Um ihre Ermittlungen zu in der Ukraine verübten Kriegsverbrechen besser zu koordinieren, haben die Justizminister der G7-Staaten die Einrichtung einer konkreten Kontaktstelle in jedem Staat vereinbart. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte nach dem Treffen der Minister in Berlin: "Wir waren uns alle einig, dass abscheulichste Kriegsverbrechen in der Ukraine stattfinden." Bei der verbesserten Zusammenarbeit gehe es vorrangig darum, Beweismaterial zu sichern und Doppelarbeit zu vermeiden.
Opfer sollen nicht mehrfach aussagen müssen
Opfer, die Zeugenaussagen machten, sollten zu sexualisierter Gewalt und anderen traumatisierenden Erlebnissen beispielsweise nicht mehrfach aussagen müssen. Die ukrainischen Strafverfolgungsbehörden selbst hätten bereits fast 50.000 Fälle von möglichen Kriegsverbrechen dokumentiert und etwa 600 Verdächtige ermittelt.
Zeugenaussagen auch bei deutscher Polizei
Aber auch in Deutschland werden jetzt schon Beweise gesammelt. Auf dem Hilfsportal der Bundesregierung "Germany4Ukraine" werden Flüchtlinge aufgefordert, sich für Zeugenaussagen zu Kriegsverbrechen an die nächstgelegene Polizeidienststelle zu wenden. Auf diesem Weg sind beim Bundeskriminalamt bereits zahlreiche Hinweise eingegangen. "Kriegsverbrechen dürfen nicht straflos bleiben, egal wo sie begangen werden, egal wer sie verübt", mahnte Buschmann.
Enge Zusammenarbeit mit Den Haag
Buschmann sagte, die Position der Bundesregierung sei es, so weit wie möglich mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu arbeiten. Es herrsche "große Einigkeit", dass auch die "russische Führungsebene" belangt werden müsse. Für nationale Ermittlungsbehörden gebe es allerdings Grenzen, etwa bei Staatsoberhäuptern.
Diese Grenzen gälten nicht für den Internationalen Strafgerichtshof. Er setze darauf, dass dort wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen die gesamte russische Führung ermittelt werde. Allerdings treibe es ihn um, dass der Internationale Strafgerichtshof nicht für das Verbrechen der Aggression zuständig sei. Sollte es Lücken geben, die mit einem Mechanismus mit Mehrwert geschlossen werden könnten, "werden wir das konstruktiv begleiten", sagte Buschmann. Darüber werde in der Europäischen Union beraten.
Angriffe auf Stromversorgung "verbrecherisch"
Buschmann verurteilte erneut das Vorgehen Russlands in der Ukraine scharf. Die Taktik, Menschen ohne Heizung und Strom einem Winter auszusetzen, in dem es bis zu minus 30 Grad kalt werden könne, sei "verbrecherisch", sagte er.
An dem Treffen der Minister nahmen den Angaben zufolge auch der EU-Kommissar für Justiz Didier Reynders, der ukrainische Justizminister Denis Maljuska, der ukrainische Generalstaatsanwalt Andriy Kostin sowie der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes Karim A. A. Khan teil.
Ukraine: Russland für Kriegsschäden zur Kasse bitten
Mit Blick auf das G7-Treffen hatte der ukrainische Justizminister Denys Maljuska die Forderung seines Landes bekräftigt, Russland für die Kriegsschäden zur Kasse zu bitten. "Russland muss Reparationen zahlen, wie wir es in vergangenen Kriegen in anderen Regionen gesehen haben", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Man gehe von einem Schaden von 150 Milliarden Dollar aus, "der den wirtschaftlichen Schaden nicht einschließt, und der die Kosten für die Verletzten und Kriegsopfer und ihre Familien nicht einschließt".
Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz der Gruppe von sieben führenden Industriestaaten inne. Mitte November hatten bereits die G7-Innenminister Russland "grausamste Verbrechen" vorgeworfen und über ein gemeinsames Vorgehen bei der Strafverfolgung beraten. Zur G7-Gruppe gehören neben Deutschland auch Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA.
Mit Informationen von dpa, KNA und AFP
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