Zum zweiten Mal seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hat der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) das russisch besetzte Kernkraftwerk Saporischschja besucht. Rafael Grossi zeigte sich am Mittwoch nach seiner Inspektion besorgt über die Lage. Es gebe "eine Zunahme militärischer Aktivitäten" rings um das AKW, erklärte Grossi.
Der IAEA-Chef bekräftigte demnach Pläne zu einem Sicherheitskonzept für das AKW. Er wolle sich um einen Kompromiss zwischen Moskau und Kiew zur Sicherung der Anlage bemühen. "Ich versuche, realistische Maßnahmen vorzubereiten und vorzuschlagen, die von allen Seiten gebilligt werden", sagte er. Es gehe dabei sowohl um das Atomkraftwerk selbst als auch das umliegende Gebiet.
IAEA-Chef warnt vor Katastrophe
Der IAEA-Chef warnte eindringlich vor einer "Katastrophe". Ein atomarer Zwischenfall mit radioaktiven Auswirkungen müsse verhindert werden. "Ich bin Optimist in der Hinsicht, dass ich glaube, dass das möglich ist", sagte er.
Grossi hatte Europas größtes Kernkraftwerk bereits im September besucht. Mit seiner neuerlichen Visite im größten AKW Europas wollte der IAEA-Chef mögliche Schäden durch Bombardements untersuchen und eine Rotation der internationalen Beobachter garantieren. Die Russen halten das Kraftwerk seit März 2022 - und damit kurz nachdem Moskau die Ukraine überfiel - besetzt. Die russischen und die ukrainischen Truppen werfen sich gegenseitig Beschuss des Kernkraftwerks vor.
Putin räumt mögliche "negative" Folgen von Sanktionen ein
Russland stellt sich nach Kremlangaben auf einen langen Krieg mit dem Westen um die Ukraine ein. "Das ist eine Konfrontation mit feindlichen Staaten, mit unfreundlichen Ländern, das ist ein hybrider Krieg, der von ihnen gegen unser Land losgetreten wurde. Das ist für eine lange Zeit", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. "Hier brauchen wir Härte, Selbstüberzeugung, Zielstrebigkeit und Geschlossenheit um den Präsidenten." Nach Darstellung Peskows ist der Rückhalt für Kremlchef Wladimir Putins Kurs im Krieg gegen die Ukraine in Russland groß.
Putin räumte unterdessen erstmals ein, dass die wegen der Offensive in der Ukraine gegen Moskau erlassenen Sanktionen "negative" Folgen für das Land haben könnten. "Die gegen die russische Wirtschaft verhängten Sanktionen könnten sich mittelfristig wirklich negativ auf sie auswirken", warnte der Staatschef bei einer im Fernsehen übertragenen Sitzung der Regierung. Putin hatte bislang wiederholt gesagt, dass Russland den massiven Strafmaßnahmen standhalte.
Karte: Die militärische Lage in der Ukraine
Unterschiedliche Einschätzungen zur Lage in Bachmut
Zu den derzeit am heftigsten umkämpften Gebieten gehört weiterhin die Stadt Bachmut. Nach einer Einschätzung der britischen Geheimdienste haben ukrainische Truppen dort zuletzt im Kampf gegen russische Wagner-Söldner für Entlastung gesorgt, indem sie die Wagner-Kämpfer von einer kleinen Landstraße zurückdrängten, die eine wichtige Nachschublinie für die Ukraine in die Stadt darstellt. Nach Einschätzung des in Washington ansässigen Instituts für Kriegsstudien (ISW) machte dagegen Wagner jüngst in Bachmut Boden gut. Das ISW geht davon aus, dass die Russen nun einen Industriekomplex im Norden der Stadt kontrollieren. Das hatten zuletzt auch russische Medien gemeldet. Aus London hieß es, dort werde wohl weiter gekämpft. 65 Prozent der Stadt ist laut ISW in russischer Hand.
Nach Ansicht des Chefs der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat die ukrainische Seite entscheidende Verluste erlitten. "Die Schlacht um Bachmut hat heute praktisch schon die ukrainische Armee vernichtet", behauptete Prigoschin am Mittwoch. Der Kampf um Bachmut sei die wichtigste Schlacht in der Ukraine.
Großstadt Melitopol nach Beschuss ohne Strom
In der von russischen Soldaten besetzten Stadt Melitopol im Süden der Ukraine fiel derweil nach ukrainischen Angriffen der Strom aus. Nach übereinstimmenden Angaben aus Kiew und Moskau wurde das Eisenbahndepot der Stadt beschossen. Einwohner vernahmen mehrere Explosionen. Die Russen hatten Melitopol zur Hauptstadt des eroberten Teils der Region Saporischschja gemacht - dort ist ein wichtiger Eisenbahnknoten für das russische Militär in Richtung der Krim.
Ukraine lobt deutsche Panzer - auch Spanien liefert
Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat in einem Video die Schützenpanzer Marder aus Deutschland gelobt. "Der Marder ist ein hervorragendes Beispiel für deutsche Qualität", schrieb er auf Twitter. Die Waffe werde die ukrainischen Chancen auf einen Sieg über Russland erhöhen, hieß es weiter. Im Video zeigte der Minister, wie er in einem der jüngst von Berlin gelieferten Schützenpanzer mehrere Runden auf einem schlammigen Übungsplatz dreht.
"Ich freue mich darauf, bald Leoparden zu zähmen. Ich liebe es, wie sie brüllen!", fügte er hinzu. Am Montag wurde die vollzogene Lieferung von 18 Leopard-2-Panzern aus Deutschland an die Ukraine bestätigt. Laut spanischen Medienberichten will Madrid schon bald sechs Leopard-Panzer liefern, die aktuell noch getestet werden.
Mit Informationen von dpa und AFP.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!