Die gute Nachricht vorneweg: Der Treibhausgas-Ausstoß in Deutschland ist auf ein Rekordtief gesunken. Das zeigen die vorläufigen Berechnungen der Denkfabrik "Agora Energiewende". 673 Millionen Tonnen CO2 sind demnach in Deutschland im vergangenen Jahr ausgestoßen worden – das sind zehn Prozent weniger als noch im Jahr 2022 und 46 Prozent weniger als 1990.
Die weniger gute Nachricht: Es wurde vor allem weniger Kohle und Gas verbraucht, weil die Wirtschaft schrumpft. Während der Energie-Krise haben vor allem energieintensive Unternehmen weniger produziert und somit weniger Energie benötigt.
Agora: "Produktionseinbruch schwächt Industriestandort"
Von "Agora Energiewende" heißt es daher, nur ein kleiner Teil des CO2-Rückgangs sei dauerhaft nachhaltig. Denn: Wenn es der Industrie einerseits wieder besser geht, treibt das auch den CO2-Ausstoß nach oben. Andererseits könnte Industrie auch ganz ins Ausland abwandern.
Daher meint Simon Müller von der Lobbyorganisation "Agora Energiewende": "Der krisenbedingte Produktionseinbruch schwächt den Industriestandort Deutschland. Wenn in der Folge Emissionen lediglich ins Ausland verlagert werden, ist auch für das Klima nichts gewonnen."
Habeck: Wirtschaft "voll auf Klimaschutzpfad"
In einer möglichen Abwanderung sieht auch Wirtschaftsminister Robert Habeck im BR24-Interview ein Problem. Für den Grünen-Politiker ist die Wirtschaft in Deutschland aber "voll auf dem Klimaschutzpfad". Es gelte, sie weiterhin beim Umbau zur Klimaneutralität zu unterstützen, versprochene Förderprogramme würden trotz Haushaltskrise nicht gekürzt, so Habeck.
Sorgenkind bleibt weiter der Bereich "Verkehr". Ebenso wie im Gebäude-Sektor verfehlt der Verkehrsbereich die Klimaschutzziele. Der bayerische Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange, meint daher: "Beim Verkehr brauchen wir – wie in so vielen anderen Bereichen, in denen die Ampel das gerade nicht bringt – Verlässlichkeit." Lange spielt auf den kurzfristig verkündeten E-Auto-Förderstopp an: Der staatliche Umweltbonus für E-Autos endete Mitte Dezember früher als geplant.
FDP setzt auf Reform des Klimaschutzgesetzes
Die Energieexpertin und Grünen-Bundestagsabgeordnete Ingrid Nestle gibt im BR24-Interview zu, "dass sich die Ampel ein bisschen schwer tut mit Maßnahmen im Verkehrsbereich". Es gebe keine "ausreichende Einigung" – womit sie auf den Koalitionspartner FDP anspielen dürfte.
Der zeigt sich angesichts der neuen Studie aber zufrieden: Für FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler zeigten die Zahlen, dass die Ampel mit ihrer Reform des Klimaschutzgesetzes auf dem richtigen Weg sei. Sie besagt, dass die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr nach verschiedenen Bereichen wie Verkehr, Gebäude oder Industrie kontrolliert wird, sondern künftig über alle Sektoren hinweg erfolgt: "Das Gesamtziel, die Gesamtbilanz ist wichtig, denn der Atmosphäre ist völlig egal, woher die eine Tonne kommt – ob aus dem Auspuff oder aus dem Schornstein, wichtig ist nur, dass sie reduziert wird", so Köhler.
Positive Entwicklung: Ausbau Erneuerbare Energie geht voran
Für die Studienautoren von "Agora Energiewende" zu wenig: Um den Verkehr auf Klimaschutzkurs zu bringen, brauche es Geld, Förderprogramme und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.
Eine gute Nachricht gibt es von der Denkfabrik aber noch: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland geht voran – vor allem bei Photovoltaikanlagen. Im Jahr 2023 deckten Erneuerbare Energien erstmals über 50 Prozent des Stromverbrauchs, auch rund die Hälfte der Importe kam aus Erneuerbaren.
Info zur "Agora Energiewende":
Im Rat der "Agora Energiewende" sitzen Vertreter von Wissenschaft, Bundespolitik, Bundesnetzagentur, Umweltverbänden und der Energiewirtschaft. Wie es von der Denkfabrik heißt, finanziere sie sich hauptsächlich durch Spenden und öffentliche Zuwendungen – Spenden von Unternehmen würden nicht angenommen.
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