Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu hat Verteidigungsminister Joav Gallant entlassen. Er habe das Vertrauen in den Minister verloren, hieß es in einer Mitteilung aus dem Büro des Regierungschefs. Nachfolger solle der bisherige Außenminister Israel Katz werden, dessen Amt der bisherige Minister ohne Geschäftsbereich Gideon Saar übernimmt.
Netanjahu: "Vertrauen leider zerbrochen"
"Obwohl in den ersten Monaten des Krieges Vertrauen herrschte und die Arbeit sehr fruchtbar war, ist dieses Vertrauen zwischen mir und dem Verteidigungsminister in den vergangenen Monaten leider zerbrochen", erklärte Netanjahu. Gallant habe Entscheidungen getroffen und Erklärungen abgegeben, die den Entscheidungen des Kabinetts widersprochen hätten, fügte der Ministerpräsident hinzu. Die meisten Kabinettsmitglieder stimmten mit ihm überein.
Netanjahu bezeichnete es als seine höchste Pflicht, die Sicherheit Israels aufrechtzuerhalten und das Land zu einem vollständigen Sieg zu führen. Auch Gallant äußerte sich. "Die Sicherheit des Staates Israel war immer meine Lebensaufgabe und wird es immer bleiben", betonte er.
Wehrpflicht für ultraorthodoxe Männer als Hintergrund?
Nach einem Bericht des israelischen Senders Channel 12 soll Hintergrund der Entlassung der Streit um die vom Obersten Gerichtshof angeordnete Wehrpflicht für ultraorthodoxe Männer gewesen sein. Gallant hatte im Sommer mehrere tausend Einberufungsbefehle an junge Ultraorthodoxe verschickt. Medienberichten zufolge meldeten sich aber nur einige hundert zum Dienst an der Waffe. Am Montag genehmigte Gallant die Versendung von 7.000 weiteren Einberufungsbefehlen. Damit brachte der Minister die ultraorthodoxen Parteien gegen sich auf, die Teil von Netanjahus Regierungskoalition sind.
Ein weiterer Streitpunkt dürfte die Operation im Libanon gewesen sein. Israelische Medien hatten schon vor geraumer Zeit berichtet, Gallant habe sich gegen eine große militärische Operation im Libanon ausgesprochen, während Militärkreise dafür gewesen seien. Auch Netanjahu habe zumindest nach außen die Forderung nach einer Militäroperation unterstützt. Gallant habe dagegen den diplomatischen Bemühungen um eine Einigung mit der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und eine Gaza-Waffenruhe mehr Zeit geben wollen.
Tausende Menschen demonstrieren gegen Entlassung Gallants
Netanjahu hatte Gallant im März vergangenen Jahres schon einmal entlassen, nachdem dieser öffentlich zu einem Stopp der umstrittenen Pläne für einen Justizumbau aufgerufen und davor gewarnt hatte, dass die nationale Sicherheit schweren Schaden nehmen könnte. Auf seine Entlassung folgten heftige Proteste und ein Generalstreik. Der Regierungschef setzte damals die Pläne aus, Gallants Entlassung wurde später rückgängig gemacht.
Auch jetzt löste die Entlassung einen Sturm der Entrüstung aus. Oppositionsführer Jair Lapid bezeichnete die Entlassung Gallants mitten im Krieg als einen "Akt des Wahnsinns". In der Mittelmeermetropole Tel Aviv und anderswo gingen spontan Tausende Menschen auf die Straße, um gegen die Entlassung und gegen Netanjahu zu demonstrieren. In Tel Aviv blockierten sie die wichtige Stadtautobahn Ajalon mit brennenden Autoreifen und skandierten "Bibi ist ein Verräter", "Bibi ins Gefängnis" und "kriminelle Regierung".
Mit Informationen von dpa und AP
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