Normalerweise hätte der Bundeshaushalt für dieses Jahr längst beschlossene Sache sein sollen. Doch es hat länger als sonst gedauert. Deutlich länger. Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts klafften in der Finanzplanung der Ampel plötzlich große Löcher. Auf 17 Milliarden wurde der Fehlbetrag im Kernhaushalt beziffert, weitere Milliarden fehlten im Klima- und Transformationsfonds. Über Wochen rang die rot-grün-gelbe Koalition darum, wie die Löcher zu stopfen seien. An diesem Freitag nun hat die Ampel-Mehrheit im Bundestag den Haushalt beschlossen. Er beläuft sich auf knapp 477 Milliarden Euro.
Wofür gibt der Bund am meisten aus?
Der dickste Brocken ist auch in diesem Bundeshaushalt der Sozialetat – mit mehr als 170 Milliarden Euro mit Abstand der größte Einzelplan. Was manchen nicht bewusst sein dürfte: Über 100 Milliarden davon verwendet die Bundesregierung, um die gesetzliche Rentenversicherung zu stabilisieren. Ein beträchtlicher Teil des gesamten Bundeshaushalts – auch wenn die Ampel den Zuschuss etwas zurückgefahren hat.
An zweiter Stelle kommt der Etat des Verteidigungsministeriums: Er liegt in diesem Jahr bei rund 52 Milliarden Euro. Damit ist der Einzelplan etwas größer als im vergangenen Jahr. Doch wäre es nach Minister Boris Pistorius (SPD) gegangen, wäre das Plus deutlich größer ausgefallen. In der Koalition war man mehrheitlich der Meinung, dass zunächst die Mittel aus dem 100-Milliarden-Euro-Nebenhaushalt für die Bundeswehr genutzt werden sollten, bevor in Zeiten knapper Kassen wesentlich mehr Steuergeld in den regulären Verteidigungshaushalt fließt.
Wo setzt die Ampel den Rotstift an?
Um nach dem Haushaltsurteil die fehlenden Milliarden aufzutreiben, hat die Ampel-Koalition eine Reihe von Kürzungsmaßnahmen beschlossen. Dazu zählt zum Beispiel der umstrittene Abbau von Steuervergünstigungen beim Agrardiesel. Sie sollen Schritt für Schritt auf null gesetzt werden. Die Bundesregierung erhofft sich davon jährliche Mehreinnahmen im dreistelligen Millionenbereich.
Allerdings wird auch an anderen Stellen im Bundeshaushalt gespart – beispielsweise beim Bürgergeld. Wer die staatliche Leistung bekommt und sich auf Dauer weigert, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, muss in Zukunft mit gravierenden Konsequenzen rechnen. Die Jobcenter sollen die Möglichkeit bekommen, das Bürgergeld in solchen Fällen für zwei Monate komplett zu streichen. Außerdem steigt die Steuer auf Flugtickets, und auch bei der Entwicklungshilfe wird gekürzt.
Sind die geplanten Kürzungen beim Agrardiesel endgültig beschlossene Sache?
Noch nicht. An diesem Freitag hat der Bundestag das entsprechende Gesetz zwar mit Ampel-Mehrheit verabschiedet. Jetzt aber hängt es im Bundesrat fest, der Länderkammer. Unionsgeführte Bundesländer haben durchgesetzt, dass die Entscheidung darüber auf die nächste reguläre Sitzung verschoben wird. Also voraussichtlich auf den 22. März. In der Zwischenzeit soll nochmal in Fachausschüssen des Bundesrats über die Ampel-Pläne beraten werden. Allerdings handelt es sich um kein zustimmungspflichtiges Gesetz. Deshalb können die Länder das Vorhaben verzögern, aber nicht verhindern.
Wie will die Ampel trotz Sparkurs den klimafreundlichen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft schaffen?
Nach dem Haushaltsurteil hat die Bundesregierung 60 Milliarden Euro an Kreditoptionen gelöscht, die im Klima- und Transformationsfonds geparkt waren. Eine gewaltige Summe, aber der Fonds ist nicht ausschließlich schuldenfinanziert. Er speist sich zum Beispiel aus Mitteln, die über die CO₂-Bepreisung abgeschöpft werden. In diesem Jahr stehen im Klimafonds fast 50 Milliarden Euro zur Verfügung – etwa für die Förderung von neuen, klimafreundlichen Heizungen. Außerdem will der Bund in diesem Jahr Milliarden in den Bahnverkehr investieren. Das deutsche Schienennetz ist in weiten Teilen marode, was Pendler und Urlauber schon seit Langem zu spüren bekommen.
Was wird aus der Schuldenbremse?
Die Ampel-Koalition will in diesem Jahr die Schuldenregeln des Grundgesetzes einhalten – auf Drängen der FDP. Mit knapp 40 Milliarden Euro bleibt die Neuverschuldung in diesem Rahmen, denn in einer bestimmten Größenordnung darf der Bund frische Kredite aufnehmen. Wie viel, hängt unter anderem von der wirtschaftlichen Entwicklung ab.
Das Einhalten der Schuldenbremse steht aber unter Vorbehalt. Denn wenn die Ukraine ihren Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer zu verlieren droht und andere Länder wie die USA Kiew nicht mehr ausreichend unterstützen, behält sich die Bundesregierung vor, die Schuldenbremse doch noch auszusetzen. Ob es dazu kommt, wird sich im Laufe des Jahres entscheiden.
Im Video: Langer Weg zum Haushalt 2024: Jetzt hat ihn die Ampel-Mehrheit im Bundestag beschlossen
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