Der Herzogenauracher Automobilzulieferer Schaeffler wird ab dem kommenden Jahr etwa 4.700 Stellen in Europa abbauen, 2.800 davon in Deutschland. Das kündigte das Unternehmen heute an. Durch Verlagerungen von Stellen werde sich die Zahl auf 3.700 netto reduzieren. Dies entspreche etwa 3,1 Prozent der gesamten Mitarbeiterzahl.
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Zwei Europa-Standorte sollen geschlossen werden
In Deutschland seien zehn Standorte von den Maßnahmen betroffen, erklärt das Unternehmen. Konkret geht es laut IG Metall um: Berlin, Hameln, Herzogenaurach, Homburg, Karben, Nürnberg, Regensburg, Schwalbach, Schweinfurt und Steinhagen. Die Standorte Hameln und Steinhagen seien sogar insgesamt in Frage gestellt.
Weitere Informationen dazu will Schaeffler bis Ende des Jahres bekannt geben. Hauptsächlich sollen die Pläne zwischen 2025 und 2027 umgesetzt werden.
Rund 700 Jobs in Unterfranken betroffen
Besonders schwer in Bayern scheint das Wälzlagerunternehmen am Standort Schweinfurt betroffen zu sein. Dort sollen rund 700 Arbeitsplätze gestrichen werden. Das teilt die IG Metall in Schweinfurt mit. Am Standort Schweinfurt sind rund 5.500 Leute beschäftigt. Das Unternehmen hat laut IG Metall am Vormittag die Beschäftigten informiert. Betroffen seien nach Angaben des Arbeitgebers zu gleichen Teilen die indirekt beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Verwaltung, Forschung und Entwicklung sowie der Produktion.
Der Konzern spreche offiziell von einem Abbau von knapp 500 Arbeitsplätzen in Schweinfurt. Doch die Gewerkschaft widerspricht. "Die Zahl stimmt nicht. Zusammen mit den bereits angekündigten, aber noch nicht umgesetzten Maßnahmen werden wir in Schweinfurt rund 700 Arbeitsplätze verlieren", wird Jürgen Schenk, Betriebsratsvorsitzender am Standort Schweinfurt, in einer Pressemitteilung der IG Metall wörtlich zitiert. "Da gibt es nichts zu beschönigen. Das ist der größte Angriff auf den Standort seit vielen Jahren und das, obwohl die Belegschaft über Monate mit Arbeitszeitabsenkungen und vielen andere Maßnahmen ihren Beitrag zur Überbrückung der Auftragsflaute leisten", so Schenk weiter.
300 Stellen in der Oberpfalz betroffen
Etwa 300 der betroffenen Stellen sind in der Oberpfalz. Vor einem Monat hatte der Autozulieferer Schaeffler den Regensburger Technologiekonzern Vitesco übernommen, eine Abspaltung von Continental. Nun will Schaeffler die Synergien der Fusion nutzen und doppelte Jobs abbauen. Betroffen sind Beschäftigte in der Verwaltung, aber auch im Bereich Forschung und Entwicklung. 600 Stellen sollen wegfallen, etwa zu gleichen Teilen an den Standorten Regensburg und Herzogenaurach.
Der Standort Regensburg ist auch vom generellen Umbau bei Schaeffler betroffen. Das Geschäft mit Verbrennertechnik wird nach und nach reduziert. Bei Elektroauto-Teilen bleibt das Wachstum laut Schaeffler hinter früheren Erwartungen zurück. Dazu komme der hohe Wettbewerb, der auf die Preise drücke. Der Stellenabbau soll im Wesentlichen über Fluktuation, Freiwilligenprogramme sowie Aufhebungsverträge und Altersteilzeit erreicht werden.
Betriebsrat und Gewerkschaft akzeptieren Pläne nicht
Man werde die heute bekannt gewordenen Pläne von Schaeffler nicht akzeptieren, erklärte Carsten Bruns, der Betriebsratsvorsitzende des Autozulieferers Vitesco in Regensburg. Ihm fehle jedes Verständnis für den angekündigten Stellenabbau. "Bisher wurden keine Verhandlungen mit dem Betriebsrat oder der IG Metall zu tragfähigen Lösungen für Regensburg oder den gesamten Konzern geführt", so Bruns. Rico Irmischer, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Regensburg spricht von einem "radikalen Schlag" und einem "Schock für die Beschäftigten". "Das ist unanständig, unverantwortlich und brandgefährlich für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens", so der Gewerkschaftsmann zu den Schaeffler-Plänen.
Hunderte Millionen Euro sollen gespart werden
Der Vorstand der Schaeffler AG habe diese strukturellen Maßnahmen beschlossen, mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, heißt es von Schaeffler. Hiermit reagiere das Unternehmen auf das herausfordernde Marktumfeld, auf den zunehmenden globalen Wettbewerb sowie auf die fortschreitende Transformation vor allem in der Autozuliefererindustrie.
Schaeffler geht von einem jährlichen Einsparpotenzial von rund 290 Millionen Euro ab 2029 aus. Die Umsetzung der heute angekündigten Maßnahmen würden das Unternehmen rund 580 Millionen Euro kosten. Diese ergäben sich aus Rückstellungen und Verlagerungskosten. Klaus Rosenfeld, Vorsitzender des Vorstands der Schaeffler AG, erklärte, dass die angekündigten Pläne sozialverträglich und mit Augenmaß umgesetzt würden.
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