Die Regierung Aserbaidschans führt nach Medienberichten den Absturz des beschädigten aserbaidschanischen Flugzeugs in Kasachstan auf Beschuss durch eine Flugabwehrrakete über Russland zurück. Die türkische Nachrichtenagentur "Anadolu" meldete, das sei ihr durch ranghohe Staatsvertreter in Aserbaidschan bestätigt worden. Es wurden keine Namen genannt.
In Aserbaidschans Hauptstadt Baku berief sich das Internetportal "caliber.Az" ebenfalls auf nicht genannte Regierungsquellen. Demnach sei das Flugzeug am Mittwoch beim Anflug auf Grosny von einer Flugabwehrrakete des Typs "Panzir S" getroffen worden. In mehreren Regionen des russischen Nordkaukasus seien um diese Zeit ukrainische Drohnen in der Luft bekämpft worden.
Absturz bei Landeversuch – bisher 38 Tote
Das Flugzeug vom Typ "Embraer 190" der aserbaidschanischen Fluggesellschaft Azerbaijan Airlines war auf dem Weg von Baku nach Grosny, in die Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus. Der Internet-Flugzeugtracker "Flightradar24" analysierte, dass die Maschine die letzten 74 Minuten nur beschränkt steuerbar über das Kaspische Meer geflogen sei.
Nach Angaben von caliber.Az hatten die Piloten um eine Notlandung gebeten – in den nächstgelegenen russischen Flughäfen Mineralnyje Wody oder Machatschkala. Eine solche Notlandung sei nicht genehmigt worden, sodass die Crew das beschädigte Flugzeug über das Kaspische Meer hinweg nach Aqtau in Kasachstan gesteuert habe.
Bei einem Landeversuch stürzte die Maschine dort ab. 38 Menschen an Bord starben, es gibt 29 Überlebende, die jedoch teils schwer verletzt wurden. Fotos des Heckteils der Maschine zeigen Schäden, die den Einschlaglöchern von Schrapnellen aus Flugabwehrwaffen ähneln. Die zwei Flugschreiber der Embraer wurden nach kasachischen Angaben gefunden.
Experte: "Einwirkung von außen"
Unklar blieb zunächst, warum die Maschine Hunderte Kilometer vom Kurs abwich. Angeblich wegen schlechten Wetters nahm das Flugzeug Kurs Richtung Kasachstan über das Kaspische Meer. Azerbaijan Airlines führte den mutmaßlichen Schaden in ersten Äußerungen auf die mögliche Kollision mit einem Vogelschwarm zurück.
Der Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt hält dagegen Nebel oder einen Vogelschwarm als Absturzursache für unwahrscheinlich. "Das realistische Szenario ist eine Einwirkung von außen", sagte Großbongardt der "Tagesschau". "Das Flugzeug war extrem schwer beschädigt, nicht steuerbar. Das ist nichts, was zum Beispiel durch einen Vogelschwarm erzeugt wird, da fallen die Triebwerke aus, aber das Flugzeug bleibt steuerbar."
Mädchen mit deutscher Staatsangehörigkeit an Bord?
Unter den 67 Menschen an Bord waren fünf Besatzungsmitglieder, von denen nach jüngsten Angaben drei ums Leben kamen. Die kasachische Agentur "Tengrinews" hat bereits eine Passagierliste veröffentlicht, auf der auch die Staatsangehörigkeit fast aller Insassen aufgeführt wird.
Bei einer Frau fehlten alle Angaben zur Person, ein elfjähriges Mädchen wurde mit deutscher Staatsangehörigkeit aufgelistet. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es: "Wir gehen den Berichten mit Hochdruck nach." In Aserbaidschan gilt wegen des Unglücks an diesem Donnerstag ein landesweiter Trauertag.
Kreml-Sprecher Peskow: "Zurzeit läuft eine Untersuchung"
Zuvor hatte Russland vor Spekulationen zu einem möglichen Abschuss der Maschine gewarnt. "Zurzeit läuft eine Untersuchung, jeder Vorfall in der Luftfahrt muss von spezialisierten Luftfahrtbehörden untersucht werden", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur "Tass" zufolge. "Es wäre falsch, eine Hypothese aufzustellen, bevor die Schlussfolgerungen der Untersuchung vorliegen."
"Alle Informationen werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht", betonte auch der Vorsitzende des kasachischen Senats, Maulen Aschimbajew. "Keines dieser Länder – weder Aserbaidschan, Russland noch Kasachstan – ist daran interessiert, Informationen zu verbergen."
Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP
Zum Video: Trauertag in Aserbaidschan nach Flugzeugabsturz
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