Archivbild: Geflüchtete kommen in einer Erstaufnahmeeinrichtung an
Bildrechte: picture alliance/dpa | Boris Roessler
Audiobeitrag

Archivbild: Geflüchtete kommen in einer Erstaufnahmeeinrichtung an

Audiobeitrag
>

Asylzahlen sinken um fast ein Drittel

Asylzahlen sinken um fast ein Drittel

In Deutschland beantragen weniger Menschen Asyl. Die Statistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zeigt einen deutlichen Rückgang. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Im vergangenen Jahr haben knapp 251.000 Menschen in Deutschland Asyl beantragt. Fast 230.000 davon stellten den Antrag zum ersten Mal. Das sind gut 30 Prozent weniger als im Jahr davor.

Wie haben sich die Asylzahlen entwickelt?

2024 haben fast 100.000 Menschen weniger einen Asylantrag in Deutschland gestellt als im Jahr 2023. Die aktuellen Zahlen sind aber weiter höher als in vielen Vorjahren. Mehr Asylanträge registrierte das Bundesamt für Migration in den vergangenen 30 Jahren nur in 2015, 2016 und 2023.

Grafik: Pro Jahr gestellte Anträge auf Asyl in Deutschland

Wie viele Menschen beantragen Asyl in Bayern?

In Bayern haben im vergangenen Jahr 35.953 Menschen einen Erstantrag auf Asyl gestellt. 2023 waren es 50.389. Das ist ein Rückgang um etwa 30 Prozent – wie auch im bundesweiten Durchschnitt. Bayern registriert nach Nordrhein-Westfalen die meisten Erstanträge in Deutschland. Das entspricht der Bevölkerungsgröße.

Grafik: So viele Menschen haben in Bayern einen Erstantrag auf Asyl gestellt

Wer beantragt Asyl in Deutschland?

Die meisten der Antragsteller kommen nach wie vor aus Syrien. Asylgesuche von dort machen etwa ein Drittel aller Anträge aus. Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Assad hat das Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Prüfung von Asylanträgen von Syrerinnen und Syrern erst einmal ausgesetzt. Die Behörden wollen jetzt beobachten, wie sich die Lage dort unter der neuen Regierung entwickelt.

Mit deutlichem Abstand folgen in der Statistik Afghanistan und die Türkei. Die Türkei war im vergangenen Jahr noch auf Platz zwei der Herkunftsländer.

Was entscheidet das Bundesamt für Migration?

Insgesamt hat das Bundesamt für Migration im vergangenen Jahr mehr als 300.000 Asylentscheidungen getroffen. Gut 44 Prozent der Menschen erhalten einen Schutzstatus. 2023 lag die Schutzquote bei 51,7 Prozent.

Fast ein Drittel der Anträge (30,5 Prozent) lehnt das Bundesamt ab. Etwa ein Viertel der Anträge (25,1 Prozent) wird an andere EU-Länder weitergeleitet. Die wenigsten Asylbewerber werden als politisch Verfolgte anerkannt (0,7 Prozent).

Die meisten Menschen erhalten den subsidiären Schutz (24,9 Prozent). Das bedeutet, sie werden nicht als Flüchtling oder Asylbewerber anerkannt. Sie können aber in Deutschland bleiben, weil ihnen in ihrer Heimat willkürliche Gewalt, Folter oder die Todesstrafe droht.

Wie funktioniert das europäische Asylsystem?

Die Statistik zeigt, dass das europäische Asylsystem aktuell kaum funktioniert. Im vergangenen Jahr wollten die deutschen Behörden fast 75.000 Asylanträge an andere europäische Länder abgeben – weil die Menschen dort zum ersten Mal die EU betreten haben. Überstellt wurden aber nur 5.800 Personen. Eine Reform des europäischen Asylsystems ist beschlossen. Die EU-Länder müssen sie bis Sommer 2026 umsetzen.

Warum gehen die Asylzahlen zurück?

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht die sinkenden Asylzahlen als Erfolg ihrer Politik. Wörtlich sagt die SPD-Politikerin: "Unser konsequentes Handeln wirkt." Seit September kontrolliert die Bundespolizei in Stichproben an allen deutschen Außengrenzen und weist Menschen zurück, die nicht die nötigen Papiere bei sich haben und die nicht Asyl beantragen.

Außerdem hat die Bundesregierung die Regeln für Abschiebungen verschärft. Im vergangenen Jahr haben Bund und Länder etwa 20 Prozent mehr Abschiebungen durchgesetzt. Das könnte eine abschreckende Wirkung haben. Migrationsforscher halten dagegen die Entwicklung in den Herkunftsländern für entscheidender als die Politik in Deutschland.

Wie könnte es weitergehen?

Das hängt stark von der Entwicklung in den Hauptherkunftsländern ab. Sollte es unter den neuen Machthabern in Syrien dauerhaft ruhiger und für alle Bevölkerungsgruppen sicher werden, könnten deutsche Behörden zu der Einschätzung kommen, dass Menschen von dort keinen subsidiären Schutz mehr in Deutschland bekommen.

Marcus Engler vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung, das vom Bundesfamilienministerium gefördert wird, sagt: "Es werden immer Menschen hierherkommen, die Schutz suchen." Er spricht sich im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio dafür aus, reguläre Migrationskanäle weiter zu öffnen – etwa für Arbeitskräfte. Hier gibt es seiner Meinung nach Fortschritte. "Das muss in der Verwaltung noch besser umgesetzt werden, aber hier sind wir eigentlich auf dem richtigen Weg", so Engler.

Seit Anfang des Jahres ist es zum Beispiel möglich, Visa für Deutschland weltweit digital zu beantragen. Das soll deutlich mehr Tempo in die Verfahren bringen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!