Weil über 37 Millionen Liter Schmieröl als Dieselkraftstoff verkauft worden sein sollen, haben Zollfahnder im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hof Wohn- und Geschäftsräume sowie Tankstellen in ganz Deutschland durchsucht.
Steuerschaden wird auf 18 Millionen Euro geschätzt
Wie die Staatsanwaltschaft mitgeteilt hat, wird der Schaden im Bereich der Energiesteuer – durch das zu Diesel umdeklarierte, steuerfreie Öl – auf rund 18 Millionen Euro geschätzt. Darüber hinaus gehen die Behörden auch von rund 3,6 Millionen Euro Schaden durch Hinterziehung der Umsatzsteuer aus.
Sechs Personen wurden festgenommen, die im Verdacht stehen, das Öl aus Osteuropa an ein in Oberfranken ansässiges Unternehmen geliefert zu haben. Der oberfränkische Unternehmer wird zudem verdächtigt, den Kraftstoff über firmeneigene Tankstellen im Landkreis Hof und im sächsischen Vogtlandkreis an Kunden verkauft zu haben. Auch gegen ihn hat das Amtsgericht Hof Haftbefehl erlassen. Ihn erwartet ein Verfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen und gewerbsmäßiger Steuerhehlerei.
Zapfsäulen an sieben Tankstellen im Raum Hof gesperrt
Die Ermittler gehen davon aus, dass mindestens seit Anfang 2023 nahezu jeden Werktag bis zu 16 Tanklastwagen mit je etwa 30.000 Litern des falschen Diesels das Unternehmen verlassen haben könnten. Geliefert worden sei das Öl überwiegend in den Raum Berlin, aber auch nach Hamburg, Amberg und Falkensee im Landkreis Havelland.
"Wir haben im Rahmen der Ermittlungen festgestellt, dass dieses oberfränkische Unternehmen täglich beliefert wird von Fahrzeugen, die dieses Schmieröl in unseren Landkreis bringen", so der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Hof, Oberstaatsanwalt Andreas Cantzler. Bei den Durchsuchungsaktionen seien demnach rund 15 Fahrzeuge festgestellt worden, die den Auftrag hatten, Schmieröl an das Unternehmen in Oberfranken zu liefern. Die Fahrzeuge wurden dann auf der Fahrt gestoppt, so Cantzler. "Die Fahrer wurden als Beschuldigte vernommen."
Als Konsequenz wurden an sieben Tankstellen im Kreis Hof und im Vogtlandkreis bis auf Weiteres Dieselzapfsäulen gesperrt. Auf dem Firmengelände wurde der Inhalt der Lagertanks durch Verplombung gesichert.
Beweise auf der Bordtoilette im Flugzeug entsorgt?
Am vergangenen Donnerstag durchsuchten 230 Zollfahnderinnen und -fahnder bundesweit an 32 Standorten Wohn- und Geschäftsräume. Der Tipp einer Konkurrenzfirma hat die Ermittlungen gegen die mutmaßlichen Dieselbetrüger ins Rollen gebracht. Bei den Durchsuchungen stellten die Fahnder zahlreiche mögliche Beweismittel sicher und stießen auch auf 12.500 Euro Falschgeld. Zur Sicherung des möglichen Steuerschadens wurden zudem zahlreiche Fahrzeuge beschlagnahmt, darunter Tanklastwagen und Autos.
Nach Schilderung von Zoll und Staatsanwaltschaft kam es bei der Aktion auch zu einem filmreifen Vorfall: Einer der Verdächtigen sei gerade im Flugzeug gewesen, als er von der Razzia erfahren habe. Er soll dann versucht haben, schriftliche Aufzeichnungen des Betrugs verschwinden zu lassen – und zwar über die Bordtoilette, den Mülleimer der Bordküche und in den Taschen der umliegenden Sitze. Nach der Landung in Frankfurt am Main hätten Kräfte der Zollfahndung die entsprechenden Bereiche abgesucht und den Mülleimer gesichert.
Analyse des Kraftstoffs dauert an
Laut der Staatsanwaltschaft Hof dauert die Analyse des sichergestellten Kraftstoffs noch an. Ob es sich um reines Schmieröl handelt, oder möglicherweise noch sogenannte Additive beigemischt wurden, lasse sich deshalb noch nicht sagen. Im Gegensatz zu in Deutschland verkauften Ölen, war das aus Osteuropa eingeführte Öl nicht eingefärbt. Deshalb lasse sich der Unterschied nicht auf den ersten Blick erkennen.
💬 BR24-User "Peter01" fragt in den Kommentaren: "Wie läuft ein normaler Dieselmotor mit Schmieröl?". Das Team von "Dein Argument" hat in Zusammenarbeit mit dem Regionalstudio ergänzt:
Weil aktuell noch unbekannt ist, wie genau sich die Flüssigkeit zusammensetzt, können auch ihre Auswirkungen auf Motoren und Fahrzeugteile nicht abgeschätzt werden. Michael Hientz ist Mobilitätsexperte beim ADAC Nordbayern und verwies im Gespräch mit BR24 auf die ausstehenden Ergebnisse. Grundsätzlich habe Diesel "schmierende Eigenschaften". Wie "dieselähnlich" das illegal verkaufte Schmieröl war, müsse jedoch die Analyse zeigen.
Vor allem in modernen Fahrzeugen würden Kraftstoffe beim Verbrennen relativ genau analysiert: "Das hängt aber alles vom Fahrzeug ab, wie genau das stattfindet", so Hientz. "Wenn es ähnlich oder genau gleich wie Diesel ist, dann wird das Fahrzeug vielleicht auch gar nichts merken." Bei Warnmeldungen oder verändertem Motorlauf sollte man stehenbleiben, rät er Autofahrern. Denkbar sei jedoch alles: vom kurzfristigen Ausfall des Fahrzeugs bis zum schleichenden Langzeitschaden. 💬
Mit Information von dpa.
Im Video: Schmieröl als Diesel verkauft
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