Ahmad Hendi ist 2015 aus Syrien geflohen.
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Syrer in Bayern zwischen Euphorie und Sorge

Syrer in Bayern zwischen Euphorie und Sorge

Hupkonzerte und syrische Flaggen: Rund 10.000 Syrerinnen und Syrer haben am Wochenende in Bayern den Sturz des Diktators Assad gefeiert. Die überwiegenden Gefühle sind Freude und Erleichterung. Aber auch Sorge, wie es jetzt weitergeht.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Karam Chehade aus dem Landkreis München, Ahmad Hendi aus Kaufbeuren und Faisal al-Issa aus München haben etwas gemeinsam: Sie alle dürfen sich gemeint fühlen, wenn man nun von Syrern spricht, deren Heimatland vom Assad-Regime befreit ist. Auch haben sich alle drei über diese Nachricht gefreut. Doch an den drei lässt sich auch stellvertretend für die über 90.000 Syrerinnen und Syrer in Bayern erkennen: Die Geschichten und Hintergründe der Menschen aus Syrien sind sehr verschieden. Entsprechend unterschiedlich blicken sie auf die Zukunft ihrer Heimat.

Ahmad Hendi will Pfleger in Kaufbeuren bleiben

Ahmad Hendi ist 2015 aus Syrien geflohen. Die Proteste gegen das Assad-Regime und in der Folge der Bürgerkrieg hatten bereits 2011 begonnen. Schließlich erreichte der Krieg die Straße, in der Ahmad Hendi damals lebte. Eine Bombe Assads habe zahlreiche unschuldige Frauen, Männer und Kinder umgebracht, erzählt er, "einfach so".

Dass der Verantwortliche für dieses Grauen nun gestürzt ist, nach 13 Jahren Bürgerkrieg – Hendi kann es immer noch nicht fassen. Zurückgehen, seinen Job als Pfleger im Bezirkskrankenhaus aufgeben, kann er sich aber nicht vorstellen. Zumal er inzwischen eingebürgert ist und seine Kinder offenbar ein geradezu typisch deutsches Pflichtbewusstsein entwickelt haben. "Als die Rebellen Aleppo erobert haben, habe ich aus Spaß gesagt, wir packen jetzt unsere Sachen, wir gehen zurück nach Aleppo", erzählt er. Sein Sohn habe aber sofort widersprochen: Das geht nicht, am Montag sei schließlich Schule und er habe Hausaufgaben bei Frau Müller.

Als ehrenamtlicher Dolmetscher kenne er aber auch viele syrische Familien in Kaufbeuren, die es ganz anders sehen, berichtet er. Da höre er täglich die Hoffnung, dass es keinen Krieg mehr gebe in Syrien, damit sie endlich zurückkehren können.

Karam Chehade will "sehr viel mehr Zeit in meinem Land"

Diese Möglichkeit nun zu haben, ein eigenständiges Leben in Syrien aufzubauen ist etwas, das Karam Chehade aus dem Landkreis München auch am Tag danach noch überwältigt. Er gehört zu den Syrern, die vor dem Krieg und nicht als Flüchtlinge gekommen sind, denen aber der Weg in die Heimat versperrt war. Diese Jahre des Leidens kommen nun zu einem Ende, ein "mächtiges Gefühl". Er hat Verwandte in Aleppo und entschieden, "dass ich wieder sehr viel mehr Zeit in meinem Land verbringen werde". Denn, und das sei das essenzielle, Syrien habe einen großen Schritt in Richtung Selbstbestimmung gemacht. Das, was nun geschieht, "das sollten wir entscheiden".

Faisal al-Issa hat Angst um die Kurden

Für Faisal al-Issa dagegen kam kurz nach der Freude über Assads Sturz auch Sorge hinzu. Er stammt aus dem Grenzgebiet zur Türkei, das - wie der gesamte Nordosten - von den Kurden kontrolliert wird. Al-Issa ist Vorstand in der kurdischen Gemeinde München und er fragt sich, welche Rolle sowohl der türkische Präsident Erdogan als auch die Islamisten künftig in Syrien spielen werden. Beide sehen die Kurden als Feinde, es gibt seit Jahren regelmäßige Angriffe. Erdogan könnte versuchen, die besetzte Pufferzone auszubauen, das würde dann auch das Dorf seiner Familie betreffen.

Kurden - genau wie andere Minderheiten, etwa Drusen und Aleviten - nun pauschal als "Syrer", deren Heimat befreit wurde, zu bezeichnen, findet er falsch. Für Kurden, sagt al-Issa, ist Syrien nach dem Wochenende nicht unbedingt sicherer geworden. Erst recht nicht, wenn künftig Islamisten regieren sollten.

Im Video: Syrer in Bayern zwischen Euphorie und Sorge

Syrer in Bayern in Sorge: Wie geht es nun weiter?
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