Spitzenpolitiker der FDP und der Grünen haben Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mangelnde Führung in der Ukraine-Politik vorgeworfen. Scholz spreche von "Zeitenwende", aber setze diese nicht ausreichend um, sagte der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter am Donnerstag in der Sendung RTL Direkt. Es sei "deutlich mehr Führung" nötig.
Auch die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte von Scholz eine klare Haltung im Ukraine-Krieg. "Ich kann Ihnen nicht sagen, was möchte der Kanzler. Er lässt es laufen, er hofft, dass das Parlament das regelt für ihn. Und bei allem Respekt, das geht nicht", sagte sie dem Bayerischen Rundfunk in der Bayern 2-radioWelt.
Hofreiter befürchtet Imageschaden für Deutschland
Hofreiter warnte insbesondere vor einem Imageschaden für Deutschland: "Wir verlieren gerade massiv Ansehen bei all unseren Nachbarn." In Gesprächen mit anderen europäischen Parlamentariern werde aktuell überall die Frage gestellt: "Wo bleibt eigentlich Deutschland?", sagte Hofreiter. Dies sei "nicht nur ein Problem für die Menschen in der Ukraine", sondern auch "ein Problem für uns".
Erneut forderte Hofreiter, dass Deutschland schnellstmöglich schwere Waffen in die Ukraine liefern solle. "Es fällt mir überhaupt nicht leicht, schwere Waffen zu fordern, aber es ist so ein brutaler Vernichtungskrieg und ich sag' es ganz offen: Wir wollen jetzt maximalen Druck entfalten, damit sich die Politik der Bundesregierung ändert", sagte der Grünen-Politiker.
Strack-Zimmermann wünscht sich mehr Tatkraft
Die FDP-Poltikerin Strack-Zimmermann lobte Scholz zwar für seine Rede zur Zeitenwende nach der russischen Invasion, kritisierte aber seine Zurückhaltung. Die Ankündigung der 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr begeistere sie als Verteidigungspolitikerin zwar sehr: "Aber dann kam eben wenig." Eine Zeitenwende sei nicht nur nur eine Frage davon, mehr Geld in die Hand zu nehmen. "Sondern das muss vor allen Dingen in der Tatkraft geschehen, die dann kommt", so Strack-Zimmermann.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag sprach sich zudem für eine weitere Unterstützung der Ukraine aus. "Wir sollten angesichts der Tragödien, die sich in der Ukraine abspielen, uns nicht miteinander beschäftigen, sondern was wir alle tun können, um der Ukraine zu helfen, diesen Krieg zu beenden", sagte sie mit Blick auf die Missstimmung nach dem abgesagten Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die ukrainische Bitte um einen Besuch des Kanzlers statt des Bundespräsidenten sieht Strack-Zimmermann allerdings kritisch: Man sollte sich nicht diktieren lassen, wer in die Ukraine reist, betonte sie.
Gemeinsamer Besuch in der Westukraine
Hofreiter und Strack-Zimmermann waren am Dienstag gemeinsam mit dem SPD-Außenpolitiker Michael Roth in die Ukraine gereist. Im Westen des Landes besuchten die drei Ampel-Politiker unter anderem schwer verletzte ukrainische Soldaten im Krankenhaus und kamen mit Vertretern des ukrainischen Parlaments zusammen.
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