Einen Feiertag zu streichen, um die Milliarden für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz zu finanzieren – bis zu 8,6 Milliarden Euro könnte das einbringen. Seit Tagen wird in Deutschland über diesen Vorschlag von Ökonomen diskutiert. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lehnte den Vorschlag jüngst ab. Nun sprechen sich auch die evangelische und katholische Kirche dagegen aus.
Vorschlag "nicht nachvollziehbar"
Der Kulturbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann-Hinrich Claussen, sagte auf BR-Anfrage, es möge sinnvoll sein, mit neuen Schulden Investitionen zu tätigen. Es sei "aber nicht nachvollziehbar, warum diese ausgerechnet durch die Streichung eines Feiertages gegenfinanziert werden" sollte.
Der bayerische evangelische Landesbischof Christian Kopp lehnt das ebenfalls ab: "Die christlichen Feiertage sind Ruhetage für die ganze Gesellschaft. Und dringend notwendig für Gesundheit und den guten Rhythmus des Lebens. Feiertage sind Tage für Familie, Freunde und Erholung." Viele von ihnen seien außerdem Zeichen für die christliche Prägung des Landes.
Dauerhafter Schaden für Kultur
Darauf verweist auch die katholische Kirche. Ein Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz teilte mit, es sei fraglich, ob eine solche Maßnahme in dem gewünschten Ausmaß und vor allem nachhaltig zur Stabilisierung der Staatsfinanzen beitrage. Der religiöse und kulturelle Verlust wäre aber dauerhaft, dies habe auch die Abschaffung des Buß- und Bettags gezeigt.
Vor 30 Jahren wurde der Buß- und Bettag mit Ausnahme von Sachsen bundesweit als gesetzlicher Feiertag abgeschafft, um die damals neu eingeführte Pflegeversicherung mitzufinanzieren.
So reagieren die Menschen in Bayern
Bei einer nicht-repräsentativen Umfrage des BR in München sind die Leute gespalten. "Das kann man sich tatsächlich überlegen. Ein bisschen Produktionssteigerung ist ja gut", sagt ein Mann. Ein anderer mahnt: "Feiertage sind ja dafür da, dass man sich an etwas erinnert."
Wenn man tatsächlich einen Feiertag streichen würde – bliebe die Frage: Welchen? "Weihnachten nicht, aber vielleicht den zweiten Weihnachtsfeiertag, so wie in der Schweiz. Die haben ja nur einen", sagt eine Frau. Ein Mann ergänzt: "Auch Ostern finde ich schwierig, weil Ostereiersuchen mit den Kindern war immer eine wunderschöne Sache. Pfingsten ist nice to have, da kann ich aber drauf verzichten."
Ökonomen schlugen Feiertags-Streichung vor
Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts, schlug Anfang März in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor, Arbeitszeiten zu erhöhen – etwa durch die Streichung eines Feiertags. Die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, unterstützte diese Idee im Spiegel und bezeichnete sie als richtiges Symbol. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) errechnete, dass ein zusätzlicher Arbeitstag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis zu 8,6 Milliarden Euro steigern könnte.
Der DGB Bayern bezog Stellung zu dem Vorschlag: "Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland leisten bereits enorm viel", sagte der bayerische DGB-Chef Bernhard Stiedl. Jetzt zu verlangen, noch mehr zu arbeiten, sei inakzeptabel.
Bayern hat die meisten Feiertage
In Bayern gibt es 13 Feiertage – mehr als in jedem anderen Bundesland. In Augsburg gibt es mit dem Friedensfest sogar noch einen mehr: Nur dort haben die Menschen auch am 8. August arbeitsfrei.
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