Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben das Al-Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen gestürmt, um hochrangige Hamas-Anführer zu suchen. Dazu gebe es einen, so wörtlich, "präzisen" Einsatz. Laut Armee wurde im Krankenhaus auf die israelischen Soldaten geschossen. Sie hätten das Feuer erwidert. Die radikal-islamische Hamas warf Israel vor, keine Rücksicht auf Patienten, Personal oder andere Schutzsuchende genommen zu haben.
Israelisches Militär ruft erneut zur Evakuierung der Al-Schifa-Klinik auf
Kampfeinheiten der israelischen Streitkräfte waren in der Nacht zum Montag in das größte Krankenhaus des Gazastreifens eingerückt. Ein Armeesprecher hatte den Einsatz damit begründet, dass sich die islamistische Hamas neu gruppiert und im Spitalskomplex verschanzt habe. Nachrichtendienstliche Informationen deuteten darauf hin, dass die Klinik von ranghohen Mitgliedern der Hamas zur Durchführung terroristischer Aktivitäten genutzt werde. Die Angaben ließen sich nicht unabhängi überprüfen.
Am Morgen rief das israelische Militär die Bevölkerung im Gazastreifen zur Evakuierung des Gebiets um das Krankenhaus Al-Schifa in der Stadt Gaza auf. "Um Ihre Sicherheit zu gewährleisten, müssen Sie das Gebiet sofort verlassen", erklärte Armeesprecher Avichay Adraee am Montag im Onlinedienst X. "Alle Menschen vor Ort" sollten sich erst in Richtung Westen und sich dann entlang der Küste nach Süden in ein "humanitäres Gebiet" in den am Meer gelegenen Ort Al-Mawasi begeben. Wie Augenzeugen berichteten, wurden über dem Gebiet um das Al-Schifa-Krankenhaus Flugblätter mit der gleichen Botschaft abgeworfen. Darauf stand demnach: "Sie befinden sich in einer gefährlichen Kampfzone!"
Israel will vorsichtig vorgehen – Hamas berichtet von zivilen Opfern
Augenzeugen vor Ort berichteten der Nachrichtenagentur AFP aus dem Stadtbezirk al-Rimal, in dem sich das Krankenhaus befindet, von israelischen Luftangriffen. Rund um das Gelände seien dutzende Panzer positioniert. Auf dem Gelände und rings um das Krankenhaus hätten kurz nach Morgengrauen Schusswechsel und Kämpfe begonnen.
In einer gemeinsamen Erklärung von israelischer Armee und Geheimdienst hieß es dazu später: "Terroristen haben vom Krankenhaus aus das Feuer auf unsere Truppen eröffnet. Die Soldaten haben zurückgeschossen." Möglicherweise seien durch die Schüsse Menschen getroffen worden. Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium sprach von "dutzenden Märtyrern", die getötet worden seien. Eines der Gebäude des Krankenhauses sei durch die israelischen Angriffe in Brand geraten.
Geflüchtete Frauen und Kinder seien wegen der Rauchentwicklung erstickt. Menschen seien in Operationsräumen und der Notaufnahme eingeschlossen. Die Kommunikation mit dem Krankenhaus sei abgerissen. "Es gibt Opfer, darunter Tote und Verletzte, und es ist unmöglich, jemanden zu retten, weil das Feuer so heftig ist", heißt es in der Mitteilung der Behörde. Jeder, der sich den Fenstern nähere, werde ins Visier genommen.
Erneuter israelischer Militäreinsatz im Al-Schifa-Krankenhaus
Insgesamt befänden sich auf dem Gelände "zehntausende" Personen. Das Al-Schifa-Krankenhaus ist das größte Krankenhaus im Gazastreifen. Die israelische Armee war im November erstmals auf das Gelände vorgedrungen. Der Militäreinsatz in der Klinik hatte international Kritik ausgelöst.
Das israelische Militär teilte mit, die Soldaten seien angewiesen worden, "Schaden von den Patienten, der Zivilbevölkerung, dem medizinischen Personal und der medizinischen Ausrüstung abzuwenden". Arabisch sprechende Soldaten würden eingesetzt, um "den Dialog mit den im Krankenhaus verbliebenen Patienten zu erleichtern".
Am Nachmittag teilte das israelische Militär mit, beim Sturm auf das Al-Schifa-Krankenhaus 20 bewaffnete Palästinenser getötet zu haben. Zudem seien Dutzende mutmaßliche Extremisten festgenommen worden. Das Militär sei weiter dabei, in dem Hospital "terroristische Aktivitäten zu vereiteln".
Karte: Die militärische Lage im Gazastreifen
Hinweis: Diese Informationen sind nicht vollständig unabhängig überprüfbar. Sie werden vom ISW, einem gemeinnützigen, überparteilichen Politikforschungsinstitut mit Sitz in den USA, einmal pro Tag zur Verfügung gestellt. Dadurch kann es zu Verzögerungen im Vergleich zum aktuellen Geschehen kommen.
Mit Material von Reuters, AFP und dpa
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