Die angeklagten syrischen Brüder (vorne 2.v.l und 2.v.r) stehen zu Beginn des Prozesses im Sitzungssaal
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Die angeklagten syrischen Brüder (vorne 2.v.l und 2.v.r) stehen zu Beginn des Prozesses im Sitzungssaal

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Brüder wegen islamistischer Anschlagspläne auf Kirche verurteilt

Bilder von Koranverbrennungen empörten ihn. Aus Rache plante ein Mann aus Syrien einen Anschlag auf eine Kirche in Schweden. Er wurde jetzt in Hamburg zu einer Haftstrafe verurteilt. Sein Bruder, der im Allgäu lebt, erhielt eine Bewährungsstrafe.

Dem Plan fehlte es noch an Details - doch die Idee erschüttert: Mit einem Sprengstoffgürtel wollte ein 29-Jähriger möglichst viele Besucher einer schwedischen Kirche töten. Kurz nach der Explosion sollte noch ein zweiter Sprengsatz detonieren, gezündet vom jüngeren Bruder des Mannes. So wären auch Ersthelfer und Sicherheitskräfte in dem Gotteshaus in höchster Gefahr gewesen.

Haftstrafe für "besonders verwerflichen" Anschlagsplan

Von einem "in besonderer Weise verwerflichen" Anschlagsplan sprach der Vorsitzende Richter Norbert Sakuth vom Oberlandesgericht in Hamburg. Wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat sowie wegen Terrorismusfinanzierung wurde der 29-jährige Syrer, den das Gericht eindeutig als Haupttäter sah, zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Sein 24-jähriger Bruder, der in Bayern wohnt, bekam wegen Beihilfe zur Terrorismusfinanzierung ein Jahr Haft auf Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Hintergrund der Anschlagspläne waren Koranverbrennungen

Der ältere, in Hamburg lebende Mann hatte sich nach Überzeugung des Gerichts spätestens im Frühjahr dieses Jahres zu einem Anschlag in Schweden entschieden. Hintergrund seien die Koran-Verbrennungen in dem skandinavischen Land gewesen. Der Anschlag habe eine Racheaktion sein sollen. Der Mann hatte bereits verschiedene Materialien für die Herstellung eines Sprengstoffgürtels bestellt, etwa Harnstoffdünger und Zitronensäure.

Als mögliche Anschlagsziele habe der Angeklagte zunächst Sicherheitsbehörden oder einen Ort mit Bars oder Diskotheken in der Nähe im Auge gehabt. Über einen Messengerdienst habe er dann Kontakt zu einer Person unterhalten, die sich unter dem Pseudonym "Emir" als Kontaktperson des Islamischen Staats (IS) dargestellt habe. In Chats mit dieser Person sei eine Kirche in Schweden als Ziel in den Fokus gerückt.

Bruder aus Kempten half bei Materialbeschaffung

Bei der Bestellung der Materialien half laut Ausführung des Richters der jüngere Bruder. Dabei ging es insbesondere um den Harnstoffdünger, der nach einer gescheiterten Zustellung erneut bestellt werden musste. Der in Kempten im Allgäu wohnende Mann habe selbst aber keine dschihadistisch-islamistische Weltanschauung, sagte der Richter.

Wegen des Bürgerkriegs in Syrien seien die Brüder 2015 nach Deutschland gekommen, aber nicht gemeinsam, führte das Gericht aus. Im Allgäu habe sich der damals noch minderjährige Bruder schnell integriert, Deutsch gelernt und erfolgreich die Schule abgeschlossen. "Eine vergleichbare Integration gelang dem älteren Bruder nicht." Als er wegen Alkohol- und Drogenkonsums seinen Führerschein und damit auch eine Jobperspektive verlor, habe er sich von seiner Umwelt isoliert und immer intensiver dem Islam zugewandt.

Der 24-Jährige wusste von Anschlagsplänen

Über Chats und Telefonate habe der 29-Jährige seine radikalislamistischen Ideen mit dem Bruder geteilt. Dass der Ältere einen Anschlag plante, habe der 24-Jährige nach Überzeugung des Gerichts gewusst, betonte Sakuth. Das konkrete Ziel für einen Anschlag habe er aber nicht gekannt, und er habe den Anschlagsplänen selbst auch ablehnend gegenüber gestanden, sagte der Richter weiter. Eine Fahrt nach Hamburg habe er immer wieder hinausgezögert, in der Hoffnung, der Bruder werde den Plan selbst verwerfen.

Gericht sieht mildernde Umstände für beide Beteiligte

In Bezug auf den Strafbestand der Terrorismusfinanzierung beziehungsweise Beihilfe dazu sei vom Gericht für den jüngeren Bruder ein gemilderter Strafrahmen angelegt worden, sagte Sakuth. Dies sei durch die "geringwertigen Vermögenswerte" der gekauften Materialien von unter 50 Euro gegeben. Dem 24-Jährigen sei zudem sein Teilgeständnis zugerechnet worden.

Strafmildernd habe die Kammer auch für den älteren Bruder berücksichtigt, dass der 29-Jährige die Pläne gestanden habe und die Vorbereitungen noch nicht weit fortgeschritten gewesen seien. Strafschärfend wirke dagegen neben der Verwerflichkeit des geplanten Anschlags auch die Tatsache, dass er seinen Bruder in das Vorhaben verstrickt habe.

Mit Informationen von dpa

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