Der Olymp, der mythische Sitz der Götter im antiken Griechenland, gehört zu den berühmtesten heiligen Bergen. Restaurants, eine ehemalige Fluglinie, ein Textilhersteller und sogar ein Fotokameraunternehmen haben sich mit dem Namen geschmückt.
Eine besondere Rolle spielt auch der Kailash, 6.638 Meter hoch im Transhimalaya in Tibet. Seine Form gleicht einem schneebedeckten Kristall, verehrt wird er in vier großen asiatischen Religionen. Diese besondere Aura hat Komponisten der verschiedensten Kulturkreise inspiriert und sie haben versucht, die besondere Aura des Kailash in Musik widerzuspiegeln.
Klänge des "Heiligen"
Monika Fink-Naumann ist Professorin am Institut für Musikwissenschaft in Innsbruck und Bergsteigerin. Sie vergleicht, wie die heiligen Berge vertont werden. Kompositionen zum Kailash hat sie verglichen mit dem Uluru, dem heiligen Berg der Aborigenes in Australien.
Während beim Kailash tibetische Musik und die Spiritualität die wichtigste Rolle spielen, ist es beim Uluru die Natur. Der heilige Berg wird mit Windgeräuschen und Vogelstimmen als Naturphänomen vertont. Die Tonmalerei, die in der modernen Klassik unüblich geworden ist, reicht hier bis zu einem Klavierstück, das beschreibt, wie ein Känguru erwacht.
Monti Sacri am Lago Maggiore
"Heiligkeit" wird Bergen aber oft direkt vom Menschen zugeschrieben: Die Monti Sacri, die italienischen "heiligen Berge" im Norden Piemonts wurden im 16. Jahrhundert geschaffen. Auf die Hügel führen Pilgerwege zu Kreuzwegstationen mit lebensgroßen Skulpturen und Malereien im Hintergrund.
In plastischer Theatralik hat der damalige Mailänder Erzbischof Carlo Borromeo Szenen aus dem Leben Jesu in den Kapellen der Monti Sacri nachbilden lassen. Heute ist es ein Kulturschatz, damals, im 16. Jahrhundert, sollte es die Menschen für die Gegenreformation begeistern.
Der "heilige Berg" Säuling
Auch der 2.047 Meter hohe Eckpfeiler der Ammergauer Alpen gilt als heiliger Berg. Schon seit der Antike spielt er eine besondere Rolle als Landmarke, die wie eine geographische Warte an der Via Claudia den Eintritt ins Gebirge markiert hat. Derart herausragend verwundert es nicht, dass der Säuling zum Berg wurde, auf den der Heilige Magnus im Frühmittelalter aufgestiegen ist – um, wie einst Moses auf dem Berg Sinai, dem Göttlichen nahe zu sein.
Magnus, oder St. Mang, wie der 'Allgäuapostel' im regionalen Dialekt heißt, ist dort oben der Legende nach 'Bären' begegnet, die wiederum allegorisch für die Wilden stehen. Sie zeigen ihm Erzvorkommen und so trägt der Heilige das besondere Wissen ins Tal und demonstriert die praktische Bedeutung für das Leben der Einheimischen.
In der Volkskultur des Allgäu ist auch eine pagane Dimension des heiligen Berges lebendig geblieben, wonach sich auf der schon von unten auffälligen Bergschulter des Säuling ein Hexentanzplatz befindet. Er wird heutzutage entgegen der geltenden Naturschutzbestimmungen als attraktiver Zeltplatz missbraucht, die Aura des Ortes scheint also bis heute zu wirken.
Klanglandschaften
Ganz weit weg von direkten Bildern und Symbolen erkundet der Musikwissenschaftler Markus Zagorsky das 'Heilige' in den Bergen: Er spürt den "Soundscapes" nach, Klanglandschaften, die bedeutungsvolle und spirituelle Erfahrungen ermöglichen. Die Klänge vermitteln größere Dimensionen in der Natur und den Stellenwert des Menschen im natürlichen Ganzen.
In der alpinen Literatur hat er dazu zahlreiche Belege gefunden, beginnend mit Horace Bénédicte de Saussure, der schon im 18. Jahrhundert davon berichtet, dass er die Stimme der Natur auf dem Mont Blanc gehört habe. Ähnlich sagt es später Maurice Herzog, der Erstbesteiger der Annapurna. Auch die schottische Schullehrerin Nan Shepard beschreibt in ihrem Bestseller "The Living Mountain" ihre Grunderfahrung der Natur im Sound der Cairngorms, einer Hügelkette ganz im Norden Schottlands.
Die "Urstille"
Vielleicht wirken die Klanglandschaften sogar dann am besten, wenn man gar nichts hört. Schon Thomas Mann betont in seinem vor genau 100 Jahren erschienenen Roman "Zauberberg" die "übertiefe Stille" und die "Urstille", als sich der Held des Romans, Hans Castorp, im Schneetreiben über Davos verirrt. Dann schwingt etwas von einer größeren Dimension mit, wenn wir in den Bergen in diese Stille eintreten und sie, jenseits des Grundrauschens unserer Gegenwart, wirklich hören.
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