#CDUnchristlich steht auf dem Tagungshotel des CDU-Parteitags. Es ist eine Protestaktion von Theologen gegen die geplante Migrationspolitik.
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#CDUnchristlich steht auf dem Tagungshotel des CDU-Parteitags. Es ist eine Protestaktion von Theologen gegen die geplante Migrationspolitik.

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#CDUnchristlich: Theologen protestieren gegen Migrationspolitik

#CDUnchristlich: Theologen protestieren gegen Migrationspolitik

Mit einer Lichtinstallation und einem offenen Brief protestieren 700 Theologinnen und Theologen gegen die Migrationspolitik im CDU-Grundsatzprogramm und bezeichnen die Union als "unchristlich". CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sieht das anders.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Schon bevor der CDU-Parteitag begann, gab es Protest. Im neuen CDU-Grundsatzprogramm, das sich die Partei mit dem C für "christlich" im Namen geben will, stößt insbesondere die Migrationspolitik auf großen Widerstand bei Theologen und Pfarrern. "#CDUnchristlich" prangte am Morgen als Lichtinstallation auf dem Berliner Tagungshotel, in dem sich die Partei trifft. Dazu ein Bibelzitat: "Bietet Zuflucht wie ein Schatten, der in der Mittagshitze schützt wie die Nacht. Versteckt die Vertriebenen, verratet die Geflüchteten nicht! (Jesaja 16,3 )".

700 Theologen kritisieren CDU-Migrationspläne als "unchristlich"

Zugleich wandten sich 700 Theologen aus dem ganzen Bundesgebiet in einem offenen Brief gegen das Vorhaben der Union, wonach Menschen, die in der Europäischen Union Asyl beantragen, künftig direkt in einen sogenannten "sicheren Drittstaat" überführt werden sollen. Unter den Unterzeichnern sind unter anderem der Nürnberger Jesuit Jörg Alt, die Theologinnen und Theologen Christina Brudereck, Stephan Anpalagan, Sarah Vecera, Quinton Ceasar, Ulrich Duchrow und Birgit Mattausch. "Nichts ist unchristlicher, als Menschen in Not zurückzulassen und sich der eigenen Verantwortung billig zu entledigen", heißt es in dem offenen Brief.

Die CDU fordert die Einführung einer Drittstaatenlösung und will ein entsprechendes Konzept in ihr neues Grundsatzprogramm aufnehmen. Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen vermeintlich sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen. Im Fall eines positiven Ausgangs soll der Drittstaat dem Antragsteller vor Ort Schutz gewähren. Das Konzept ähnelt dem hoch umstrittenen "Ruanda-Modell", das die britische Regierung durchsetzen will. Zugleich will die CDU, dass die EU-Staaten jährlich ein Kontingent schutzbedürftiger Menschen aus dem Ausland aufnehmen; diese Flüchtlinge sollen auf die beteiligten Staaten verteilt werden. Die 1001 Delegierten des CDU-Parteitags sollen das neue Grundsatzprogramm inklusive Migrationspolitik auf dem Parteitag in Berlin beschließen.

Bischöfe kritisieren Migrationsplan als "radikalen Bruch"

"Man kann nicht Kreuze aufhängen und eine solche Politik machen. Flüchtlinge sind nun mal das schwächste Glied in der menschlichen Rechte-Hierarchie und deswegen brauchen sie eigentlich besondere Zuwendung und nicht besondere Ablehnung", sagt der Nürnberger Jesuit Jörg Alt, der den offenen Brief mitunterzeichnet hat, im Gespräch mit dem BR. Die Forderung nach einer Drittstaatenregelung, die auf dem Parteitag der Christdemokraten im Grundsatzprogramm verankert werden soll, stehe "in einem bemerkenswerten Widerspruch zur Orientierung an christlichen Werten", heißt es in dem Offenen Brief der Theologen. "Mit solch einer Forderung begibt man sich ethisch wie rechtlich auf den Holzweg."

Am Sonntag schon hatten die für Migration zuständigen Bischöfe, der katholische Erzbischof von Hamburg Stefan Heße und der evangelische Bischof von Berlin Christian Stäblein das asylpolitische Vorhaben der CDU als "unchristlich" bezeichnet. Sie verwiesen auf die Verpflichtung, die sich aus der Bibel ergebe, Vertriebene und Flüchtlinge zu schützen und werfen der CDU einen radikalen Bruch mit ihrem humanitären Erbe im Flüchtlingsschutz vor. "Wer sich am christlichen Menschenbild orientiert, darf den individuellen Zugang zum Flüchtlingsschutz in Europa nicht abschaffen", schrieben die beiden Bischöfe in einem Gastbeitrag in der "Welt am Sonntag".

Heße und Stäblein fordern: "Wir brauchen Lösungen, die im Einklang mit den Menschenrechten und dem Völkerrecht stehen." Das im CDU-Entwurf vorgestellte Konzept werfe hier erhebliche Zweifel auf. Auch die Hilfsorganisation Pro Asyl kritisierte die Pläne der CDU. Würden die Pläne umgesetzt, würde das Leben fliehender Menschen noch stärker gefährdet. Zudem verstießen sie gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und brächten Europa in Abhängigkeit zu anderen Staaten.

Generalsekretär: Einreise nur mit positiven Asylbescheid

Der Generalsekretär der Union, Carsten Linnemann, kündigte in der ARD an, mit den Bischöfen darüber sprechen zu wollen: "Ich habe das Gefühl, dass leider zu viele Menschen nach Deutschland kommen, die keine Berechtigung haben. Und wir möchten gerne, dass nur noch diejenigen kommen, die wirklich einen positiven Asylbescheid haben. Ich finde sogar, dass unser Weg christlich ist." Die CDU wolle, dass man Menschen über Kontingente aufnehme. Er sei sich sicher, dass dann nur Menschen kämen, "die unsere Unterstützung brauchen: Frauen, Kinder und viele andere".

Bestimmte Kontingente für Flüchtlinge soll, so der CDU-Generalsekretär Linnemann, die zuständige Organisation der Vereinten Nationen auswählen. Der Nürnberger Jesuit Jörg Alt bezweifelt, dass dieses Konzept der Migrationssteuerung aufgehen wird. "Die Menschen kommen nach Deutschland, weil sie hier Freunde, Bekannte, Familie, Verwandte haben, und sie werden sich nicht abhalten lassen, dann Schleuser zu finden, diese zu bezahlen, um dann nach Deutschland zu kommen." Der Jesuit hat aber auch grundsätzliche Bedenken gegen die neue Migrationspolitik. "Dieses Vorhaben der CDU könnte einen Dammbruch darstellen, weil bisher das Recht auf Asyl ein individuelles Grund- und Menschenrecht gewesen ist", so Alt gegenüber dem BR. "Jetzt versucht man, es auf die Ebene des politischen Nutzen-Kalküls zu ziehen."

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