Eine grundlegende Reform der Schuldenbremse, wie von SPD und Grünen gefordert, lehnt Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) weiter ab - eine Teilreform aber nicht. Im kommenden Jahr will er sie angehen.
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Flexibler Mechanismus soll sich an der Konjunktur orientieren
Dabei soll sich die Höhe der möglichen Verschuldung stärker an Konjunkturschwankungen orientieren, sagte Lindner in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND - externe Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt). "Es ist beabsichtigt, die Berechnung an den aktuellen Stand der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung anzupassen, was die Schwankungsbreite verändern wird", erklärte er. "Das vergrößert aber über mehrere Jahre gesehen nicht die mögliche Verschuldung. Denn der größere Spielraum im Abschwung wird im Aufschwung wieder eingesammelt." Die Reform wolle er 2024 angehen.
Könnte die Koalition das überhaupt allein?
Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse steht nach dem Haushaltschaos beim Bund in der Kritik, weil sie nur einen bestimmten Spielraum zur Aufnahme von Krediten gibt. Für eine von SPD und Grünen geforderte größere Reform ist sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit nötig. Die FDP und weite Teile der Union stemmen sich aber dagegen. Für eine Anpassung der Konjunkturkomponente ist laut RND keine Grundgesetzänderung nötig. Es reiche die Mehrheit der Ampel-Koalition, weil dazu lediglich die Ausführungsgesetze der Schuldenbremse novelliert werden müssten.
CDU gegen Lockerungen der Schuldenbremse
Eine klare Absage an eine Reform der Schuldenbremse kommt erneut aus den Reihen der CDU. Zu ihnen zählt auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU), der Berlins Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) wegen seiner anders klingenden Position bereits gerüffelt hatte. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther sieht das wie Merz. "Es wird nichts besser, wenn man Schulden um der Schulden willen macht und Lasten auf nachfolgende Generation verlagert", sagte Günther der Nachrichtenagentur dpa. "Wir dürfen dauerhaft nicht mehr Geld ausgeben als wir einnehmen."
Einige Unionsministerpräsidenten wollen aber auch generelle Änderungen an dem Mechanismus zur Begrenzung der Staatsverschuldung. Sie wollen so mehr Investitionen ermöglichen, die sich erst später auszahlen. So sagte Wegner der dpa, er halte "Investitionen in die Zukunft für absolut notwendig". Es gebe enorme Herausforderungen etwa bei Wohnungsbau, Klimaschutz und Infrastruktur. "Das können weder Berlin noch andere Bundesländer und auch nicht der Bund aus dem Haushalt stemmen."
Lindner zu Agrardiesel-Streichung: Offen für Alternativen
Für großen Unmut bei den Betroffenen sorgt indessen die im Rahmen des Haushaltskompromisses der Ampel-Koalition vereinbarte Streichung der Agrardiesel-Subvention. Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat für Montag eine Demonstration am Brandenburger Tor in Berlin angekündigt. Finanzminister Lindner zeigt sich offen dafür, die geplante Streichung wieder zurückzunehmen und durch andere Kürzungen zu ersetzen. "Um es klar zu sagen: Ich bin kein Freund der Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe." Über das Thema werde deshalb in Regierung und Koalition gesprochen werden müssen. "Ich bin für Alternativen offen", betonte der FDP-Vorsitzende.
Habeck verteidigt umstrittene Entscheidung zum Agrardiesel
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) indessen hat die geplante Streichung von Steuervergünstigungen beim Agrardiesel verteidigt. Zugleich nahm er Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) gegen Kritik in Schutz. "Der Bundeskanzler, der Finanzminister und ich haben die Entscheidung zur Agrardiesel-Beihilfe im Sinne einer Gesamtlösung treffen müssen", sagte Habeck der dpa. "Das war nicht leicht und auch ich weiß um die Härten. Der Landwirtschaftsminister hat davor gewarnt, die Agrardiesel-Beihilfe zu streichen. Cem Özdemir kennt die Lage der Bauern und die Belastung und hat das sehr deutlich gemacht."
Habeck sagte weiter, er habe diese Argumente auch mit den Regierungspartnern diskutiert. "Aber wir müssen in Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts mit weniger Geld auskommen und Ausgaben beschränken. Und wir drei haben diese Entscheidung im Rahmen des Gesamtpakets getroffen."
Mit Informationen von dpa und AFP
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