Neun Monate nach der Tat erinnert eine Gedenkstätte am Tatort nahe eines Einkaufszentrums in der Ortsmitte von Murnau an die Bluttat.
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Neun Monate nach der Tat erinnert eine Gedenkstätte am Tatort nahe eines Einkaufszentrums in der Ortsmitte von Murnau an die Bluttat.

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Zwei Ukrainer in Murnau getötet – Prozess beginnt

Zwei Ukrainer in Murnau getötet – Prozess beginnt

Die Bluttat sorgte im April 2024 für großes Aufsehen. Ein russischer Staatsbürger soll in einem Streit auf zwei Ukrainer in Murnau eingestochen haben, beide starben. Heute beginnt am Landgericht München der Prozess.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Ein schlichtes Holzkreuz, Fotos, die bereits von der Sonne verblasst sind, zeigen zwei lachende Männergesichter. Ein paar frische Rosen und Kerzen stehen davor. Am Boden, auf dem Sitzstein liegt eine ukrainische Flagge. Der Tatort - nur ein paar Meter von einem belebten Einkaufszentrum in der Ortsmitte von Murnau – ist eine einsame Gedenkstätte. Menschen eilen mit Einkaufstaschen vorbei, längst ist seit dem schrecklichen Ereignis wieder Alltag eingekehrt.

Bluttat sorgt für Entsetzen

Am Samstag, den 27. April 2024, soll ein damals 57 Jahre alter Russe nach einem Streit am helllichten Tag auf offener Straße zwei ukrainische Soldaten getötet haben. Der eine, ein 36-jähriger Familienvater, hat keine Chance. Das Messer trifft ihn mehrmals am Hals. Er ist auf der Stelle tot, so die Generalstaatsanwaltschaft. Der andere, ein 23-Jähriger, stirbt nach sieben Messerstichen wenige Tage später in der Unfallklinik Murnau.

Kriegsversehrte Opfer waren in Murnau zur Reha

Beide waren Kriegsversehrte der ukrainischen Armee. Beide wurden am Arm operiert und befanden sich noch zur Rehabilitation in Murnau am Staffelsee. Laut Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft kannten beide den mutmaßlichen Täter schon länger. Sie trafen sich vor dem Einkaufszentrum und tranken an dem Tag viel Alkohol.

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Der eine 36 Jahre alt, der andere 23 Jahre alt. Sie überlebten den Krieg in der Ukraine und starben in Murnau am Staffelsee.

Sehr viel Alkohol im Spiel

Spätere Blutproben ergaben Werte weit über zwei Promille bei dem 23-Jährigen und sogar über drei Promille bei dem 36-Jährigen. Anscheinend kam es dann zum Streit zwischen den zwei Ukrainern und dem Russen. Der 57-Jährige soll nach einem Gerangel ein Outdoor-Messer mit einer 14 Zentimeter langen Klinge aus seiner nahen Wohnung geholt haben und unvermittelt auf die beiden Ukrainer eingestochen haben, so die Ermittler. Der mutmaßliche Täter zog sich dabei selbst Schnittverletzungen zu. Polizeibeamte folgten der Blutspur vom Tatort zu seiner Wohnung und nahmen ihn fest. Auch der Russe stand unter erheblichen Alkoholeinfluss. Sein Promillewert wird zwischen 2,27 Promille und 2,66 Promille zum Tatzeitpunkt errechnet, jedoch hatte der Angeschuldigte keine körperlichen oder psychischen Ausfallerscheinungen, so die Ermittler.

Als "Nationalist" polizeibekannt

Weil ein politisches Tatmotiv nicht ausgeschlossen werden konnte, übernahm die Generalstaatsanwaltschaft München die Ermittlungen. Zuständig hier: die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus. Der Russe lebt schon seit 1991 in Murnau und war bereits durch mehrere kleinere Straftaten der Polizei bekannt. Die Ermittler beschreiben ihn "als Anhänger eines übersteigerten russischen Nationalismus und uneingeschränkten Befürworter des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine", der sich "in seinem Nationalstolz verletzt" sah. Der Russe ist nun wegen des Verdachts auf zweifachen Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen angeklagt. Für den Prozess vor dem Landgericht München II sind sieben Verhandlungstage angesetzt, das Urteil soll Ende Februar fallen.

Murnau im Medienrummel

Der Prozess wird in Murnau mit großer Spannung verfolgt. Tagelang stand der idyllische Ort im Focus. Zahlreiche Medien berichteten. Der damalige ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte sich eingeschalten und über den Tathergang informiert. Auch in der Bundespressekonferenz war die Gewalttat ein Thema. Rolf Beuting, der Bürgermeister von Murnau (ÖDP) erinnert sich an diese Tage. Allen im Ort sei die Tat nahe gegangen. Vereinzelt kamen sogar Anfragen von Urlaubsgästen, ob der Ort überhaupt noch sicher sei. Doch Beuting betonte immer wieder, dass es sich um eine Einzeltat handelte. Die Kriminalstatistik betätigt das bis heute. Murnau war und ist ein friedlicher Ort, so der Bürgermeister. Ein Dreivierteljahr nach der Bluttat sei längst wieder Normalität eingekehrt.

Knapp 190 Ukrainer leben in Murnau

Auch das Zusammenleben mit den ukrainischen Bürgern hätte keinen nachhaltigen Schaden genommen, so der Bürgermeister. Er stehe immer wieder in Kontakt mit Vertretern der ukrainischen Community. Nach Angaben des Landratsamts sind derzeit 189 Ukrainer in Murnau untergebracht. Einige von ihnen kannten die beiden Opfer. Auch für sie ist die Aufarbeitung der Geschehnisse vom April 2024 wichtig, um einen Schlusspunkt zu setzen.

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