Vertreter aus Politik und Gesellschaft haben an die Befreiung der deutschen Vernichtungs- und Konzentrationslager vor 80 Jahren erinnert und der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.
Am Mittag legten Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die stellvertretenden Ministerpräsidentin und Sozialministerin Ulrike Scharf, der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Karl Freller und Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann am Internationalen Mahnmal in der KZ-Gedenkstätte Kränze nieder - im Beisein der Holocaust-Überlebenden Charlotte Knobloch, Abba Naor, Ernst Grube und Eva Umlauf.
Warnung vor Antisemitismus heute und Kritik an AfD
Am Nachmittag dann der Gedenkakt im Schloss Dachau. Landtagspräsidentin Ilse Aigner warnte in ihrer eindringlichen Rede vor dem Vergessen der NS-Gräuel. "Mir scheint, 80 Jahre beträgt für nicht wenige die maximale Haltbarkeit von Erinnerung", so Aigner. Der Ruf nach einem Ende des Erinnerns werde lauter und unverschämter, die Erinnerungskultur werde verachtet, Geschichte verzerrt. Dabei attackierte sie die Kanzlerkandidatin der AfD, Alice Weidel, namentlich und warf ihr eine gezielte "Umdeutung der Geschichte" vor. Ihre Äußerung, Hitler sei ein Kommunist gewesen, sei eine "Verhöhnung der Opfer", schließlich seien die ersten Inhaftierten in Dachau unter anderem Sozialdemokraten und Kommunisten gewesen.
Weidel versuche, mit ihrer eigenen Erzählung, Distanz zu schaffen, für Verwirrung zu sorgen, sagte Aigner, weil es "für diese Show auch ein Publikum" gebe. Mit Bezug auf die große antisemitische Welle nach dem 7. Oktober 2023 und der Tatsache, dass viele Juden sich deshalb fragten, ob es in Deutschland und Europa noch eine Zukunft geben könne, stellte die Landtagspräsidentin fest: "Wir haben das Versprechen 'Nie wieder!' gebrochen." Man müsse sich jetzt gegen Angreifer von Innen und Außen wehren und gegen Extremismus und ideologisches Denken vorgehen.
Söder betont Wehrhaftigkeit der Demokratie
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder erzählte in seiner Rede, wie beeindruckt er bei seinem Israel-Besuch nach dem Hamas-Anschlag am 7. Oktober gewesen sei von der tiefen Überzeugung und Leidenschaft, mit der sich die Betroffenen dort an den Wiederaufbau gemacht hätten. Mit einem ähnlichen Eifer müsse in Deutschland das Bekenntnis "Nie wieder" belebt werden. Auch er kritisierte die Versuche der AfD, die brutale NS-Vergangenheit Deutschlands herunterzuspielen. Die Befreiung der Konzentrationslager seien das Ende eines langen Wegs in die Gewalt gewesen. Heute seien alle gemeinsam in der Verantwortung, sich zu positionieren, wenn die Demokratie angegriffen werde, so Söder. Er forderte eine "klare Haltung" gegen Hass und Hetze: "Es geht um alles."
Freller: Noch nie so große Sorge um die Demokratie
Der Chef der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, der langjährige CSU-Landtagsabgeordnete Karl Freller, betonte, er habe sich noch nie so große Sorgen um die Demokratie gemacht wie heute. Und er erinnerte daran, dass zwischen der Wahl Hitlers zum Reichskanzler und der Errichtung des Konzentrationslagers in Dachau gerade einmal zwei Monate gelegen hätten. "Passen wir auf", so sein Appell.
Unter den Rednern war auch David Husarek, der Enkel des KZ-Überlebenden Paul Husarek. Dieser hatte unmittelbar nach der Befreiung des KZ Dachau durch die US-Truppen den Zusammenschluss von Überlebenden zu einem internationalen Komitee mitorganisiert. Husarek sei damals in Dachau geblieben, habe dort eine Familie gegründet und sei nicht weggezogen, um sich für eine offene Gesellschaft einzusetzen. Auch das, so sein Enkel heute, sei Auftrag, um die Erinnerung wachzuhalten und dafür einzustehen, dass sich die Gräuel des Nationalsozialismus nie mehr wiederholten.
Frühe Gedenkveranstaltungen nach der Befreiung des KZ Dachau
Das Konzentrationslager in Dachau hatten die Nazis bereits im März 1933 eingerichtet - wenige Wochen nach Hitlers Machtübernahme. Es wurde zwölf Jahre lang betrieben. Rund 200.000 Menschen wurden dort eingesperrt und gequält, 40.000 Menschen dort und in den zahlreichen Außenlagern umgebracht. Während sowjetische Truppen das KZ Auschwitz am 27. Januar erreicht hatten, wurde das KZ Dachau erst am 29. April von amerikanischen Truppen befreit. Schon 1945 gab es im Schloss Dachau Gedenkveranstaltungen zu Ehren der Toten und der Überlebenden des Konzentrationslagers – eine wurde sogar weltweit im Radio übertragen.
Im Video: 80 Jahre nach der Befreiung - Holocaust-Gedenken in Dachau
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