Eigentlich hatte nach der Veröffentlichung von OpenAIs "o1" vor drei Monaten niemand mit einem schnellen Nachfolger gerechnet. Doch o3 - der Name o2 wurde aus markenrechtlichen Gründen übersprungen – bringt eine entscheidende Neuerung: Das System investiert deutlich mehr Rechenleistung in die Analyse seiner Antworten, bevor es diese ausgibt. Noch ist das Modell noch nicht öffentlich verfügbar. Es soll erst Ende Januar erscheinen - doch kurz vor Weihnachten verkündete OpenAI bereits, wie das neue Modell in internen Tests abgeschnitten hat. Und die Ergebnisse beeindrucken die Fachwelt.
Von 5 auf 88 Prozent: Ein historischer Sprung
Besonders deutlich wird der Fortschritt am "ARC-AGI Challenge"-Test, einem etablierten Benchmark für künstliche Intelligenz. Während es vier Jahre dauerte, bis KI-Systeme überhaupt fünf Prozent der Aufgaben lösen konnten, schafft o3 nun 88 Prozent. François Chollet, der Entwickler des Tests und bekannter KI-Kritiker, zeigt sich überrascht: Mit einem derartigen Sprung haben weder er noch andere Experten gerechnet. Auch in anderen Tests, etwa bei komplexen mathematischen Aufgaben, verbessert o3 die bisherigen Ergebnisse dramatisch.
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Die Kostenfrage als Achillesferse
Der technologische Durchbruch hat jedoch seinen Preis: Eine Anfrage an o3 kostet schätzungsweise 1.000 Dollar – Kosten, die durch den enormen Rechenaufwand entstehen. Von diesen Kosten geht zumindest KI-Experte Chollet aus – denn so teuer war die Rechenleistung, die das Modell für die Bearbeitung des ARC-AGI-Tests geschluckt hat. OpenAI selbst hat noch keinen offiziellen Preis für das Modell bekannt gegeben. Dennoch stellt sich die Frage, ob derartige Systeme in absehbarer Zeit für die breite Öffentlichkeit finanziell zugänglich sein werden, oder ob hochentwickelte KI ein Privileg finanzstarker Unternehmen und Institutionen bleibt.
Kampf um die Video-KI-Krone
Parallel zum Wettrennen bei den Sprachmodellen tobt ein nicht minder spannender Kampf im Bereich der KI-generierten Videos. Während OpenAIs "Sora" noch mit springenden Tomaten und inkonsistenten Bewegungen kämpft, zeigt Googles Veo 2 bereits beeindruckend realistische Sequenzen. Das neue Modell erzeugt Videosequenzen von bisher unerreichter Qualität und Konsistenz – und übertrifft damit OpenAIs kürzlich vorgestelltes Modell "Sora" deutlich. Auch kleinere Anbieter wie Pika mit ihrer Version 2.0 mischen mit innovativen Funktionen mit – und machen die generierten Videos teilweise sogar kostenlos zugänglich.
Ist der Jahresendspurt ein Vorzeichen für 2025?
Aber auch beim Thema Reasoning will Google mit OpenAI mithalten. Das neue "Thinking"-Modell des Tech-Giganten aus Mountain View folgt einem ähnlichen Ansatz wie o3, wenn auch mit etwas bescheideneren Ergebnissen. Dennoch bedeutet die schnelle Reaktion von Google, dass der Wettlauf um die beste KI in eine neue Phase eintritt – eine, in der nicht mehr nur das Training der Modelle entscheidend ist, sondern vor allem die zur Verfügung stehende Rechenleistung.
Der unerwartete Jahresendspurt der KI-Unternehmen deutet darauf hin, dass der technologische Fortschritt möglicherweise schneller voranschreitet als gedacht. Eine Entwicklung, die das Jahr 2025 maßgeblich prägen dürfte.
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