Wirtschaftsminister Robert Habeck (Archivbild)
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"Habeck-Akten": Was der Atom-Untersuchungsausschuss klären soll

"Habeck-Akten": Was der Atom-Untersuchungsausschuss klären soll

Die Spitze der Unions-Bundestagsfraktion will einen U-Ausschuss zum Atomausstieg beantragen. Dabei soll vor allem die Rolle von Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) geklärt werden. Der Vorwurf: Die Entscheidung diente nicht der Energiesicherheit.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Bei den Grünen gibt man sich gelassen. Es sei "selbstverständlich das Recht der Opposition, einen solchen Untersuchungsausschuss einzurichten", sagt Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Sie nennt die Entscheidung aus dem Jahr 2022, die drei verbliebenen Atomkraftwerke nur dreieinhalb Monate länger am Netz zu lassen, "transparent" und "öffentlich nachvollziehbar". Die Regierung habe immer ergebnisoffen geprüft.

Genau das aber bezweifelt die Union. Der Fraktionsvorstand von CDU und CSU hatte der Bundestagsfraktion nahegelegt, die Hintergründe des Atomausstiegs 2022 der Bundesregierung im Rahmen eines Untersuchungsausschusses näher zu beleuchten. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt begründet das gegenüber BR24 wie folgt: "Es geht uns darum herauszufinden, ob Aktenmaterial im Ministerium verändert, manipuliert und verfälscht worden ist und wer daran teilhatte, um eine Öffentlichkeit falsch zu informieren." Daher wird der Bundestagsfraktion in einem Schreiben, das dem BR vorliegt, empfohlen, für einen Untersuchungsausschuss "Habeck-Akten" zu stimmen.

Unionsfraktionschefs empfehlen Untersuchungsausschuss "Habeck-Akten"

In dem Schreiben heißt es: "Die uns vorliegenden Informationen drängen die Schlussfolgerung auf, dass die Bundesregierung in einer entscheidenden Frage unserer nationalen Energiesicherheit nicht zum Wohle Deutschlands, sondern ausschließlich nach der Logik grüner Parteipolitik entschieden hat." Fachliche Erwägungen aus der Arbeitsebene des Ministeriums seien von den führenden politischen Beamten bewusst ignoriert und teilweise verfälscht worden. Angeforderte Unterlagen für die Aufklärung habe das Wirtschaftsministerium nur lückenhaft übersandt. Unionsfraktionsvize Jens Spahn legt wenig später noch nach. Die Begründungen für den Atomausstieg, wie Sorgen um die nukleare Sicherheit oder fehlende Brennstäbe, seien "alle widerlegt", sagte er im Deutschlandfunk. "Das war eine grüne Märchenwelt, scheibchenweise uns präsentiert, in der die Fakten verdreht wurden."

Im Ausschuss solle man sich dann "ein umfassendes und detailliertes Gesamtbild (...) von den Entscheidungsprozessen in der Bundesregierung zur Anpassung der Energieversorgung Deutschlands" verschaffen. Zudem solle untersucht werden, wie die getroffenen Entscheidungen zum Atomausstieg getroffen und wie Parlament und Öffentlichkeit informiert wurden. Unterstützung gibt es dafür von der FDP. Der energiepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Michael Kruse, ist der Meinung, dass "ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss […] die Transparenz bringen kann, die notwendig ist, damit Habeck verloren gegangenes Vertrauen wiederherstellen kann."

Union: Atomkraftwerke hätten weiterbetrieben werden können

Die Unionsspitze geht davon aus, dass die Atomkraftwerke noch länger hätten weiterbetrieben werden können als bis zum 15. April 2023, dreieinhalb Monate nach dem eigentlich schon lange geplanten Ausstieg zum Jahreswechsel. Argumente, die dafürgesprochen hätten, seien im Wirtschaftsministerium von der Spitze nicht beachtet worden. Die Bundesregierung hatte den Ausstieg damit begründet, dass trotz des möglichen Bedarfs aufgrund des Ukrainekriegs eine Fortsetzung der Atomstromproduktion nicht möglich sei.

Das Magazin "Cicero" hatte Akten aus Wirtschafts- und Umweltministerium veröffentlicht, die nach Darstellung des Mediums den Eindruck vermitteln können, dass Bewertungen der Fachebene der Ressorts so geändert wurden, dass ein längerer Weiterbetrieb der Reaktoren unmöglich erschien. Dem hatte Habeck allerdings widersprochen. Und auch heute heißt es vom Bundeswirtschaftsminister, er schaue dem Untersuchungsausschuss gelassen entgegen. Die Union möchte den Untersuchungsausschuss noch vor der Sommerpause einsetzen. Abgestimmt werden soll darüber in der kommenden Sitzungswoche.

Wie wahrscheinlich ist der Untersuchungsausschuss?

Für die Einsetzung des Ausschusses braucht es die Stimmen von mindestens einem Viertel der Abgeordneten. Bei 733 Abgeordneten bedeutet das, dass mindestens 184 Parlamentarier für ein solches Gremium stimmen müssen. Die Union verfügt über 195 Sitze im Bundestag.

Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass der Ausschuss kommt. Für die Union hätte das den Vorteil, Habeck und das Thema Atomausstieg immer wieder auf die Agenda heben zu können. Mindestens bis zur kommenden Bundestagswahl im September 2025.

Im Video:: Union will Untersuchungsausschuss zu Atomausstieg beantragen

Atomausstieg: Union will Untersuchungsausschuss beantragen
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Atomausstieg: Union will Untersuchungsausschuss beantragen

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