Bund und Länder sind weiter uneins darüber, wie sie die Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge in Deutschland aufteilen. Zum Ausgang einer Videokonferenz einer Arbeitsgruppe am Montag gab es aus Teilnehmerkreisen unterschiedliche Bewertungen. Übereinstimmend hieß es aber, es herrsche weiterhin keine Einigkeit bei der Höhe der künftigen Beteiligungen des Bundes.
Damit gibt es noch keine Grundlage für die geplante Beratung zwischen den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und dem Bundeskanzler am 6. November. Aus dem Bundesfinanzministerium hieß es nach den gescheiterten Verhandlungen, der Bund bleibe "gesprächsbereit" und sei sich der "gesamtstaatlichen Dimension" der Flüchtlingsunterbringung bewusst. Allerdings sieht man auch die Länder in der Pflicht, sich weiterhin konstruktiv und sachlich einzubringen.
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Fortschritte in Verfahrensfragen
Angesichts stark steigender Zahlen an ankommenden Migranten und Geflüchteten pochen die 16 Bundesländer seit dem Frühjahr auf mehr Geld vom Bund. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte den Regierungschefs der Länder im Mai eine Überarbeitung der Finanzierung in Aussicht gestellt.
Aus Teilnehmerkreisen verlautete, man habe nun zumindest beim Verfahren der künftigen Flüchtlingsfinanzierung einen Durchbruch erzielt. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatte den Auftrag erhalten, ein langfristiges sogenanntes "atmendes" System zu entwickeln. Dabei soll die Höhe der Zuschüsse für Länder und Kommunen an die Zahl der Asylsuchenden geknüpft werden.
Offenbar weniger Hilfen vom Bund
Streit gibt es allerdings weiter über die Höhe der Bundeshilfen. Am Montag habe die Bundesregierung den Ländern eine deutliche Reduzierung im Jahr 2024 angekündigt, verlautete aus Teilnehmerkreisen. In einer Videoschalte sei den Ländern gesagt worden, dass der Bund ihnen und den Kommunen statt mit 3,75 Milliarden Euro wie 2023 im kommenden Jahr nur noch mit maximal 1,7 Milliarden Euro helfen wolle. Dies sei angesichts der steigenden Zahl von Geflüchteten und der Belastungen in den Kommunen bei den Ländern auf großes Unverständnis gestoßen und als inakzeptabel bewertet worden.
Warnung vor Scheitern des "Deutschlandpakts"
An den Kosten für diejenigen Flüchtlinge, die sich bereits seit längerem in Deutschland befinden, wolle sich der Bund künftig ebenfalls erheblich weniger beteiligen. So solle die Beteiligung des Bundes an den Kosten von Ländern, Städten und Gemeinden für die Integration, Beschulung und Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine entfallen.
In Länderkreisen wurde gewarnt, dass der vom Kanzler angebotene parteiübergreifende "Deutschlandpakt", der auch das Thema Migration umfasst, ohne eine tragfähige Lösung bei den Finanzierungsfragen nicht denkbar sei.
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Wüst forderte klare Zusagen
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte vom Bund baldige Klarheit über die künftige Finanzierung der Flüchtlingskosten gefordert. Scholz habe vor Monaten klare Zusagen an Länder und Kommunen gemacht, ein dauerhaftes, atmendes System der Flüchtlingsfinanzierung auf die Beine zu stellen. "Es gibt bisher immer noch keine absehbare Lösung in den laufenden Gesprächen. Das macht mir große Sorgen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Wegen der aktuellen hitzigen Debatte über irreguläre Migration, der zugespitzten Situation in den Kommunen und den Landtagswahlkämpfen in Hessen und Bayern gilt eine Einigung zwischen Bund und Ländern derzeit als Kraftakt.
Mit Informationen von Reuters und dpa
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