Symbolbild: Der internationale Gerichtshof hatte unter anderem Haftbefehl gegen Israels Ministerpräsidenten Netanjahu beantragt. Das stößt bei den westlichen Verbündeten auf Kritik.
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Symbolbild: Der IStGH hatte Haftbefehl gegen Israels Premierminister Netanjahu beantragt. Das stößt bei den westlichen Verbündeten auf Kritik.

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Haftbefehl-Anträge: Internationaler Strafgerichtshof in Kritik

Die Beantragung von Haftbefehlen des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Israels Ministerpräsident Netanjahu und drei Hamas-Anführer stößt bei Israels Partnern auf Kritik. US-Präsident Biden zeigt sich "empört", es gibt aber auch andere Stimmen.

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Das Vorgehen des Chefanklägers am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gegen Israel ist bei westlichen Verbündeten des Landes auf Kritik gestoßen. US-Präsident Joe Biden zeigte sich "empört" über den Antrag auf Haftbefehle gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant.

Vom Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, die gleichzeitige Beantragung von Haftbefehlen gegen Netanjahu und die Führung der radikalislamischen Hamas erwecke den "unzutreffenden Eindruck einer Gleichsetzung".

Biden: Keine Gleichwertigkeit zwischen Israel und Hamas

"Was auch immer dieser Ankläger andeuten mag, es gibt keine Gleichwertigkeit – keine – zwischen Israel und der Hamas", erklärte Biden. Die Vereinigten Staaten würden "immer an der Seite Israels gegen Bedrohungen seiner Sicherheit stehen".

Auf die Frage, ob die USA die Haftbefehle gegen die Anführer der Palästinenserorganisation Hamas unterstütze, hieß es aus Washington, die USA glaubten nicht, dass der IStGH in dieser Angelegenheit zuständig sei. Weder die USA noch Israel sind Mitglied des IStGH.

Zuvor hatte bereits US-Außenminister Antony Blinken von einem "beschämenden Vorgehen" von IStGH-Chefankläger Karim Khan gesprochen. Blinken erklärte, dies könnte jegliche Gespräche über eine Waffenruhe zwischen beiden Seiten torpedieren.

Kritik auch aus Auswärtigem Amt: Israel hat "Recht und Pflicht" sich zu verteidigen

Auch aus Berlin kam Kritik an Khan. Die gleichzeitige Beantragung von Haftbefehlen gegen Führer der Hamas und Regierungsvertreter Israels erwecke den "unzutreffenden Eindruck einer Gleichsetzung", hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Tatsächlich aber habe das Gericht nun "sehr unterschiedliche Sachverhalte zu bewerten", die Chefankläger Khan in seinem Antrag ausführlich dargestellt habe, erklärte ein Sprecher in Berlin.

Während die Hamas-Führung ein "barbarisches Massaker" zu verantworten habe und die Hamas weiterhin israelische Geiseln unter "unsäglichen Bedingungen" gefangen halte sowie die Zivilbevölkerung im Gazastreifen als menschliche Schutzschilde missbrauche, habe die israelische Regierung "das Recht und die Pflicht, ihre Bevölkerung davor zu schützen und dagegen zu verteidigen". Klar sei, dass dabei das humanitäre Völkerrecht "mit all seinen Verpflichtungen gilt".

Frankreich und Belgien stärken Strafgerichtshof den Rücken

Frankreich und Belgien bekundeten hingegen ihre Unterstützung für den Internationalen Strafgerichtshof . "Frankreich unterstützt den Internationalen Strafgerichtshof, seine Unabhängigkeit und den Kampf gegen Straflosigkeit in allen Situationen", schrieb das französische Außenministerium im Netzwerk X. Frankreich habe die von der Hamas verübten antisemitischen Massaker von Anfang an verurteilt, seit Monaten bestehe man aber auch auf die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und beklage die Opfer unter der Zivilbevölkerung im Gazastreifen, hieß es in Paris.

Es sei nun Aufgabe der Vorverfahrenskammer des Gerichtshofs, über die Ausstellung der Haftbefehle zu entscheiden, wobei der "Grundsatz der Komplementarität und das mögliche Vorgehen israelischer Gerichte berücksichtigt" werden müssten. Der Grundsatz der Komplementarität besagt, dass der Gerichtshof nur tätig werden kann, wenn Staaten nicht willens oder in der Lage sind, eine schwere Straftat zu verfolgen. Die belgische Außenministerin Hadja Lahbib schrieb auf X: "Die in Gaza begangenen Verbrechen müssen auf höchster Ebene verfolgt werden, unabhängig von den Tätern."

Netanjahu: Als würde man Roosevelt mit Hitler gleichstellen

Israels Regierungschef Netanjahu selbst kritisierte die Beantragung eines Haftbefehls gegen ihn scharf. Er weise jeglichen von Khan gezogenen "Vergleich zwischen dem demokratischen Israel und den Massenmördern der Hamas mit Abscheu zurück", erklärte Netanjahu.

"Mit welcher Unverfrorenheit wagen Sie es, die Monster der Hamas mit den Soldaten der israelischen Armee zu vergleichen, der moralischsten Armee der Welt?", fragte Netanjahu. Dies sei, als wenn man während des Zweiten Weltkriegs den damaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt mit Adolf Hitler moralisch gleichgestellt hätte, erklärte der israelische Regierungschef. Der israelische Außenminister Israel Katz sprach von einer "historischen Schande".

Antrag auf Haftbefehle: So geht es jetzt am Internationalen Strafgerichtshof weiter

Die Richter des IStGH müssen nun entscheiden, ob sie dem Antrag auf Haftbefehle folgen. Die Beratungen darüber können Wochen oder gar Monate dauern. Sollten die Richter Haftbefehle ausstellen, müsste theoretisch jeder der 124 Mitgliedstaaten des Gerichts Netanjahu oder die übrigen Gesuchten festnehmen, sobald diese sich auf ihrem Staatsgebiet befinden. Der Internationale Strafgerichtshof hat jedoch keine Möglichkeit, von ihm erlassene Haftbefehle auch durchzusetzen.

Mit Informationen von AFP

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