Nachdem am Freitag drei Geiseln versehentlich von israelischen Soldaten getötet wurden, hat das israelische Militär nun weitere Details bekannt gegeben. So hätten die drei Getöteten wohl eine weiße Fahne mit sich getragen.
Das gehe aus ersten Ermittlungsergebnissen hervor, teilte ein Sprecher mit. Eine weiße Flagge gilt nach der Haager Landkriegsordnung als Schutzzeichen und soll etwa die Unverletzlichkeit von Unterhändlern garantieren. Sie ist auch ein Symbol der Kapitulation.
Soldat habe sich von Geiseln bedroht gefühlt
Die drei Männer im Alter zwischen 25 und 28 Jahren seien "einige Dutzend Meter" von einer Stellung der israelischen Streitkräfte in der Stadt Gaza aufgetaucht. Alle drei hätten "keine T-Shirts getragen", einer habe einen Stock mit einem weißen Stück Stoff in der Hand gehalten. Ein Soldat habe sich den Angaben nach bedroht gefühlt und das Feuer eröffnet.
Militärvertreter: Vorgehen war "gegen unsere Einsatzregeln"
Zwei der Männer seien direkt getötet worden. Ein dritter sei zurück in das Haus geflüchtet. Er habe verwundet Schutz in einem Gebäude gesucht und auf Hebräisch um Hilfe gerufen, schilderte der Sprecher den Ablauf weiter.
Ein Kommandeur habe zwar angeordnet, das Feuer zu stoppen, doch als der dritte Mann zurück ins Freie getreten sei, sei erneut geschossen worden. Dabei sei auch dieser getötet worden. "Ich möchte sehr deutlich sagen, dass dieses Vorgehen gegen unsere Einsatzregeln war", sagte der Militärvertreter. Zu dem Zwischenfall ist es demnach im Bereich von Schedschaija gekommen.
Im Video: BR-Korrespondent Tim Assmann
Unklar, ob Geiseln vor Hamas fliehen konnten
Gleichwohl machte der Militärvertreter deutlich, dass es sich bei dem Gebiet um eine aktive Kampfzone handelte. Truppen seien dort bereits in Hinterhalte gelockt worden. Zudem seien Angreifer oft in "Jeans und Sneakers" unterwegs.
Untersucht werde derzeit auch, ob es einen Zusammenhang mit einem Haus in der Nähe gebe, auf dem die Buchstaben "SOS" angebracht waren. Die Truppen im Gazastreifen seien an die Einsatzregeln erinnert worden, um solche tragischen Vorfälle zu vermeiden, hieß es. Die Untersuchung des Vorfalls dauere an. Unklar sei weiter, ob die Männer ihren Entführern entkommen konnten oder bewusst zurückgelassen wurden.
Geiseln wurden bereits identifiziert
Bereits am Freitag hatte die Armee die Geiseln identifiziert. Demnach handelt es sich um Yotam Haim und Alon Shamriz, die aus dem Kibbuz Kfar Aza entführt worden waren. Der dritte Tote ist Samer Talalka, der aus dem nahe gelegenen Kibbuz Nir Am verschleppt wurde.
Israels Regierungschef Netanjahu zeigte sich tief betroffen. Er nannte den Vorfall eine "unerträgliche Tragödie", die den israelischen Staat "in tiefe Trauer" gestürzt habe.
Trauer und Wut in Israel
Während sich die Nachricht von der versehentlichen Tötung der drei Geiseln verbreitete, versammelten sich vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv hunderte Demonstranten, darunter auch Angehörige von Geiseln.
Sie forderten ein rasches neues Abkommen mit der Hamas zur Freilassung der verbliebenen Geiseln. Die Organisatoren werfen der Regierung vor, nicht genug zu tun, um die im Gazastreifen verbliebenen Geiseln freizubekommen.
Immer noch über 100 Geiseln im Gazastreifen
Von den rund 250 Geiseln, die bei dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel Anfang Oktober verschleppt worden waren, befinden sich nach jüngsten israelischen Angaben noch 129 in der Gewalt der palästinensischen Terrororganisation und ihrer Verbündeten im Gazastreifen.
110 Geiseln wurden mittlerweile freigelassen, zudem brachte die israelische Armee die Leichen von elf Verschleppten zurück ins Land. Unter ihnen sind auch die sterblichen Überreste der drei Männer, die am Freitag von den israelischen Soldaten getötet wurden.
Mit Informationen von AFP, dpa und Reuters
Im Video: Proteste in Israel
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