Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster zum Schutzstatus eines Syrers sorgt seit Montag für Aufsehen. Demnach haben in Deutschland lebende Syrer keinen Anspruch auf einen pauschalen Schutzstatus. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nannte das Urteil richtungsweisend.
Herrmann fordert neue Lageeinschätzung für Syrien
Nun sei eine völlig neue Lageeinschätzung für Syrien angesagt, so Herrmann bei "Welt TV". Dabei gehe es nicht nur um die Abschiebung von Straftätern. Es kämen nach wie vor jeden Monat viele Asylbewerber aus Syrien neu nach Deutschland. Es sei aber nicht mehr so, dass in Syrien ein Bürgerkrieg herrsche, wo praktisch jeder täglich um sein Leben bangen müsse. "Das ist nicht mehr die Realität dort, und deshalb gibt es auch keinen Anlass, jedem, der aus Syrien kommt, automatisch Schutz zu gewähren." Die Bundesregierung sei nun gefordert, eine neue Lagebewertung für Syrien vorzunehmen.
Es gehe ausdrücklich nicht darum, alle Syrer abzuschieben, so Herrmann. "Wir müssen Straftäter ausweisen können. Und wir müssen einem weiter anhaltenden Neuzugang von syrischen Flüchtlingen letztendlich da jetzt Grenzen setzen."
Innenminister wollen Straftäter abschieben
Bei der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern im Juni hatte Einigkeit darüber bestanden, dass Straftäter und islamistische "Gefährder" künftig wieder nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden sollten - womöglich über Nachbarländer. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte damals in Potsdam, sie sei dazu bereits mit mehreren Staaten im Gespräch. Für Syrien wäre neben der Klärung der praktischen Fragen allerdings auch eine Neubewertung der Lage in dem arabischen Land notwendig. Sie sei sicher, dass sie dies mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in naher Zukunft werde lösen können. Die Lageberichte des Auswärtigen Amtes zu einzelnen Herkunftsstaaten von Asylbewerbern sind nicht öffentlich.
"Grundsätzlich prüfen das Bundesinnenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fortlaufend die Entscheidungspraxis auf der Grundlage der verfügbaren Quellen", sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage zum Urteil aus Münster.
Kritik von Pro Asyl
Das Gericht hatte in seinem Urteil festgehalten, dass in Syrien für Zivilisten "keine ernsthafte, individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer körperlichen Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" mehr bestehe. Der Kläger in dem Verfahren war vor seiner Einreise nach Deutschland in Österreich zu einer Haftstrafe verurteilt worden, weil er an der Schleusung von Menschen aus der Türkei nach Europa beteiligt gewesen war. Das Oberverwaltungsgericht führte aus, ihm drohe in Syrien keine politische Verfolgung. Von der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei er wegen seiner vor der Einreise begangenen Straftaten ausgeschlossen. Auch die Voraussetzungen für subsidiären Schutz seien nicht gegeben.
Kritik an der Entscheidung kommt von Pro Asyl. Die rechtspolitische Sprecherin, Wiebke Judith, sagte: "Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entscheidet an der Realität in Syrien vorbei." Einschlägige Quellen wie der Lagebericht des Auswärtigen Amtes zeigten, dass es weiterhin "eine beachtliche Konfliktlage" gebe. Hinzu komme, dass praktisch niemand vor dem "Folterregime des Diktators Assad" sicher sei.
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