Fotomontage: Fernsehduell zwischen Friedrich Merz (CDU) und Olaf Scholz (SPD)
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TV-Duelle: Können sie Wahlen entscheiden?

TV-Duelle: Können sie Wahlen entscheiden?

Am Sonntagabend heißt es in ARD und ZDF: Scholz gegen Merz. TV-Duelle erreichen regelmäßig ein Millionenpublikum. Doch welche Wirkung haben sie wirklich?

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Wahlkampf statt Tatort: Am Sonntagabend um 20.15 Uhr treffen sich Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz (CDU) zum ersten großen Fernsehduell dieses Wahlkampfs, ausgestrahlt von ARD und ZDF. 90 Minuten lang stellen sich die Kanzlerkandidaten den Fragen von Sandra Maischberger und Maybrit Illner. Für viele gilt die Sendung als eines der wichtigsten Ereignisse im Wahlkampf. Doch wie viel Einfluss haben TV-Duelle wirklich auf Wahlen?

Format mit besonderem Publikum

Zunächst gilt: Die Kandidaten erreichen im Wahlkampf nie so viele Menschen auf einmal wie bei diesem Format. Beim ersten deutschen Fernsehduell zwischen dem damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder und Unions-Herausforderer Edmund Stoiber 2002 saßen mehr als 15 Millionen Menschen vor dem Fernseher. Das Triell vor den letzten Bundestagswahlen 2021 verfolgten rund elf Millionen Menschen.

Besonders attraktiv für die Kandidaten ist die Zusammensetzung der Zuschauer. Einer Langzeitstudie zufolge schauen überdurchschnittliche viele Menschen zu, die sich nicht für Politik interessieren. Das erklärte der Politikwissenschaftler Jürgen Maier der Deutschen Presseagentur (dpa).

"Wahlkämpfe im Miniaturformat"

In der Wahlforschung spricht man deswegen von "Wahlkämpfen im Miniaturformat". Die monatelangen Debatten eines Wahlkampfes werden in 90 Minuten komprimiert. Inhaltliche Überraschungen gibt es selten. "Es geht eher darum, dass man die Kandidaten einmal so richtig live erlebt, anders als etwa in einem zusammengeschnittenen Interview", erklärt der Kommunikationswissenschaftler Marcus Maurer im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio. Er ist Professor für Politische Kommunikation an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.

So wirken TV-Duelle

Laut Maurer können TV-Duelle durchaus Wahlentscheidungen beeinflussen – das hängt aber von vielen verschiedenen Faktoren ab. Überzeugte Parteianhänger lassen sich den Erkenntnissen der Wahlforschung zufolge kaum von dem Verlauf solcher Sendungen beeindrucken. Unentschlossene ändern hingegen häufig ihre Meinung über die Kandidaten.

Die Debatten können außerdem der "letzte Schubser" für Wähler sein, die bisher nur eine Tendenz für eine bestimmte Partei hatten, sich aber noch nicht festgelegt hatten. Das könnten bei dieser Wahl besonders viele sein: Laut infratest dimap sind derzeit noch rund zwei Fünftel der Wähler unentschlossen.

Sendungen können Wahlen entscheiden

Insgesamt können TV-Duelle laut Maurer durchaus wahlentscheidend sein. Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Möglich sei dies, wenn die Wahl sehr knapp ausfalle und einer der Kandidaten als klarer Sieger bewertet wird. Dann kann eine Sendung durchaus ein Faktor sein, der den Wahlausgang bestimmt. Ähnlich bewerten das auch andere Forscher, wie zum Beispiel Frank Brettschneider von der Uni Hohenheim.

Konkurrenz in Sozialen Medien

TV-Duelle in öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern sind allerdings längst nicht mehr die einzigen Formate, in denen sich die Kandidaten präsentieren. Viel Aufsehen erregte zum Beispiel ein auf der Plattform X gestreamtes Gespräch zwischen der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel und dem US-Milliardär Elon Musk Anfang Januar. Gleichzeitig zeigt eine aktuelle Umfrage des Digitalverbands Bitkom, dass das Fernsehen weiterhin eines der wichtigsten Informationsquellen vor der Wahl ist.

Doch egal ob Fernsehduell, X-Space oder Interview in der gedruckten Tageszeitung: Welche Äußerungen oder Inhalte letztlich genau unsere Wahlentscheidung beeinflussen, ist eine komplexe Frage. Anders als das "Wer war’s" im sonntäglichen Tatort wird sie sich wohl nie abschließend beantworten lassen.

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