18.03.2025, Palästinensische Gebiete, Gaza-Stadt: Bedeckte Leichen von Menschen, die bei nächtlichen Luftangriffen der israelischen Armee auf den Gazastreifen getötet wurden, liegen auf dem Boden vor dem Al-Ahli Krankenhaus.
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Israels Angriffe auf Gaza: Ende der Waffenruhe und die Folgen

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Israels Angriffe auf Gaza: Ende der Waffenruhe und die Folgen

Israels Angriffe auf Gaza: Ende der Waffenruhe und die Folgen

Israel hat in der Nacht zum Dienstag die mit der Hamas vereinbarte Waffenruhe nach fast zwei Monaten gebrochen. Mehr als 400 Menschen sind den Angaben zufolge dabei umgekommen. Wie kam es dazu? Eine Analyse.

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Nach den verheerenden Luftangriffen am frühen Morgen, bei denen nach Behördenangaben in Gaza mehr als 400 Menschen getötet worden sind, trat Israels rechtsextremer Ex-Minister Ben Gvir wieder in die Netanjahu-Regierung ein. Das Signal: Der Krieg geht weiter.

"Es war eine Nacht der Hölle. Es fühlte sich an wie in den ersten Tagen des Krieges", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters die 65-jährige Rabiha Jamal aus Gaza-Stadt. Die Familie habe gerade etwas zu essen bereiten wollen, bevor ein neuer Fastentag im Ramadan beginnt, "als das Gebäude bebte und die Explosionen begannen". Alle hätten gedacht, dass "es vorbei sei, aber der Krieg ist zurück".

Was beinhaltete die Vereinbarung zur Waffenruhe?

Am 19. Januar, einen Tag vor dem Amtsantritt von Donald Trump in Washington, hatten Israels Regierung und die radikalislamische Hamas nach Vermittlungsbemühungen Katars, Ägyptens und der USA, einer Waffenruhe für 42 Tage zugestimmt. Dabei sollte es sich um die erste von drei Phasen handeln, um nach dem Terrorüberfall der Hamas vor anderthalb Jahren einen dauerhaften Waffenstillstand herzustellen.

Während der mehrwöchigen Waffenruhe, die am 9. März auslief, sollten mehr als 30 israelische Geiseln freigelassen werden, im Gegenzug zur Freilassung Hunderter palästinensischer Gefangener aus israelischer Haft. Dies geschah auch, wobei die Hamas die jeweilige Übergabe der Geiseln an das Internationale Rote Kreuz als Demonstration ihres unveränderten Machtanspruchs sowie als Demütigung der israelischen Freigelassenen inszenierte.

Zur Vereinbarung der Waffenruhe gehörte auf israelischer Seite die Zusage, die Streitkräfte innerhalb dieser 42 Tage aus dem Gazastreifen abzuziehen, vor allem von der Grenze zwischen Ägypten und dem Gazastreifen, der sogenannten Philadelphi-Route. Das sei nicht geschehen, wie der Militärkorrespondent der israelischen Tageszeitung "Ha’aretz", Amos Harel, heute analysiert.

Warum kam es zum Ende der Waffenruhe?

Die Regierung von Premierminister Netanjahu habe mit Billigung der Trump-Administration wissentlich gegen das Waffenstillstandsabkommen mit der Hamas verstoßen, so Amos Harel in "Ha’aretz" weiter. Aus welchem Grund? "Weil es die Bedingungen, zu denen es sich vor zwei Monaten verpflichtet hatte, nicht vollständig einhalten wollte." Anders ließe es sich nicht erklären, warum die israelische Regierung die schweren Luftangriffe angeordnet habe. Ein kompletter Truppenabzug aus dem Gazastreifen bei gleichzeitig andauernder Machtausübung der Hamas im zerbombten Küstenstreifen hätte aus Sicht Netanjahus eine innenpolitische Niederlage und damit ein drohendes Ende seiner Amtszeit bedeutet.

So weist die "New York Times" auf genau diesen Umstand hin: Noch bevor die israelische Armee die Angriffe im Gazastreifen heute wiederaufgenommen habe, sei das Abkommen "bereits an einem entscheidenden Hindernis gescheitert": Israels Regierung "war nicht bereit, den Krieg mit der Hamas an der Macht zu beenden". Um die Ankündigung eines Kriegsendes zu vermeiden, habe Israel in den vergangenen Wochen begonnen, die sofortige Freilassung weiterer Geiseln im Gegenzug für eine Verlängerung der Waffenruhe zu fordern. Um weiteren Druck auf die Hamas auszuüben, blockierte die Regierung Netanjahu am 3. März die Lieferung von Lebensmitteln und anderen humanitären Hilfsgütern in den Gazastreifen.

Wiedereintritt Ben Gvirs in die Regierungskoalition

Aus Protest gegen das Waffenstillstandsabkommen war der rechtsextreme Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, am 19. Januar mit seiner Fraktion aus der Regierungskoalition von Premierminister Netanjahu ausgetreten. Damals hatte Ben Gvir auf seiner Abschiedspressekonferenz erklärt: "Wenn der Krieg gegen die Hamas mit voller Kraft wieder aufgenommen wird, um die entscheidenden Ziele zu erreichen, die noch nicht erreicht sind, werden wir in die Regierung zurückkehren."

Heute trat Ben Gvir wieder in die Regierung Netanjahu ein. Beide Politiker veröffentlichten unter anderem ein gemeinsames Foto, um ihre wiederaufgenommene Regierungszusammenarbeit zu illustrieren. Damit habe der Premierminister seine dringenden politischen Ziele erreicht, wie der Militärkorrespondent von "Ha’aretz", Amos Harel, die Lage zusammenfasst: Mit der Wiederaufnahme Ben Gvirs und seiner rechtsextremen Otzma Yehudit-Fraktion in die Regierung habe Netanjahu seine Koalition stabilisieren und die bevorstehende Verabschiedung des Haushalts absichern können.

Knapp zwei Monate hat die Waffenruhe im Gazastreifen einigermaßen gehalten - nun hat Israel wieder schwere Luftangriffe geflogen.
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Knapp zwei Monate hat die Waffenruhe im Gazastreifen einigermaßen gehalten - nun hat Israel wieder schwere Luftangriffe geflogen.

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