Die Bundeswahlleiterin Brand hatte in einem Brief an den Kanzler vor erheblichen Problemen bei einer kurzfristig anberaumten Wahl gewarnt. Kritik von der Union, sie lasse sich vom Kanzleramt instrumentalisieren, wurden heute zurückgewiesen.
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Der 09. März wird als Termin für eine vorgezogene Neuwahl gehandelt.

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Diskussion um Termin für Neuwahl – "Es gab keine Einflussnahme"

Diskussion um Termin für Neuwahl – "Es gab keine Einflussnahme"

Bundeswahlleiterin Ruth Brand hatte in einem Brief an den Kanzler vor erheblichen Problemen bei einer kurzfristig anberaumten Wahl gewarnt. Kritik von der Union, sie lasse sich vom Kanzleramt instrumentalisieren, wurden heute zurückgewiesen.

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Nach dem Aus der Ampel-Koalition steht die Frage im Raum: Wann wird neu gewählt? Im politischen Berlin ist darüber eine hitzige Debatte entbrannt. Eine versucht sich nun aus der Schusslinie zu nehmen: Bundeswahlleiterin Ruth Brand. Sie hatte organisatorische Bedenken gegen einen frühen Termin geäußert. Die Union wittert Einflussnahme durch das Kanzleramt. Das weist Brand nun entschieden zurück.

Wahlleiterin weist Vorwürfe der Instrumentalisierung zurück

Die Bundeswahlleiterin sei ein unabhängiges Wahlorgan und nicht an Weisungen, sondern an die gesetzlichen Vorschriften gebunden, erklärte ihr Sprecher. "Es gab auch keine Weisung oder Einflussnahme auf die Position der Bundeswahlleiterin im Zusammenhang mit Neuwahlen", stellte er klar. Es sei deren Aufgabe, die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung bundesweiter Wahlen sicherzustellen und hier auch auf Risiken hinzuweisen. Das habe Brand in einem Schreiben an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) getan.

Gemäß Artikel 39 muss der Bundestag nach Auflösung des Parlaments durch den Bundespräsidenten innerhalb von 60 Tagen neu gewählt werden. Brand will die Frist voll ausschöpfen, "um alle erforderlichen Maßnahmen rechtssicher und fristgemäß treffen zu können."

Union will Brand vor Innenausschuss zitieren

Die Unionsfraktion will Brand am Mittwoch in den Innenausschuss zitieren. Der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Alexander Throm (CDU), bezeichnete am Sonntag in der "Welt" Brands Brief an den Kanzler "höchst irritierend" und machte einen Widerspruch zu früheren Aussagen aus. "Es stellt sich daher die Frage, ob dieses Schreiben auf eigene Initiative hin verfasst wurde oder ob das Bundeskanzleramt oder das SPD-geführte Innenministerium Einfluss darauf genommen haben."

Brand war Anfang 2023 als Präsidentin des Statistischen Bundesamtes vom SPD-geführten Bundesinnenministerium berufen worden und nimmt in dieser Funktion auch das Amt als Bundeswahlleiterin ein.

Neuwahl - Am Papier soll es nicht scheitern

In ihrem Schreiben an Bundeskanzler Scholz wies Brand auch auf logistische Herausforderungen bei der Neuwahl wie die Berufung von Wahlausschüssen, die Werbung und Schulung von Wahlhelfern, die Organisation von Wahllokalen und schließlich mögliche Probleme bei der Papierbeschaffung hin.

Eine mögliche Lösung präsentiert heute der baden-württembergische FDP-Politiker Christian Jung: "Alle besorgten Bürger können der Bundeswahlleiterin zur Sicherheit eine Papierspende machen". In sozialen Netzwerken veröffentlichte er ein Video mit einem Aufruf und den Worten: "Jeder von uns kann etwas für die Demokratie und für sofortige Neuwahlen tun." Auf Nachfrage sagte der frühere Bundestagsabgeordnete, er meine diesen Aufruf ernst. 

Nötig wird die Aktion aber wohl nicht. Die Papierindustrie stellte bereits klar: "Bei rechtzeitiger Bestellung können wir das benötigte Papier für eine vorgezogene Bundestagswahl liefern", so Alexander von Reibnitz, Hauptgeschäftsführer des Verbands Die Papierindustrie, gegenüber "ZDFheute.de".

Debatte um Wahltermin für SPD-Chef "zu aufgebauscht"

Aber wie geht es nun weiter? Das hängt davon ab, wann Bundeskanzler Scholz die Vertrauensfrage im Parlament stellt. Aktuell plant er das für den 15. Januar. Die Neuwahl könnte dann im März stattfinden. Die Opposition fordert eindringlich, den Termin deutlich vorzuziehen.

Der Kanzler und die SPD zeigen sich gesprächsbereit, Parteichef Lars Klingbeil betont aber auch: "Demokratie braucht Zeit." Er warnt vor einer überhitzten und parteitaktischen Debatte. Es gehe nun darum, den idealen Zeitpunkt für die Wahl zu finden. Das sollte nicht auf offener Bühne verhandelt werden. Er ruft dazu auf, dabei die Einschätzung von Expertinnen und Experten wie der Bundeswahlleiterin, der Landeswahlleiter sowie aus den Rathäusern anzuhören und bei der Entscheidung einzubeziehen. Morgen wollen sich die Wahlleiter von Bund und Ländern für eine erste Besprechung der Wahlvorbereitung treffen.

Parteien bringen sich in Stellung

Doch nicht nur die Wahl an sich muss vorbereitet werden. Immer mehr Parteien bringen sich für den Wahlkampf in Stellung. Heute gab die Linke bekannt, mit dem Spitzenduo Jan van Aken und Heidi Reichinnek in den Wahlkampf zu ziehen. Van Aken ist seit Oktober neuer Parteichef, Reichinnek Vorsitzende der Bundestagsgruppe.

Die Union hat sich bereits auf CDU-Chef Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten festgelegt. An seiner Seite hat sich die CSU für Landesgruppenchef Alexander Dobrindt als Spitzenkandidat entschieden. Die AfD schickt Parteichefin Alice Weidel als Kanzlerkandidatin ins Rennen. FDP-Chef Christian Lindner erklärte, als Spitzenkandidat bereitzustehen, ebenso Wirtschaftsminister Robert Habeck, der sich als Kanzlerkandidat der Grünen bewirbt.

In der SPD gibt es unter der Hand eine Diskussion darüber, ob mit Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzlerkandidat die Chancen bei der Bundestagswahl steigen könnten. Er ist in allen Umfragen der beliebteste Politiker Deutschlands. Parteichef Klingbeil betonte zuletzt dennoch, dass die Parteiführung geschlossen hinter einer Kanzlerkandidatur von Scholz stehe. "Es gibt kein Zweifeln, es gibt kein Wackeln. Wir wollen mit Olaf Scholz in diese Bundestagswahl gehen."

Im Video: Diskussion über Neuwahl-Termin

Nach dem Ampel-Aus in dieser Woche ist klar: Es wird vorgezogene Neuwahlen geben.
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Nach dem Ampel-Aus in dieser Woche ist klar: Es wird vorgezogene Neuwahlen geben.

Mit Informationen von Reuters und dpa

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