Die deutsche Wirtschaft schwächelt: Die Bundesregierung erwartet für dieses Jahr lediglich ein Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent. Im vergangenen Jahr war Deutschlands Wirtschaft zum zweiten Mal in Folge geschrumpft.
Man müsse jetzt die strukturellen Probleme "anpacken", sagte Bundesarbeitsminister Heil (SPD) am Sonntags-Stammtisch im BR Fernsehen. Es gehe vor allem um die Frage: "Wie kriegen wir jetzt Investitionen hin?"
Der SPD-Politiker sprach sich dafür aus, dass der Staat künftig privatwirtschaftliche Investitionen von Unternehmen in Deutschland verstärkt fördern solle: "Wenn gezielt hier in Modernisierung, in Digitalisierung, in Anlagen, Maschinen investiert wird, wollen wir das deutlich fördern, auch steuerlich."
Scharfe Kritik von Heil an Wirtschaftsplänen der Union
Heil warb für den sogenannten "Made in Germany Bonus", eine zentrale Forderung im SPD-Wahlprogramm: Wenn ein Betrieb in Deutschland in neue Maschinen oder Geräte investiert, sollen zehn Prozent der Anschaffungssumme über einen Steuernachlass erstattet werden. Somit sollen die Unternehmen Anreize erhalten, mehr in Deutschland zu investieren. Als Vorbild nannte Heil den "Inflation Reduction Act", ein Gesetz der Biden-Regierung in den USA. "In solchen Zeiten, in denen die in China und den USA eine aktive Industrie- und Wirtschaftspolitik machen, wären wir ziemlich bescheuert, das in Deutschland nicht zu machen", sagte der Bundesarbeitsminister.
Es gehe der SPD darum, "gezielter" Investitionen in Deutschland anzuregen. Denn: "Wenn Sie Konzernen die Steuern senken, dann wissen Sie nicht, wo in der Welt sie investieren", so Heil. "Wir wollen, dass in Deutschland und Europa investiert wird, weil wir diesen Wettbewerb aufnehmen wollen, weil wir Industrieland bleiben wollen." Die Wirtschaftspläne der Union kritisierte der SPD-Politiker scharf: "Die CDU sagt: Steuersenkungen für sehr wohlhabende Menschen und große Konzerne, um die Wirtschaft anzukurbeln." Dabei sei bekannt, dass die Steuerpläne der Union "massive Löcher“ in kommunale Haushalte reißen würden.
Wirtschaftsweise: Staat muss richtige Rahmenbedingungen setzen
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm war ebenfalls am Sonntags-Stammtisch zu Gast. Sie forderte – anders als Heil – Steuersenkungen für Unternehmen. Statt direkt einzugreifen, solle der Staat primär die richtigen Rahmenbedingungen setzen, um so die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. In der Energiepolitik seien bereits richtige Entscheidungen getroffen worden. Insgesamt seien die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland jedoch "nicht attraktiv", so Grimm. Als Beispiele nannte sie eine zu hohe Steuerlast, den Fachkräftemangel und fehlende Betreuungsangebote für Kinder.
Über den "Made in Germany Bonus" der SPD äußerte sie sich skeptisch: "Wenn man diese Investitionsprämien verspricht, dann verspricht man die erstmal allen." Damit fördere man aber auch Unternehmen, die "gar kein zukunftsweisendes Geschäftsmodell" hätten. Wenn man aber differenzieren wolle, würde das einen "sehr großen bürokratischen Aufwand" bedeuten. Der Bundesarbeitsminister verteidigte die SPD-Pläne. So würden beispielsweise Start-ups, die anfangs keine großen unternehmerischen Gewinne machen, von einer Senkung der Unternehmenssteuer – wie Grimm sie fordert – kaum profitieren.
Im Video: Grimm fordert Steuersenkungen für Unternehmen
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm war ebenfalls am Sonntags-Stammtisch zu Gast.
Bürgergeld: Heil zeigt sich offen für stärkere Sanktionen
Grimm kritisierte auch das Bürgergeld in seiner jetzigen Form: Die Arbeitsanreize würden nicht ausreichen. "Es muss sich lohnen, zu arbeiten", forderte die Wirtschaftsweise. Wenn Menschen im Bürgergeld "ungefähr gleich viel oder ein bisschen weniger" bekommen würden wie Menschen im unteren Einkommensbereich, sei das "ein großes Problem" (Zur Diskussion über des Bürgergeld hat der Faktenfuchs Behauptungen gecheckt). Arbeitsanreize könnten, so die Wirtschaftsweise, unter anderem auch durch Sanktionen verstärkt werden. Heil entgegnete: Auch er wolle, dass sich Arbeit "stärker lohnt“. Er plädierte jedoch für eine Erhöhung des Mindestlohns und Steuersenkungen für untere und mittlere Einkommen.
Bei der Debatte über das Bürgergeld dürfe man, so der Bundesarbeitsminister, "nicht nach unten treten und alle in einen Topf rühren". 20 Prozent der Bürgergeld-Empfänger seien "arbeitende Menschen", oft Frauen in Teilzeit, die zusätzlich auf Grundsicherung angewiesen seien. Diese wolle er nicht "unter den Generalverdacht der Faulheit" stellen. Es gebe bereits Sanktionen, wenn Termine nicht wahrgenommen oder zumutbare Arbeit abgelehnt würden. Heil sprach sich außerdem dafür aus, Sanktionen "bei Schwarzarbeit beispielsweise" zu verstärken.
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