Auf TikTok sind seit dem schweren Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet erschütternde Videos von den Rettungsarbeiten zu sehen. Überlebende Kinder weinen, rufen nach ihren Eltern, die noch unter den Trümmern liegen oder es ist zu sehen, wie sie blutverschmiert oder tot aus dem Schutt gezogen werden. Anders als bei Beiträgen, die in den meisten Medien gezeigt werden, sieht man Tote und Verletzte oft unverpixelt. Einige der Videos haben hohe siebenstellige Aufrufzahlen. Sie treffen gerade Kinder völlig unerwartet zwischen anderen, harmlosen Videos.
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Kommentare auf Tiktok: "Ich heule, wenn ich so junge Kinder leiden sehe"
Viele Kinder sind mit dem Leid und den Schicksalsschlägen überfordert. "Man weiß, dass Kinder und Jugendliche bei solchen Videos wie aus der Erdbebenregion besonders empathisch sind", sagt Robert de Lubomirz-Treter vom Angebot www.fragzebra.de der Landesanstalt für Medien NRW BR24. Unter einem Video, auf dem die Rettung eines zwei Monate alten Babys zu sehen ist, kommentiert zum Beispiel ein Nutzer: "Ich heule, wenn ich so junge Kinder leiden sehe, weil ich gerne alles tun würde, um zu helfen."
Unter dem Video eines Hauses, das bei einem der vielen Nachbeben einstürzt, und bei dem man panische Schreie hört, steht: "Die Schreie machen mich kaputt." In einem weiteren Video, in dem ein Kind nach seiner Mutter ruft, steht "Mein Herz zerschmettert." Ob die Kommentare tatsächlich von Kindern stammen, ist allerdings unklar.
Erdbeben-Opfer zwischen witzigen Videos
"Auf TikTok sehen Kinder und Jugendliche solche Videos oft unvermittelt und unerwartet zwischen witzigen oder unterhaltsamen Videos. Das kann schockierend sein und Ängste verursachen, gerade weil die Erfahrung und die Distanz fehlt", so de Lubomirz-Treter.
"Die Angst, die da entsteht, kann traumatisierend wirken." Besonders jüngere Kinder seien mit den Bildern von der Katastrophe mit mehr als 40.000 Toten überfordert. "Je jünger die Kinder sind, umso schwieriger ist der Umgang mit schockierenden Bildern und da kommen dann auch Fragen auf wie: Kann das bei uns auch passieren?", sagt der Experte.
Kinder brauchen Vertrauensperson
Eltern sollten die Mediennutzung aber nicht einfach verbieten. Er rät zu einem "begleiteten Umgang". Es sei wichtig, "dass Kinder mit Eltern, Lehrern oder Freunden reden können, jemanden haben, dem sie vertrauen können, wenn ihnen Videos Sorgen machen". Zudem sollten Kinder wissen, dass Videos nicht immer authentisch seien.
So gab es in den sozialen Medien zum Beispiel Videos, die nicht von der aktuellen Erdbebenkatastrophe in der türkisch-syrischen Grenzregion stammten, sondern von früheren Katastrophen. Es sei deshalb generell wichtig, "dass Kinder einen kritischen Umgang mit Medien lernen". Außerdem empfiehlt de Lubomirz-Treter: Kinder sollten das Gerät dann auch mal zur Seite legen. "Manchmal braucht man ein bisschen Abstand. Das kann durchaus beruhigend wirken."
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