Das Bundesverfassungsgericht hat die Umschichtung von 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) für verfassungswidrig erklärt. Dennoch haben die Wirtschafts- und Energieminister der Länder sowie Bundesminister Robert Habeck (Grüne) bekräftigt, dass sie an den Vorhaben, die aus dem Fonds finanziert werden sollen, festhalten wollen.
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Habeck: "Alle Projekte müssen möglich gemacht werden"
"Alle Projekte, die wir konzipiert haben, müssen möglich gemacht werden", sagte Habeck nach einem Treffen mit den Kollegen aus den Ländern in Berlin. Einen Schulterschluss mit den Ländern sieht der Minister dabei in greifbarer Nähe. "Es gibt eine gemeinsame Suche, jetzt Wege zu finden", sagte er.
Die Projekte, die mit dem Klima- und Transformationsfonds verbunden seien, beträfen den "wirtschaftlichen Kern Deutschlands", so Habeck. Viele Unternehmen hätten schon Investitionen eingeleitet, "den Bagger bestellt" und Grundstücke gekauft, um Vorhaben des KTF umzusetzen, hier müsse man Planungssicherheit herstellen und Vertrauen schaffen.
Minister sieht "Ökosystem des Aufbruchs" in Gefahr
Ohne die Maßnahmen des Transformationsfonds drohten Wachstumseinbußen von etwa 0,5 Prozent sowie Arbeitsplatzverluste. Deutschlands Wirtschaft benötige diesen Schub, so Habeck. "Es hat sich durch den Klimatransformationsfonds in Deutschland ein Ökosystem des Aufbruchs etabliert, eine Haltung in den Betrieben, in die Zukunft zu investieren", erklärte er, wenn dieser Aufbruch in Gefahr gerate, stehe die Substanz der Volkswirtschaft auf dem Spiel.
Es müsse nun schnell eine Lösung gefunden werden, um die Milliardenlücke zu kompensieren, machte der Minister deutlich. Dazu lägen verschiedene Vorschläge auf dem Tisch. Die Bundesregierung arbeite intensiv an Lösungen. Welche er bevorzugt, wollte der Vizekanzler nicht sagen. Er habe aber den Eindruck, dass alle in der Bundesregierung die Problemlage gleich sehen würden und in großer Gemeinsamkeit an Lösungen arbeiteten. Mit Blick auf die Union als größte Oppositionspartei sagte Habeck, es wäre gut, wenn alle demokratischen Kräfte eine Lösung finden würden.
Aiwanger fordert "neue Finanzierungsmöglichkeiten"
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der derzeit Vorsitzender der Wirtschaftsministerkonferenz ist, sprach ebenfalls von "unverzichtbaren" und "existenziell wichtigen" Projekten, damit "der Wirtschaftsstandort Deutschland in eine wettbewerbsfähige Zukunft geht".
Auch Aiwanger schloss eine Finanzierung des KTF über neue Schulden nicht aus. "Man wird dann diskutieren, ob man die Schuldenbremse anfasst, ob man Abstriche bei anderen Projekten macht, ob man sich neue Finanzierungsmöglichkeiten einfallen lässt", sagte er. "Aber auf alle Fälle müssen unsere wirtschaftspolitischen Projekte ins Ziel geführt werden", betonte Aiwanger.
Video: Gespräch mit Hubert Aiwanger zum Haushalt
Die Mittel müssen anderswo herkommen
Die Minister betonten, dass beim Treffen der Wirtschafts- und Energieminister partei- und regionenübergreifende Einigkeit darüber geherrscht habe, dass die nötigen Mittel anderswo aufgetrieben werden müssen. Sie riefen die Bundesregierung und den Bundestag auf, gemeinsam eine Lösung zu finden. Dazu, wie eine solche Lösung aussehen könnte, machten ebenso wie Aiwanger und Habeck auch Armin Willingmann (SPD), Energieminister von Sachsen-Anhalt, im Detail keine weiteren Angaben.
Habeck und Willingmann sprachen sich offen dafür aus, für das laufende und auch das kommende Jahr eine wirtschaftliche Notlage zu erklären, um die Schuldenbremse auszusetzen. An dieser Stelle gebe es aber unterschiedliche Auffassungen unter den Parteien, sagte Willingmann. Er betonte, dass nun nicht bei einzelnen Vorhaben Abstriche gemacht werden könnten: "Ein Ranking zu stellen, schließt sich schlicht aus."
Keine Klarheit über Energiepreisbremsen
Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass 60 Milliarden Euro an ungenutzten Kreditermächtigungen für den Kampf gegen die Corona-Pandemie nicht in den KTF verschoben werden durften. Die Finanzierung zahlreicher klima- und industriepolitischer Projekte wie dem Aufbau eines Wasserstoffnetzes, die Ansiedlung von Zukunftstechnologien und die Entwicklung hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft steht nun auf der Kippe.
Zu den staatlichen Gas- und Strompreisbremsen machte Habeck mit Blick auf das Urteil deutlich, nicht zu wissen, ob man diese verlängern könne. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte gesagt, zum 31. Dezember werde der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) geschlossen – aus diesem werden die Preisbremsen finanziert. Der Bundestag hatte einen Tag nach dem Urteil beschlossen, die Preisbremsen-Regelung bis zum 31. März zu verlängern.
Mit Informationen von AFP und dpa.
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