- Es ist typisch für Wahlen: Immer wenn der Wahltag näher rückt, tauchen Falschbehauptungen und Gerüchte zum Wahlvorgang auf.
- In den Gerüchten geht es zum Beispiel um die Versiegelung von Wahlurnen, die Briefwahl oder um Wahlhelfer. Das Ziel: das Wahlergebnis infrage stellen.
- Wer sich vorher schon mit solchen Behauptungen auseinandersetzt, kann ihnen besser begegnen.
Am 9. Juni 2024 findet in Deutschland die Europawahl statt. Deutschland wählt an diesem Tag 96 der insgesamt 720 Abgeordneten im Europaparlament.
Es ist bereits das zehnte Mal, dass in der Europäischen Union gewählt wird. Doch dieses Mal gibt es eine Besonderheit: In Deutschland dürfen erstmals 16-Jährige bei der Europawahl wählen. Nicht nur deshalb ist die Sorge vor Falschbehauptungen und Desinformation zur Europawahl groß.
Es ist davon auszugehen, dass bei der Europawahl – wie auch bei anderen Wahlen – zahlreiche falsche und unbelegte Informationen gestreut werden. Sie sollen verunsichern, Zweifel am Wahlprozess schüren und letztlich das Vertrauen in die freie, gleiche und geheime Wahl schwächen.
Der #Faktenfuchs ordnet fünf Gerüchte ein, die Ihnen rund um den Wahltag begegnen könnten – weil sie auch bisher sehr häufig kursierten.
- Ausführliche Hintergründe zu den verschiedenen Gerüchten finden Sie in diesem #Faktenfuchs-Artikel.
Gerücht #1: "Wahlhelfer lassen Stimmen verschwinden"
Ein beliebtes Ziel von Falschbehauptungen: die Wahlhelfer. Ihnen wird vorgeworfen, Stimmen verschwinden zu lassen und so das Wahlergebnis zu manipulieren. Allerdings gibt es Regeln für den Wahlvorgang, die eine solche Manipulation extrem unwahrscheinlich machen.
- Wahlen in Deutschland sind öffentlich. Bis zum vorläufigen Ergebnis kann sich jede und jeder im Wahlraum aufhalten und die Auszählung beobachten.
- Auszählungen laufen immer mindestens nach dem Vier-Augen-Prinzip. Der bayerische Landeswahlleiter Thomas Gößl, der auch für den Ablauf der Europawahl in Bayern zuständig ist, sagte dem #Faktenfuchs dazu: "Alle Beschlüsse – zum Beispiel über die Gültigkeit oder Ungültigkeit von Stimmen – werden immer vom gesamten Wahlvorstand gefasst."
- Wahlhelfer müssen unparteiisch sein. Landeswahlleiter Gößl erklärt, wie Wahlhelfer ausgewählt werden. Es gelte "das klassische Prinzip, dass die Gemeinden einen ganzen Stamm von erfahrenen Ehrenamtlern haben, sodass sie auf wirklich bewährte Kräfte zurückgreifen können". Diese Auswahl werde unterstützt durch Parteien und Wählergruppen, die in den Gemeinderäten oder in den Stadträten vertreten sind. Viele der Wahlhelfer stammten außerdem aus dem öffentlichen Dienst, sagt Gößl.
- Wahlen zu manipulieren, ist strafbar. Bei Nachzählungen können Unstimmigkeiten auffallen und es gibt noch weitere Sicherungsmechanismen. Gibt es einen Verdacht, ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Gerücht #2: "Die Briefwahl ist nicht sicher"
Ein weiterer Dauerbrenner sind Gerüchte rund um die Briefwahl. Es wird fälschlicherweise behauptet, Briefwähler könnten doppelt wählen oder Briefwahlstimmen für bestimmte Parteien würden entsorgt. Doch auch hier gibt es Mechanismen, die Missbrauch bei der Briefwahl ausschließen sollen und sie sicher machen.
- Eine Versicherung an Eides statt. Briefwähler müssen auf dem Wahlschein an Eides statt versichern, dass sie den Stimmzettel persönlich ausgefüllt haben. "Die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt ist strafbar", heißt es auf der Webseite der Bundeswahlleiterin. Strafbar ist auch, für andere Personen den Stimmzettel auszufüllen – es sei denn, das geschieht auf Wunsch des Wählers, wenn dieser körperlich nicht dazu in der Lage ist.
- Der Wahlschein. Wer Briefwahl beantragt, bekommt einen Wahlschein – und kann dann nicht noch einmal an der Urne wählen. "Der Wahlschein sorgt dafür, dass Sie im Wählerverzeichnis einen Sperrvermerk kriegen, sodass Sie nicht Briefwahl und Urnenwahl machen können", sagt Landeswahlleiter Gößl. Wer zwar die Briefwahl beantragt hat, aber trotzdem zur Urnenwahl gehen möchte, muss den Wahlschein mitbringen.
- Umschläge werden erst am Wahlabend geöffnet. Auch der Sorge, dass Briefwahlstimmen für bestimmte Parteien massenhaft entsorgt würden, lässt sich ein Argument entgegenhalten: Denn die Stimmzettel werden erst am Wahlabend aus den Briefumschlägen genommen – in Anwesenheit der Wahlhelfer und Wahlbeobachter. Davor ist nicht erkennbar, bei welcher Partei das Kreuz gemacht wurde.
- Das Wählerverzeichnis. Im Wählerverzeichnis ist außerdem festgehalten, wer überhaupt wählen kann. Landeswahlleiter Gößl sagt dazu: "Es wird im Wahllokal ja tatsächlich abgehakt, wenn Sie Ihre Stimme abgeben, und die Briefwähler werden ebenfalls im Wählerverzeichnis gekennzeichnet." So wisse man genau, wie viele Personen gewählt haben und wie viele Stimmen da seien. "Und wenn da Auffälligkeiten sind, wird nachgezählt."
Weitere Informationen zur Sicherheit der Briefwahl finden Sie in diesem #Faktenfuchs-Video.
Gerücht #3: "Die Wahl ist ungültig, weil die Urne nicht versiegelt ist"
An Wahltagen kommt es auch immer wieder vor, dass Bilder von Urnen verbreitet werden, die nicht verplombt oder versiegelt sind. Das passierte zum Beispiel während der Europawahl 2019. Unversiegelte Urnen erstaunen einige Menschen – die Bilder können Verunsicherung auslösen.
Doch auch hier: Wegen der öffentlichen Wahl sind unversiegelte Urnen kein Grund zur Sorge. Wie Wahlurnen gesichert sein müssen, steht in der Europawahlordnung. In Paragraf 44 heißt es dort lediglich, dass Wahlurnen verschließbar sein müssen. Ein Siegel oder eine Verplombung wird nicht verlangt.
Gerücht #4: "Die obere Ecke des Stimmzettels ist manipuliert"
Blinde oder sehbehinderte Menschen können ihre Stimme mithilfe von Stimmzettelschablonen eigenständig abgeben. Diese Schablonen werden bei der Europawahl seit 2004 angeboten, heißt es auf der Webseite der Bundeswahlleiterin.
Dort steht auch, dass alle Stimmzettel zur Orientierung an der oberen rechten Ecke gelocht oder abgeschnitten sind. Das ist also kein Hinweis auf Manipulation oder dafür, dass Stimmzettel ungültig sind, anders, als manchmal behauptet wird.
Gerücht #5: "In der Wahlkabine liegen Bleistifte aus, damit Stimmen manipuliert werden können"
Es ist nicht genau vorgeschrieben, welche Stifte Wähler in der Wahlkabine verwenden sollen. In Paragraf 43 der Europawahlordnung heißt es lediglich: "In der Wahlkabine soll ein Schreibstift bereitliegen." Außerdem können Wählende ihr Kreuz mit eigenen Stiften machen – auch dann sind Bleistifte möglich.
Dass Bleistifte erlaubt sind, wirft die Frage auf, ob Stimmen manipuliert werden könnten. Dagegen spricht aber die Öffentlichkeit der Wahl. Die Manipulation müsste dann – in der Theorie – am bereits gesetzten Wahlkreuz unter den Augen der Wahlhelfer und anwesenden Bürgerinnen und Bürger geschehen. Außerdem: Stimmen fälschen ist eine Straftat.
Wahlmanipulation wäre aufwändig und unwahrscheinlich
Auch wenn der Vorwurf der Wahlmanipulation immer wieder aufkommt, hält die Autorin und Expertin für Desinformation Karolin Schwarz die Gefahr für gering. Sie sagt: Eine Manipulation, die das Wahlergebnis verfälscht, sei unwahrscheinlich.
"Es ist ein Riesenaufwand, Stimmen im großen Stil zu fälschen. Man bräuchte relativ viele Eingeweihte. Je mehr Eingeweihte es für eine kleine Verschwörung gibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Ganze auffliegt. Also ist es eine eher unwahrscheinliche Idee." Karolin Schwarz
Fazit
Zu Wahlen verbreiten sich immer wieder ähnliche Behauptungen. Sie sollen unter anderem Zweifel am Wahlvorgang säen. Doch in Deutschland gibt es per Gesetz vorgeschriebene Sicherheitsvorkehrungen, die Wahlbetrug oder -manipulation verhindern sollen. Deshalb ist eine Wahl immer öffentlich, es gilt das Prinzip der Unparteilichkeit und der gegenseitigen Kontrolle während der Wahl. Wahlmanipulationen sind strafbar. Sie in einem großen Ausmaß zu bewerkstelligen, wäre extrem schwierig und deswegen unwahrscheinlich.
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