Batterie-Großspeicher in Tittling (Lkr. Passau)
Bildrechte: BR/ Patrick Viertl
Videobeitrag

Der Batterie-Großspeicher in Tittling (Lkr. Passau) steht direkt neben dem Umspannwerk.

Videobeitrag
>

Energiewende: Jetzt kommt der Boom bei großen Batteriespeichern

Energiewende: Jetzt kommt der Boom bei großen Batteriespeichern

Windkraft und Photovoltaik produzieren sauberen und auch günstigen Strom – aber nicht zu jeder Zeit. Es fehlten Speicher, um das schwankende Stromangebot aus den erneuerbaren Energien auszugleichen, hieß es lange. Doch das ändert sich jetzt rasant.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

💬 "Dein Argument" greift Euren Input auf: Auch Kommentare aus der BR24-Community sind Anlass für diesen Beitrag. 💬

Der neue Großspeicher in Tittling, Landkreis Passau, ist nur einer von vielen. Die Container mit Batteriezellen können 30.000 Haushalte zwei Stunden lang mit Strom versorgen. Betreiber ist die Firma Terralayr, ihre Techniker installieren solche Speicher jetzt am laufenden Band, sagt Projektmanager Matthias Thesing: "Und unsere Firma ist bei Weitem nicht die einzige im Markt."

Allein in Bayern sind nach Daten der Bundesnetzagentur rund 200 Groß-Batteriespeicher konkret geplant, davon sollen fast die Hälfte noch dieses Jahr entstehen. Unsere Grafik zeigt, wie sich der geplante Bau von großen Batteriespeichern über die Regionen des Freistaats verteilt.

Bayernkarte: Kapazität und Leistung der geplanten großen Speicher

Klicken oder tippen Sie auf einen Ort in der interaktiven Karte, um mehr zu erfahren.

Groß-Batteriespeicher erleben gerade ihren Durchbruch, bestätigt Leonhard Probst vom Fraunhofer- Institut für Solare Energiesysteme (ISE). Derzeit sei in diesem Segment etwa eine Gigawattstunde Speicherkapazität in Deutschland installiert: "Wir sehen allein die vierfache Menge, die schon an der Baugenehmigung ist, und noch viel größere Zahlen sehen wir, wenn es um Anfragen für die Netzanschlüsse geht."

BR24-User diskutieren, ob diese Speicher den Stromkunden auch nutzen. So kommentierte "Karl_Schranz": "Der Strom wird dadurch für den Endverbraucher richtig teuer. Weil der solar erzeugte Strom erstmal durch zwei Netze hindurch zum Speicher transportiert wird. (...) Dann geht's aus der Batterie hin zum Endverbraucher wieder durch 2 oder 3 Netze durch und kostet Netzentgelte. (...)" Auch "Maybach" befürchtete: "Man darf nicht vergessen, dass jeder Cent, der mit sowas verdient wird, den Strom teurer macht!"

User "Pyro" dagegen widersprach: "Mit mehr Stromspeicherkapazität müssen PV und Windräder seltener abgeriegelt werden, somit fließen im Verhältnis weniger Geld für Ausgleichszahlungen an die Betreiber (...)."

Forscher Leonhard Probst betont, der Speicherboom sei für alle Stromverbraucher eine gute Nachricht. Denn die neuen Speicher benötigen keine Subventionen: "Sie finanzieren sich allein dadurch, dass sie den günstigen Strom zur Mittagszeit kaufen und dann zur Abendzeit verkaufen. Insgesamt senken sie dadurch auch den durchschnittlichen Strompreis für alle, weil weniger Reservekraftwerke einspringen müssen." Und es kann mehr billiger Solarstrom auch tatsächlich genutzt werden.

Mit Speichern passt mehr Photovoltaik ins Netz

Außerdem kann durch die ausgleichende Wirkung der Speicher der Ausbau der Stromnetze geringer ausfallen. Und es wird möglich, an die bestehenden Leitungen mehr Photovoltaikleistung anzuschließen.

Der Bayreuther Übertragungsnetzbetreiber Tennet hat eine Studie zu Großspeichern in Auftrag gegeben. "Sie zeigt, dass Batteriespeicher ein enormes Potenzial haben, das Stromnetz zu stabilisieren und teure Netzeingriffe zu reduzieren", fasst Unternehmenssprecherin Ina-Isabelle Haffke zusammen. Bayern und Süddeutschland sind laut der Studie besonders gut geeignet für den Bau von Großspeichern – weil es hier so viel Photovoltaik gibt. Der billige Solarstrom und der Preisverfall bei Batterien sind die Gründe für den Speicherboom. Laut Tennet wäre es wünschenswert, dass sich der Speicherbau vor allem in den nächsten Jahren verstärkt auf Süddeutschland konzentriert. Außerdem bräuchte es laut Tennet auch noch zielgerichtete Marktanreize, damit der Einsatz der Speicher auch wirklich in jedem Fall netzdienlich ist.

Denn weil derzeit Deutschland nicht in mehrere Strompreiszonen aufgeteilt ist, kann es in bestimmten Situationen passieren, dass zwar viel Windstrom im Netz ist und der Preis niedrig – er einen Speicher in Süddeutschland aber gar nicht erreichen kann, weil nicht genug Leitungen zwischen Norden und Süden zur Verfügung stehen. Dann muss eventuell sogar ein teures Gaskraftwerk anspringen, um den Speicher mit vermeintlich billigem Strom zu füllen – die Differenz wird auf alle Stromverbraucher umgelegt.

Grafik: Anstieg der Anzahl der kleinen Batteriespeicher in Bayern

Wählen Sie in der Grafik aus, ob Sie den Anstieg der Anzahl, der Speicherkapazität oder der Bruttoleistung sehen möchten.

Eigentlich könnten auch die Heimspeicher an den Strommarkt

Leonhard Probst vom Fraunhofer ISE sieht auch in einem weiteren Punkt noch Reformbedarf. Denn der Speicherboom findet nicht nur bei Großbatterien statt, sondern auch bei Heimspeichern für Photovoltaikstrom. Bisher ist deren Kapazität sogar noch um ein Vielfaches größer: Von derzeit 18 Gigawattstunden installierter Speicherkapazität fallen 15 Gigawattstunden ins Heimspeichersegment. Solche kleinen Solarspeicher optimieren aber bisher in der Regel nur die Eigenstromnutzung im Haushalt.

Am Strommarkt teilzunehmen, indem sie Strom von außen einspeichern, ist bisher in der Regel nicht erlaubt. "Das ist natürlich sehr schade, dass wir es aktuell nicht schaffen, diese Speicher nutzbar zu machen", betont Probst. Vor allem in den Wintermonaten gebe es hier sehr viel Potenzial. Um es zu heben, müssten die Regeln des Strommarkts entsprechend geändert werden. Das hat die Ampelkoalition nicht mehr geschafft. Eine Aufgabe für die nächste Bundesregierung, so Probst.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!