16.09.24: Beamte der Bundespolizei kontrollieren Fahrzeuge an der deutsch-dänischen Grenze.
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"Flexible" Grenzkontrollen jetzt an allen deutschen Landgrenzen

"Flexible" Grenzkontrollen jetzt an allen deutschen Landgrenzen

Ab sofort kontrolliert die Bundespolizei an allen deutschen Landgrenzen. Allerdings nicht flächendeckend, betont das Bundesinnenministerium. Wo zusätzlich kontrolliert wird, die Gründe für die Extra-Kontrollen und die Reaktionen – ein Überblick.

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Seit den frühen Morgenstunden gibt es wieder an allen deutschen Landgrenzen Grenzkontrollen – also auch im Norden und Westen Deutschlands. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums betonte, die Kontrollen fänden "flexibel statt und je nach aktueller Lage und Sicherheitsanforderungen". Es gebe dabei keine flächendeckenden Kontrollen und erst recht keine geschlossenen Grenzen. "Es steht nicht an jedem Grenzübergang ein Bundespolizist und hält den kompletten Verkehr an."

"Wir wollen die irreguläre Migration weiter zurückdrängen, Schleuser stoppen, Kriminellen das Handwerk legen und Islamisten frühzeitig erkennen und aufhalten", erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie dankte den Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei.

Österreich und Tschechien: Schon länger Kontrollen in Bayern

Dass künftig an allen deutschen Landgrenzen Kontrollen durchgeführt werden, hatte Faeser vor einer Woche angekündigt. An den bayerischen Grenzübergängen ändert sich dadurch nichts – an den Grenzen zu Österreich und Tschechien gibt es bereits seit längerer Zeit Kontrollen. Neu sind die Grenzkontrollen an den deutschen Grenzen zu Belgien, Dänemark, Frankreich, Niederlande und Luxemburg. Die Extra-Kontrollen sind bis Mitte März 2025 geplant, können aber verlängert werden.

Ziel der Kontrollen ist es, unerlaubte Grenzübertritte möglichst zu verhindern. Die Maßnahme gilt als Teil einer verschärften Migrationspolitik der Ampel-Bundesregierung nach dem Terroranschlag von Solingen. Gleichzeitig sollen Pendler, Anwohner und Unternehmen nicht unter den Kontrollen leide. Es sei wichtig, "dass dabei der Reise- und Pendlerverkehr, Wirtschaft und Handel so wenig wie möglich beeinträchtigt werden", sagte die Sprecherin des Bundesinnenministeriums.

Dobrindt: "Kontrollen alleine reichen nicht aus"

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte der "Bild"-Zeitung: "Kontrollen alleine reichen nicht aus." Wer jetzt keinen Zurückweisungen an den Grenzen zustimme, "der akzeptiert den grenzenlosen Zustrom nach Deutschland". Die bayerische Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern gibt sich ebenfalls nicht zufrieden mit der Verstärkung der Kontrollen an den deutschen Grenzen.

Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei lobte die neue Maßnahme in den Sendern RTL und ntv. Frei sagte aber auch, diese werde "allein nicht den Durchbruch bringen". Vielmehr müssten auch umfassend Menschen zurückgewiesen werden.

Gemeinsame Gespräche von Union und Regierung über die Migrationspolitik waren in der vergangenen Woche gescheitert. CDU-Chef Friedrich Merz hatte dabei umfassende Zurückweisungen an der Grenze gefordert – auch von Asylbewerbern. Die Regierung hat rechtliche Bedenken.

Wissler: Grenzkontrollen "schaffen nur neue Probleme"

Die Linke-Vorsitzende Janine Wissler kritisierte die Bundesregierung wegen der ausgeweiteten Grenzkontrollen und der Migrationspolitik. "Grenzkontrollen lösen kein einziges Problem, sie schaffen nur neue", sagte Wissler. Die Maßnahmen würden zu "gigantischen Staus" führen. Zudem sei absehbar, dass vor allem Menschen von den Kontrollen betroffen seien, deren Äußeres als möglicherweise nicht deutsch gewertet werde.

Wissler geht davon aus, dass die Maßnahme eine "europäische Kettenreaktion" auslösen wird. Bald könnten "überall die Schlagbäume wieder runtergehen" und zehntausende Geflüchtete könnten in Ländern wie Italien oder Griechenland stranden.

Leichte Zweifel gibt es auch bei den Grünen, die als Teil der Ampel-Regierung die Maßnahme mittragen. Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang warnte vor zu langen Grenzkontrollen. Solche Maßnahmen müssten immer verhältnismäßig sein und hier gebe es große Bedenken, sagte Lang. Die Polizei habe dafür zu wenig Personal. Die Wirtschaft äußere zudem Sorgen wegen steigender Kosten in den Lieferketten. "Deshalb kann das auf gar keinen Fall ein Dauerzustand sein."

Große Irritationen etwa in Polen

Europaweit hatte die Ankündigung der Bundesregierung, die Grenzkontrollen deutlich auszuweiten, für unterschiedliche Reaktionen gesorgt. Ungarn und Italien fühlen sich in ihrer harten Migrationspolitik bestätigt. Andere Staaten kritisieren das deutsche Vorgehen scharf, etwa Polen und Griechenland. Gegen irreguläre Migration seien nicht Kontrollen an den EU-Binnengrenzen nötig, sondern ein besserer Schutz von Europas Außengrenzen, sagte Polens Regierungschef Donald Tusk. 

Mit Informationen von AFP und Reuters

Im Video: Andreas Roßkopf, GdP, zu den neuen Grenzkontrollen

Andreas Roßkopf, GdP, zu den neuen Grenzkontrollen
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Andreas Roßkopf, GdP, zu den neuen Grenzkontrollen

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