen Parteien einen Antrag für ein Verbotsverfahren gegen die AfD im Bundestag gestellt. Ob der Antrag Chancen auf eine Parlamentsmehrheit hat, ist offen.
Für Schumacher zeigt der Schritt der AfD jetzt, "dass die Partei insgesamt gerade Angst vor einem Verbot der Partei selbst hat und damit ein bisschen Wind aus den Segeln nehmen möchte". Er halte das aber für eine Nebelkerze, die Auflösung der jetzigen Jugendorganisation ändere nichts daran, dass "die Aktiven von heute (…) auch die Aktiven von morgen sein [werden]". Für Schumacher ist nicht die JA das Rechtsextremismusproblem der AfD – das sei die AfD selbst.
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