Der tödliche Absturz eines aserbaidschanischen Passagierflugzeugs über Kasachstan mit über drei Dutzend Toten ist wahrscheinlich auf äußere Gewalteinwirkung zurückzuführen. Vorläufige Ergebnisse hätten gezeigt, dass die Maschine "externen physischen und technischen Störungen" ausgesetzt war, teilte der Betreiber der Unglücksmaschine, die Fluglinie Azerbaijan Airlines, am Freitag mit.
Aserbaidschan: Behörden halten Abschuss für wahrscheinlich
Während Medienberichten zufolge die Behörden in Aserbaidschan davon ausgehen, dass die Maschine von einer russischen Boden-Luft-Rakete getroffen wurde, verwies Russland auf ukrainische Drohnenangriffe auf die Stadt Grosny, wo die Maschine eigentlich hätte landen sollen.
Am Mittwoch war das Passagierflugzeug vom Typ Embraer 190 auf dem Flug von Baku nach Grosny in der Nähe der kasachischen Stadt Aktau abgestürzt. Dabei starben 38 Menschen, zahlreiche andere überlebten. Das Flugzeug war über ein Gebiet im Süden in Russlands geflogen, in dem das Militär bei der Abwehr ukrainischer Drohnenangriffe aktiv ist. Grosny war in der Vergangenheit Ziel ukrainischer Luftschläge.
Experte: "Unabsichtlicher Treffer, kein gezielter Abschuss"
Der Nachrichtenagentur Reuters liegen zudem Bericht von Personen vor, die mit den Ergebnissen der aserbaidschanischen Untersuchung vertraut sind, wonach die russische Luftabwehr das Flugzeug irrtümlich abgeschossen habe. Auch ein US-Regierungsvertreter bezeichnete dies als wahrscheinlich. Militär- und Luftfahrtexperten wiesen auf offensichtliche Einschlaglöcher durch Splitter an dem Flugzeugwrack hin. Ein österreichischer Experte für den Ukraine-Krieg, Markus Reisner, sagte dem ORF außerdem, dass die vorliegenden Bilder und Daten für einen Abschuss durch die Flugabwehr sprächen. Offensichtlich hätten Geschosse in Form würfelförmiger Schrapnelle das Flugzeug durchlöchert, sagte der Oberst des österreichischen Bundesheers im ORF-Radio.
Es habe sich wohl nicht um einen direkten Treffer, sondern um einen Nahtreffer gehandelt, sagte Reisner. Dabei wird nicht das Ziel selbst getroffen, sondern das Geschoss explodiert in nächster Umgebung. Reisner ging von einem unabsichtlichen Treffer aus, keinem gezielten Abschuss.
Russland sperrt Luftraum
Aus dem Kreml hieß es am Freitag, Moskau wolle sich vorerst nicht zu dem Absturz äußern. Zunächst müssten die Ergebnisse der offiziellen Untersuchungen abgewartet werden, sagte Sprecher Dmitri Peskow. Geleitet werden diese Untersuchungen von der russischen Luftfahrtbehörde Rosawiazija. "Die Situation an diesem Tag und während dieser Stunden im Bereich des Flughafens von Grosny war sehr kompliziert", sagte deren Chef Dmitri Jadrow laut dpa. "Ukrainische Kampfdrohnen führten zu diesem Zeitpunkt terroristische Angriffe auf die zivile Infrastruktur in den Gebieten Grosny und Wladikawkas." Jadrow äußerte sich nicht dazu, ob die Maschine womöglich durch eine ukrainische Drohne oder den Einsatz einer russischen Flugabwehrrakete beschädigt wurde und dann abstürzte.
Als Folge des Unglücks sperrte Russland den Luftraum im Süden des Landes. Eine Maschine der Azerbaijan Airlines auf dem Weg in die südrussische Stadt Mineralnie sei daher am Freitag nach Baku zurückgekehrt, berichtete eine russische Nachrichtenagentur.
Airlines streichen Flüge nach Russland
Zudem hat Azerbaijan Airlines Flüge in zehn russische Städte eingestellt. Von diesem Samstag an werde es keine Flüge mehr von Baku nach Sotschi, Wolgograd, Ufa, Samara, Mineralnye Wody, Grosny, Machatschkala, Wladikawkas, Nischni Nowgorod und Saratow geben, teilte die Fluggesellschaft Azerbaijan Airlines mit. Die Fluglinie Flydubai teilte am Freitag mit, Flüge aus Dubai zu zwei Destinationen im Süden Russlands seien als Konsequenz aus dem Absturz gestrichen worden.
Aus dem Präsidialamt in Aserbaidschans Hauptstadt Baku kommt indes eine bislang nur inoffiziell kommunizierte Forderung an Russland: "Aserbaidschan verlangt eine Anerkennung der Tatsache, eine Entschuldigung und die Zahlung entsprechender Entschädigung", sagte ein Sprecher am Freitag.
Im Video: Kasachstan nach dem Flugzeugabsturz
Mit Informationen von dpa, AFP und Reuters
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