Menschen mit Gepäck.
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In den Wintermonaten steigen normalerweise die Zahlen der Geflüchteten, die in Deutschland ankommen, wieder an.

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"Zu viel": Streit um Geflüchteten-Unterkunft in Schrobenhausen

"Zu viel": Streit um Geflüchteten-Unterkunft in Schrobenhausen

Rund 80 Menschen sollen in einem neuen Gebäude in der Stadtmitte von Schrobenhausen untergebracht werden - so der Plan der Regierung von Oberbayern. Vor Ort reagieren Vertreter des Landkreises und der Stadt mit Unverständnis.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Mit einem Brandbrief protestiert der Landrat von Neuburg-Schrobenhausen, Peter von der Grün (parteilos), gegen die Unterbringung weitere Geflüchteter in Schrobenhausen. Konkret geht es dabei um ein neues Gebäude in der Stadtmitte. Das hat die Regierung von Oberbayern für 80 anerkannte Flüchtlinge angemietet. Die Menschen kommen über humanitären Aufnahmeprogramme nach Deutschland, wie etwa afghanische Ortskräfte oder anderen Personen mit einer Aufnahmezusage des Bundes.

Der Landrat kritisiert das Vorgehen der Bezirksregierung scharf: Denn die Anmietung des Gebäudes sei geschehen, ohne die Kommune und das Landratsamt davon im Vorfeld zu informierten, so der Landrat. Vor allem lehnt er die Unterbringung weiterer Flüchtlinge in Schrobenhausen nachdrücklich ab. Die Regierung von Oberbayern weist die Kritik scharf zurück.

Regierung von Oberbayern: Kommune hat kein Vetorecht

Auf Nachfrage des BR teilt die Regierung von Oberbayern mit, dass Regierungspräsident Konrad Schober das Schreiben zur Kenntnis genommen habe. "Wäre er in der Position eines Landrates, so hätte er bei ansonsten vergleichbarer Sachlage gegenüber der zuständigen Regierung ein anderes Vorgehen, eine andere Argumentationslinie und eine andere Tonalität gewählt", so ein Regierungssprecher.

In dem Gebäude in Schrobenhausen sollen Menschen aus humanitären Aufnahmeprogrammen untergebracht werden. Dabei handele es sich um Menschen, die kein Asylverfahren durchlaufen müssen und sofort dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünde. Deren Unterbringung obliege in Bayern ausschließlich den Bezirksregierungen. "Schon deshalb kann es hier kein umfassendes Vetorecht von dritter Seite geben", so der Sprecher der Regierung von Oberbayern.

Landkreis Neuburg-Schrobenhausen an der Aufnahme-Grenze

Wie Peter von der Grün wörtlich erklärt, sei sein Landkreis "jetzt an der Grenze der vorhandenen räumlichen, finanziellen und personellen Kapazitäten angekommen". Der Landrat weist darauf hin, dass sein Landkreis Neuburg-Schrobenhausen aktuell schon die geforderte Quote übererfülle (102,74 Prozent) und damit auf dem 6. Platz im Regierungsbezirk Oberbayern liege.

Der Landkreis will daher künftig keine Geflüchtete aufnehmen. Dem widerspricht die Regierung von Oberbayern: Es handele sich dabei um eine Pflichtaufgabe des Landratsamts. Eine einseitige Abmeldung von einer Pflichtaufgabe sei naturgemäß weder vorgesehen noch möglich. "Quotenerfüllungen seien lediglich eine Momentaufnahme und kein Schlusspunkt. Deshalb seien alle Bezirksregierungen, kreisfreien Städte und Landratsämter auch weiterhin und fortwährend gefordert, neu ankommende Flüchtlinge aufzunehmen". Erfüllungsquoten dienten der Regierung von Oberbayern als Orientierungshilfe, dazu kämen aber weitere Aspekte.

Landrat: "Sozialer Friede in Gefahr"

Schrobenhausens Bürgermeister Harald Reisner (FW) befürchtet, dass mit der neuen Unterkunft "ein sozialer Brennpunkt mitten in der Stadt entstehen" könnte. Wie der Landrat verweist auch der Bürgermeister auf das Juni-Hochwasser Schrobenhausen, das die Stadt sehr getroffen habe. Über 500 Gebäude seien überflutet worden und Schäden in Millionenhöhe entstanden. Viele der betroffenen Personen könnten nach wie vor nicht in ihren eigenen Räumen leben und wüssten nicht, wie die Sanierung der teils massiven baulichen Schäden finanziert werden sollen.

Die "eigenmächtige" Unterbringung der Regierung von 80 anerkannten Flüchtlingen in dieser Situation gefährde den sozialen Frieden sowohl in der Stadt als auch im Landkreis und erschwert die ohnehin kaum noch stemmbare Integration der Flüchtlinge", resümiert der Landrat.

Weitere Zusammenarbeit aufgekündigt

Ab der kommenden Woche werde sein Landkreis "keine weiteren Flüchtlinge mehr seitens der Regierung von Oberbayern aufnehmen. Nach Rücksprache mit dem Bürgermeister der Stadt Schrobenhausen werden wir darüber hinaus jegliche weitere Unterstützung für die geplante Gemeinschaftsunterkunft in Schrobenhausen ablehnen", so der Landrat.

Derzeit gibt es bereits zwei große Containeranlagen für Geflüchtete in Schrobenhausen. Dort sind aktuell über 400 Menschen untergebracht. Die Stadt Schrobenhausen hat etwa 18.000 Einwohner. Wie es nun weitergeht, ist noch offen. Die Bezirksregierung schreibt, ein Austausch mit der Stadt sei immer möglich.

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