Israelische Angriffe im südlichen Gazastreifen haben dort erneut zu zahlreichen Toten geführt. Angaben der von der Terrororganisation Hamas kontrollierten palästinensischen Gesundheitsbehörde zufolge starben allein in den vergangenen 24 Stunden weitere 133 Palästinenser, 163 wurden demnach verletzt. Ähnliche Angaben macht die israelische Seite, die meldet, dass unter anderem "mehr als 30 Terroristen" in der Stadt Chan Junis getötet wurden. Die Armee habe die Kontrolle des Gebiets mit "gezielten Angriffen auf Terror-Infrastruktur, Scharfschützen-Angriffen und Patrouillen" vertieft.
Auch Krankenhaus immer wieder unter Beschuss
Dort gerät auch immer wieder das Nasser-Krankenhaus unter Beschuss. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen hatte deshalb bereits am Wochenende mitgeteilt, "Medizinische Mitarbeiter haben Angst, sich in und um das Krankenhaus zu bewegen, aus Sorge, sie könnten erschossen werden".
Die Kämpfe konzentrieren sich derzeit vor allem auf den Süden des Gazastreifens. Israel vermutet dort die Führung der islamistischen Hamas in einem unterirdischen Tunnelnetzwerk. Es wird auch davon ausgegangen, dass dort Geiseln festgehalten werden.
Karte: Die militärische Lage im Gazastreifen
Baerbock fordert sichere Fluchtkorridore aus Rafah
International für Protest sorgt derzeit vor allem die geplante israelische Offensive auf die Stadt Rafah. So forderte Außenministerin Annalena Baerbock nach einem Treffen mit dem Außenminister der Palästinensischen Gebiete, Riad Malki, in Berlin, bei der angekündigten Bodenoffensive gegen die islamistische Hamas in Rafah die Zivilbevölkerung bestmöglich zu schützen. Die mehr als eine Million Menschen in Rafah und der dortigen Region "können sich jetzt nicht einfach in Luft auflösen. Sondern es braucht sichere Korridore, damit Menschen sich in Sicherheit bringen können."
Dies werde sie auch bei den Gesprächen während ihres an diesem Mittwoch beginnenden zweitägigen Israelbesuch deutlich machen. Zudem müsse auch mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gebracht werden. Es sei die Verantwortung der israelischen Armee, für die Palästinenser, die in Rafah Schutz gesucht haben, sichere Korridore zu schaffen. Schon am Wochenende hatte Baerbock gesagt: "Eine Offensive der israelischen Armee auf Rafah wäre eine humanitäre Katastrophe mit Ansage." Die Not der 1,3 Millionen Menschen, die dort auf engstem Raum Schutz suchen, sei "schon jetzt unfassbar".
Bei dem Treffen ging es auch um den israelischen Vorschlag, Menschen aus Rafah in Zeltstädte umzusiedeln. Eine Idee die Maliki nicht grundsätzlich ablehnte, dabei aber betonte, dass er das aber nicht konkret auf Rafah beziehe. "Alle sind bereit, in Zelten zu wohnen, neben ihren zerstörten Häusern, bis die Möglichkeiten da sind, diese wieder aufzubauen."
Israel schlägt Zeltstädte für Flüchtlinge aus Rafah vor
Wie die Zeitung "Wall Street Journal" unter Berufung auf ägyptische Beamte berichtete, sieht Israels Vorschlag zur Evakuierung von Rafah die Einrichtung von 15 Lagern mit jeweils rund 25.000 Zelten im südwestlichen Teil des abgeriegelten Küstengebietes vor. Das an Rafah grenzende Ägypten wäre für die Einrichtung der Lager und der Feldlazarette zuständig, heißt es. Rafah ist überfüllt mit Hunderttausenden palästinensischen Binnenflüchtlingen, die dort auf engstem Raum Schutz suchen.
Klar ablehnend zeigten sich dagegen die Vereinten Nationen. Alles, was im südlichen Teil der Region an der Grenze zu Ägypten passiere, müsse unter voller Achtung des Schutzes der Zivilbevölkerung stattfinden, sagte dazu UN-Sprecher Stéphane Dujarric in New York. "Wir werden uns nicht an der Vertreibung von Menschen beteiligen". Zudem stellte er infrage, dass es in anderen Gebieten Gazas sichere Zufluchtsstätten gebe, auch angesichts der vielen Munitions-Blindgänger.
Auch Biden warnt vor Offensive in Rafah
In der Nacht hatte schon US-Präsident Joe Biden Israel vor einer größeren Militäroperation in Rafah im Süden des Gazastreifens gewarnt, solange kein glaubwürdiger Plan zum Schutz der dortigen Zivilbevölkerung vorliege. Viele der aus Nordgaza geflohenen Menschen seien "in Rafah zusammengepfercht, ungeschützt und verletzlich. Sie müssen geschützt werden", sagte er israelischen Medienberichten zufolge nach einem Treffen mit dem jordanischen König Abdullah II. in Washington am Montagabend.
Sicherheit und Unterstützung von mehr als einer Million Menschen, die in Rafah Zuflucht gesucht hätten, müssten vor einer israelischen Militäroperation in der Stadt gewährleistet sein. Erneut sprach sich der US-Präsident dabei "gegen jede Zwangsumsiedlung von Palästinensern aus dem Gazastreifen" aus.
Englische Bischöfe: Krieg auf diese Art "moralisch nicht zu rechtfertigen"
Auch die englischen Bischöfe der Anglikanischen Kirche äußerten sich jetzt sehr klar. "Die Art und Weise, wie dieser Krieg geführt wird, ist moralisch nicht zu rechtfertigen", teilte das House of Bishops der Church of England mit. "Die unerbittliche Bombardierung des Gazastreifens und die damit einhergehenden enormen Verluste an zivilen Leben und ziviler Infrastruktur müssen aufhören."
Das Gremium betonte: "Dieser Krieg kann nicht zur Konsolidierung eines Besatzungssystems führen, das den Palästinensern schon zu lange ihre Rechte und Freiheiten verweigert." Zugleich betonten die Bischöfe aber das Recht Israels auf Selbstverteidigung und forderten die Befreiung der israelischen Geiseln sowie ein Ende der Angriffe der islamistischen Hamas auf Israel. Alle Seiten müssten sich auf eine Zukunft ohne Konflikt vorbereiten.
Mit Informationen von dpa, KNA, Reuters und AP
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