Zur Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz (Oswiecim) hat Polens Präsident Andrzej Duda an den verbrecherischen Vernichtungsplan der Nazis erinnert. "Wie wir alle wissen, wurden die Konzentrationslager und vor allem die Vernichtungslager gebaut, um das jüdische Volk zu vernichten", sagte Duda in der Gedenkstätte Auschwitz, wie polnische Medien berichten. Dies sei der "verbrecherische Plan" von Adolf Hitler und Nazi-Deutschland während des Zweiten Weltkriegs gewesen.
Im Zentrum der Veranstaltung, zu der viele Staatsoberhäupter und Vertreter verschiedener Organisationen gereist sind, stehen traditionell die Überlebenden des ehemaligen deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers. Diesen werden am Nachmittag im Hauptteil des Programms zu Wort kommen. Die Zahl der Überlebenden, die noch an der Gedenkveranstaltung teilnehmen können, nimmt aus Alters- und Gesundheitsgründen von Jahr zu Jahr weiter ab.
Auschwitz-Überlebender beunruhigt über Aufstieg der AfD
Der Auschwitz-Überlebende Pavel Taussig zeigte sich beunruhigt über den Aufstieg rechter Kräfte wie der AfD in Deutschland: "Ich hatte lange nicht damit gerechnet, noch mal so etwas zu erleben und hoffe, dass es dabei nicht bleibt." Es erschrecke ihn, dass heute das Wissen über den Holocaust unter jungen Leuten abnimmt. "Es stimmt mich traurig", sagte Taussig. Nach einer kürzlich veröffentlichten Umfrage der Jewish Claims Conference haben zwölf Prozent der 18- bis 29-Jährigen in Deutschland noch nie etwas von den Begriffen Holocaust oder Schoah gehört.
Der 91-Jährige, der im November 1944 kurz vor seinem elften Geburtstag mit seiner jüdischen Familie aus der Slowakei nach Auschwitz deportiert wurde, begleitet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Gedenkfeier. "Wir dulden kein Vergessen, nicht heute und nicht morgen", erklärte Scholz.
Steinmeier: "Erinnerung kennt keinen Schlussstrich"
"Erinnerung kennt keinen Schlussstrich und Verantwortung deshalb auch nicht", sagte Steinmeier. Steinmeier verwies auf einen Anstieg antisemitischer Straftaten in Deutschland, insbesondere seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Jahr 2023 und dem darauffolgenden Krieg in Gaza. "Nichts zeigt deutlicher, dass Erinnerung kein Ende kennt und deshalb Verantwortung keinen Schlussstrich", sagte er.
Die Rote Armee hatte das NS-Lager in dem von Deutschland besetzten Polen am 27. Januar 1945 befreit. Weltweit wird an diesem Tag der Opfer des Holocaust und der Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten gedacht.
Die Zahl der in Auschwitz und im dazugehörigen Vernichtungslager Birkenau ermordeten Menschen wird auf etwa 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen geschätzt. Die große Mehrheit der dorthin Deportierten waren Jüdinnen und Juden. Opfer waren auch Sinti und Roma, sowie sowjetische Kriegsgefangene und Menschen anderer Nationalitäten. Das Lager nahe der polnischen Kleinstadt Oswiecim in der Nähe von Krakau war das größte Konzentrationslager der Nazis.
Rabbiner: Junge Menschen wissen zu wenig über Holocaust
Die Konferenz der Europäischen Rabbiner fordert unterdessen eine andere Wissensvermittlung über den Holocaust. Sie müsse aktiver und moderner werden und junge Menschen gewinnen, um in Zeiten von Unsicherheit und Desinformation "ein Verständnis dafür zu schaffen, dass sich Geschichte nicht wiederholen darf und jede Form von Antisemitismus und Extremismus die Freiheit von uns allen gefährdet", sagte der Generalsekretär der Konferenz, Gady Gronich, in München.
Er zitiert eine Studie, wonach etwa 40 Prozent der 18 bis 29 Jahre alten Deutschen angeben, nicht gewusst zu haben, dass etwa sechs Millionen Jüdinnen und Juden in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurden. Das sei "in Zeiten, in der Geschichtsvergessenheit und die Relativierung sowie Verfälschung von Geschichte inzwischen zum guten Ton gehört, ein nicht überhörbarer Weckruf", sagte Gronich.
- Zum Artikel: "Ich habe Auschwitz überlebt": Eva Umlauf erzählt
Mit Informationen von KNA und dpa
Zum Video: Wie gefährlich ist das Vergessen?
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