Delegierte geben hinter Wahlkabinen ihre Stimmen für den Listenplatz 1 für die Europawahl der AfD auf der Europawahlversammlung in der Messe Magdeburg ab (29.7.23)
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Carsten Koall

Die Aufstellung der AfD-Bewerber für das Europaparlament wird beim Verfassungsschutz genau beobachtet.

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Haldenwang: Starke verfassungsfeindliche Strömungen bei AfD

Bei der Europawahlversammlung der AfD in Magdeburg sind nach Einschätzung des Verfassungsschutzes teilweise "rechtsextremistische Verschwörungstheorien" verbreitet worden. Innerhalb der Partei gebe es "starke verfassungsfeindliche Strömungen".

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Die Aufstellung der AfD-Bewerber für die Wahl zum Europaparlament wird beim Verfassungsschutz genau beobachtet. Vertreter des ehemaligen gemäßigteren Lagers hätten dabei am vergangenen Wochenende so gut wie keine Rolle mehr gespielt, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, der Nachrichtenagentur dpa.

Diverse Wahlbewerber hätten rechtsextremistische Verschwörungstheorien geäußert, wie beispielsweise die vom "Großen Austausch". Damit ist gemeint, dass Einwanderung angeblich das Ziel hat, die bisher überwiegend weiße nicht-muslimische Bevölkerung durch Muslime mit dunkler Hautfarbe zu ersetzen. Und: "Die bisherige Europawahlversammlung der AfD, die wir als Verdachtsfall bearbeiten, belegt einmal mehr unsere Einschätzung, dass innerhalb der Partei starke verfassungsfeindliche Strömungen bestehen, deren Einfluss weiter zunimmt", so Haldenwang.

Verfassungsschutz-Präsident zur AfD-Kandidatenwahl

Zwar sind laut Haldenwang die komplette Wahlbewerberliste und das Wahlprogramm für die Europawahl noch nicht final abgestimmt. "Doch bereits jetzt zeigt sich, dass Personen, die in der Vergangenheit mit Positionen aufgefallen sind, die nicht mit unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar sind, der AfD-Delegation im kommenden Europäischen Parlament angehören werden."

Die AfD hatte am Samstag und Sonntag in Magdeburg ihre ersten 15 Kandidaten für die Europawahl gewählt. Am Sonntagabend wurde die Versammlung unterbrochen. Fortgesetzt wird die Veranstaltung am Freitag, dann sollen rund 15 weitere Kandidaten gewählt werden.

Ausländerfeindliche Parolen

Irmhild Boßdorf, die am Wochenende auf Rang neun landete, warb in ihrer Bewerbungsrede mit einem Schlagwort der Identitären Bewegung um Stimmen. Sie forderte eine "millionenfache Remigration" und sagte, eher als den menschengemachten Klimawandel sollten die Deutschen den "menschengemachten Bevölkerungswandel" fürchten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt die Identitäre Bewegung in seinem aktuellen Bericht im Kapitel zu Rechtsextremismus auf. Das Kölner Verwaltungsgericht hatte 2022 festgestellt, in der "massiven ausländerfeindlichen Agitation" der Bewegung komme eine Missachtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte zum Ausdruck. Aussagen wie "Remigration" oder "Bevölkerungsaustausch stoppen" seien ausländer- und islamfeindlich.

Andere Listenplätze gingen an AfD-Vertreter, die "Multikulti" oder eine "Masseneinwanderung" beklagten. Platz zwei sicherte sich der bayerische Bundestagsabgeordnete Petr Bystron. In seiner Bewerbungsrede sagte er: "Das Schlimmste, die Migrantenquoten, die zwangsweise Zuweisung von Migranten, das ist ein Angriff auf alles, was uns lieb ist, unsere Kultur, unsere Religion, ja, unsere Heimat."

Wahlprogramm nach Listenaufstellung

Das Wahlprogramm will die AfD erst nach der Listenaufstellung beschließen. Möglicherweise könnte es erst bei einer zusätzlichen Versammlung diskutiert werden, die spätestens im Januar stattfinden müsste. Erst dann wird feststehen, ob die AfD diesmal mit der Forderung antritt, die Europäische Union radikal zu reformieren, sodass wieder mehr Entscheidungen national getroffen werden. Es könnte sich aber auch das "Dexit"-Lager durchsetzen, das einen Austritt Deutschlands aus der EU befürwortet. Ein weiterer Streitpunkt dürfte die Haltung zur Nato sein.

Als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Diese Einstufung, die den Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln erlaubt, hatte das Kölner Verwaltungsgericht im März 2022 bestätigt. Die AfD legte Berufung ein. Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen.

Mit Informationen von dpa

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